Hockenheim. . Der frühere Formel-1-Pilot startet am Sonntag am Hockenheimring in die neue DTM-Saison. Im Interview spricht er über seine Ziele, seine Vergangenheit und seinen Bruder Michael.
Ralf Schumacher schaut erstaunt aus dem Fenster. Der VIP-Raum „Baden-Württemberg“ in der fünften Etage, hoch über der Zielgeraden des Hockenheim-Rings. „Super Ausblick“, sagt er. „Aus dieser Perspektive kenne ich die Strecke noch gar nicht.“ Dabei hat der 36-Jährige 180 Formel-1-Rennen gefahren (sechs Siege). Mittlerweile fährt der Mercedes-Pilot in der DTM und startet am Sonntag in seine fünfte Saison.
Wo haben Sie für die Saison ihre Yacht vor Anker gelegt?
Ralf Schumacher: Nirgendwo, ich habe kein Boot mehr.
Nicht? Aber Sie gelten doch sogar als Tüftler, der seine Boote am liebsten mit eigenen Ideen verbessert.
Schumacher: Stimmt, aber im Moment habe ich eben kein Boot.
Als Sie in die Formel 1 kamen, hatten sie ruckzuck das Image von „Rolex-Ralf“…
Schumacher: ... für das ich nicht sonderlich viel konnte. Ich kam als junger Fahrer ins Haifischbecken Formel 1. Und weil ich der Bruder von Weltmeister Michael war, waren die Erwartungen von allen Seiten extrem hoch. In so einer Zeit strömt alles auf dich ein, und dann gab es ein Missverständnis um einen Interview-Termin für eine Boulevard-Zeitung. Das Interview fand nicht statt, und am nächsten Tag stand die Schlagzeile „Rolex Ralf“ in der Zeitung.
Woher kam „Rolex“?
Schumacher: Ich hatte mir damals meine erste Uhr gekauft, und das war tatsächlich eine Rolex. Aber ich habe mich mit dem Journalisten längst ausgesprochen, die ganze Sache ist erledigt.
Mittlerweile gelten Sie in der DTM als eine Art „Elder Statesman“. Wie haben Sie den Image-Wandel geschafft?
Schumacher: Ich habe in diesem Punkt gar nichts bewusst gesteuert. Ich fühle mich in meinem Team einfach wohl, es ist wie eine Familie, vielleicht liegt es daran. Außerdem macht das Fahren in der DTM Spaß.
In den vergangenen vier Jahren waren Sie allerdings nur zweimal 14., einmal Elfter und zuletzt Achter der Gesamtwertung. Klingen Spaßgeschichten nicht anders?
Schumacher: Man muss dabei sehen, dass ich nach der Formel 1 in der DTM bei Null wieder angefangen habe. Das war für mich echt hart.
Wie erklären Sie einem Laien in zwei Sätzen den wesentlichen Unterschied beim Fahren eines Formel-1-Autos und eines DTM-Autos?
Schumacher: Das Formel-1-Auto ist der ultimative Fahrspaß. Das Auto ist komplett aerodynamisch ausgerichtet, so ein Auto fährt man digital…
…digital?
Schumacher: Das bedeutet, dass eine Kurve in der Formel 1 in drei Abschnitte unterteilt ist. Teil eins: Voll reinfahren und möglichst spät bremsen. Teil zwei: Das Auto rumdrehen. Teil drei: Voll raus beschleunigen.
In der DTM funktioniert das nicht?
Schumacher: Nein, dafür fehlt den Autos die Leistung. In der DTM geht es darum, die Kurven möglichst rund zu fahren. Es ist bei diesem Fahrstil schwieriger, das schmale Limit zu finden. Du schleppst jeden Fehler sofort mit durch die Runde.
Aber nach vier Jahren müssten Sie das Limit doch endlich gefunden haben?
Schumacher: In der vergangenen Saison war ich zweimal auf dem Podest. Einmal als Zweiter, einmal als Dritter. Es scheint also zu klappen. Ohne diese Platzierungen hätte ich allerdings auch über ein Ende in der DTM nachgedacht.
Können Sie sich noch einmal eine Rückkehr in die Formel 1 vorstellen?
Schumacher: Nein, das Thema ist erledigt.
In der Formel 1 ist vieles Boulevard
Formel-1-Promis in Kerpen
Aber Ihr Bruder scheint es zu genießen, er macht nach seiner Rückkehr in die Formel 1 einen entspannten Eindruck. Täuscht das Bild?
Schumacher: Nein, es täuscht nicht. Michael hat doch auch allen Grund, zufrieden zu sein. Er ist vorne dabei, das Paket stimmt mittlerweile.
Und warum wäre das dann nichts mehr für Sie?
Schumacher: Die Formel 1 ist aufregend und schön, aber sie ist auch ein extremes und aufgeheiztes Geschäft. Nehmen Sie nur die Medien. Jeder will seine Story, am besten noch eine Homestory fünf Minuten vor dem Start. Und möglichst viel Boulevard. Die DTM ist viel erdverbundener, wir reisen nicht mehr um die ganze Welt, und alles ist familiärer. Mir gefällt das.
Ihr Sohn ist neun Jahre alt. Hat er das Schumacher-Talent und fährt schon Kart?
Schumacher: Er ist zehn, aber das ist wieder genau eine der Fragen, die ich gemeint habe. Er fährt Kart, aber das soll er für sich alleine machen. Er kann doch nichts für seine Eltern, und wir wollen ihn bewusst aus der Öffentlichkeit heraushalten.
Haben Sie persönlich mittlerweile mehr Ruhe in der Öffentlichkeit?
Schumacher: Zu Hause in Salzburg ist das gar kein Problem. Dort kennen uns die Leute und lassen uns in Ruhe. In Deutschland ist es noch manchmal anders. Allerdings verstehe ich, wenn Menschen ein Autogramm wollen. Fans sind toll und wichtig für jeden Sport.
Was machen Sie in fünf Jahren?
Schumacher: Hoffentlich noch in der DTM fahren. Aber erstmal wollen wir sehen, wie es im ersten Rennen und in der ganzen Saison mit unserem neuen Auto läuft.