Melbourne. Sechs Weltmeister gehen in diesem Formel-1-Rennjahr, das am Sonntag mit dem Großen Preis von Australien beginnt, an den Start. Zusammen bringt es das Sextett auf 17 WM-Titel, und alle fahren für eins der fünf am höchsten eingeschätzten Teams. Wie die Chancen stehen? Die Champions im Form-Check.

Die beste Propaganda für den Saisonstart am Sonntag mit dem Großen Preis von Australien (7 Uhr MEZ/RTL) besorgt die Formel 1 immer noch selbst. Sechs Weltmeister gehen in diesem Rennjahr an den Start. Ein Novum in den über sechs Jahrzehnten Grand-Prix-Geschichte. Auf einen Nenner gebracht: Sechs sells.

Zusammen bringt es das Sextett auf 17 WM-Titel, und alle sechs Mann fahren für eins der fünf am höchsten eingeschätzten Teams. Nicht zuletzt durch die technischen Regeländerungen (Verbot des Wunder-Diffusors von Red Bull) herrscht bei allen Verfolgern von Sebastian Vettel ein vorsichtiger Optimismus, den Hattrick des Heppenheimers verhindern zu können. Wie die Chancen stehen? Die Champions im Form-Check:

Sebastian Vettel (24): Alle Welt erwartet von ihm die dritte Weltmeisterschaft in Serie. Den Titel-Hattrick aber haben in mehr als 60 Jahren Formel 1 bisher nur Juan Manuel Fangio und Michael Schumacher geschafft. Mit diesem Zusatz-Druck muss man umgehen können. Zum Schluss der Testfahrten hat ihm Red Bull noch einmal ein neues Rennauto hingestellt. Das hat, weil wieder so viel Wunder-Technik drinzustecken scheint, erstmal gezickt. In der Beurteilung des vermeintlich geschrumpften Vorsprungs zeigt sich die ganze Leichtigkeit des Champion-Seins: „Wenn sie schnell ist, ist das auch schnell verziehen. Ich freue mich, mit der Zicke an den Start zu gehen.“ Die Zicke hat jetzt auch einen Namen. Auf „Kinky Kylie“ folgt nun „Abbey“. Das sei doch ein „cooler Name“, sagte Vettel der „Bild-Zeitung“. Dem Formel-1-Inpressario Bernie Ecclestone ist die Spannung natürlich recht: „Ich denke nicht, dass es wieder so leicht wird für Sebastian.“

Mit seinem dritten Platz in Suzuka feierte Sebastian Vettel seinen zweiten Weltmeistertitel.
Mit seinem dritten Platz in Suzuka feierte Sebastian Vettel seinen zweiten Weltmeistertitel. © Eugene Hoshiko/AP

Jenson Button (31): Vettels Vorgänger als Weltmeister sieht gewiss nicht aus wie ein Geheimagent, fährt aber so. Als Reifenflüsterer hat er sich den Vize-Titel gesichert und mit der ihm eigenen Entspanntheit bringt er seinen McLaren-Rivalen Lewis Hamilton an den Rand des Wahnsinns. Ein kühler Taktiker, der die kühnen Momente sparsam wie geschickt übers Jahr verteilt. Der Brite zeigt, dass Erfahrung nicht mit Langeweile gleichzusetzen ist. Ecclestone zeigt sich auch von Button „sehr beeindruckt“.

Lewis Hamilton (27): Für den Champion von 2008 ist es ein Jahr der Wiedergutmachung. Hamilton muss sich gegen die Kritik in der Heimat und im Team durchbeißen, und er kämpft um einen neuen Vertrag. Den Übermut muss er auf Mut reduzieren, dann hat er eine Chance. Ob er auf Dauer aber zu bremsen ist? Eccle-stone glaubt: „Seine Probleme liegen jetzt hinter ihm, er ist erwachsener geworden.“

Fernando Alonso (30): Eine Bankrotterklärung schon vor dem ersten Rennen, das muss aufrütteln. Darauf setzt der stolze und daher durch die letzten Ferrari-Darbietungen so gekränkte Spanier, immerhin zweifacher Weltmeister. „Wir verstehen unser Auto nicht“, klagte er nach den Testfahrten mit dem F 2012, und die nicht gesagten Worte waren die eigentliche Warnung: So zerstört ihr mir die Karriere. Im Rentenvertrag mit der Scuderia war eigentlich der Start einer eigenen Ära enthalten. Sieht so aus, als ob das vertagt werden müsse.

Michael Schumacher (43): Die Form des Rekord-Weltmeisters zeigt schon seit Mitte letzten Jahres nach oben, in diesem Jahr scheint sich auch der Silberpfeil diesem Trend anzuschließen. Wenn der Mercedes mitspielt und Teamkollege Nico Rosberg in Schach gehalten werden kann, hat Schumi durchaus die Möglichkeit, ganz nach vorn zu fahren.Keine Frage des Willens, sondern der Reifen.

Die Formkurve zeigt nach oben: Rekord-Weltmeister Michael Schumacher.
Die Formkurve zeigt nach oben: Rekord-Weltmeister Michael Schumacher. © Paul Gilham/Getty Images

Kimi Räikkönen (32): Der Finne redet nicht nur mehr und schneller als früher, er fährt mit dem Lotus-Renault auch so. Testbestzeit ganz zum Schluss, dass macht Hoffnung. Zurück gekommen ist er, „weil ich die Zweikämpfe vermisst habe, und je länger ich von den Formel-1-Strecken weg war, je stärker ist die Sehnsucht danach geworden.“ Der Zufalls-Weltmeister von 2007 meint nun: „Dadurch, dass ich zwei Jahre etwas anderes gemacht habe, ertrage ich den ganzen Mist um die Formel 1 herum wahrscheinlich besser.“

Der einzige Weltmeister, der derzeit kein „Ex“ ist, zeigt sich übrigens sehr abgeneigt, aus der Historie Schlüsse zu ziehen: „Die Situation mit sechs Weltmeistern ist etwas, das sich auf die Vergangenheit bezieht“, sagt Vettel: „Das macht einen nicht schneller.“