Valencia (SID) - (SID) - Die Regeln ändern sich, die Vettel-Show geht weiter: Mit mentaler Stärke und fahrerischer Brillanz hat Titelverteidiger Sebastian Vettel unbeeindruckt von Diskussionen und technischen Änderungen den sechsten Sieg im achten Formel-1-Rennen des Jahres eingefahren. Nach seinem zweiten Triumph im Hafen von Valencia hat der 23-Jährige kurz vor Saison-Halbzeit seinen Vorsprung in der WM-Wertung auf sagenhafte 77 Punkte ausgebaut - das sind bereits mehr als drei Siege.

Mit dem inzwischen berühmten Vettel-Finger, einem schrillen Schrei und den Worten: "Ein brillianter Nachmittag! Fantastisch! Danke an alle" feierte der Weltmeister unmittelbar nach der souveränen Zieleinfahrt seinen Erfolg.

Stallrivale Mark Webber nach Rang drei in Valencia und der diesmal sechstplatzierte Jenson Button sind punktgleich die ersten Verfolger - oder besser gesagt, der Anführer des geschlagenen Feldes. Dabei hatten die Konkurrenten gehofft, dass sich durch das auf Raten eingeführte Verbot von Vettels "Wunderauspuff" auch die Kräfteverhältnisse ändern würden. Das Gegenteil war zumindest vor dem kompletten Verbot demnächst in Silverstone der Fall.

Immerhin befindet sich Ferrari offenbar wirklich im Aufwind. Fernando Alonso wurde vor heimischem Publikum Zweiter und ist nun wieder im Rennen um den inoffiziellen Titel des Vize-Weltmeisters, Felipe Massa fuhr hinter Lewis Hamilton auf Rang fünf. Aus deutscher Sicht punkteten neben Vettel Nico Rosberg (Mercedes) als solider Siebter, Adrian Sutil (Force India) als Neunter und Nick Heidfeld als Zehnter.

Das Rennen von Rekordweltmeister Michael Schumacher war dagegen schon nach einem Viertel der Distanz zertört, als er wegen eines zerstörten Frontflügels einen unplanmäßigen Boxenstopp einlegen musste. Da dieses Rennen lange nicht so chaotisch verlief wie die letzten, blieb keine Möglichkeit zum Aufholen, Schumacher beendete das Rennen auf Rang 17.

Bestes Zeichen für die Ereignislosigkeit des Europa-Grand-Prix: Alle 24 Fahrer kamen ins Ziel. Erstmals seit sechs Jahren fiel somit kein einziger Pilot aus, durch das seitdem angewachsene Fahrerfeld bedeuten die 24 Fahrer im Ziel einen Rekord für die Formel 1.

Während Vettel den Start gewann, wurde dem zuletzt als "Rambo" in Erscheinung getretenen Hamilton seine angekündigte Zurückhaltung beim Start zum Verhängnis: In Alonso und Massa kassierten ihn gleich beide Ferraris. Dabei war es Massa, der zuerst am Briten vorbeizog und ihn dann in der Kurve blockierte, um Alonso das Vorbeiziehen zu ermöglichen - das war Anschauungsunterricht in Sachen praktizierter Teamorder.

Auch Rosberg erwischte einen guten Start und zog an Button vorbei, musste ihn bald aber wieder passieren lassen. Lange Zeit war die Reihenfolge nun sauber geordnet. Die beiden Red Bull vor den beiden Ferraris, den McLarens und den Mercedes. Webber als "Puffer" verhalf dem Weltmeister zu einem Vorsprung von rund drei Sekunden nach zwölf Runden, denn das Tempo konnten Ferrari offenbar halten.

Die ersten Boxenstopps veränderten das Bild nicht entscheidend, danach kam es zu den ersten Kuriositäten. Pech hatte Schumacher, der direkt nach der Boxenausfahrt von Witali Petrow erwischt wurde um umgehend noch einmal zum Wechsel des Frontflügels bei den Mechanikern vorfahren musste. Nach dem zweiten Stopp innerhalb von zwei Minuten war Schumacher nur noch 20.

Webber drohte derweil den beim Überrunden den offenbar nicht schnell genug weichenden Inder Naran Karthikeyan mit geballter Faust aus dem Auto heraus. Außerdem kam es zu einem Beinahe-Crash zwischen Heidfeld und dem Mexikaner Sergio Pérez, deren Autos sich bereits berührt hatten.

Nach etwas mehr als einem Drittel der Distanz eröffnete Alonso dann endgültig den Großangriff. Mit einem starken Manöver überholte er Webber und machte als Zweiter unter dem Jubel der 85.000 Fans von nun an Jagd auf den immer noch drei Sekunden entfernten Vettel.

Nachdem sie beim ersten Stopp noch zeitgleich vorgefahren waren, zögerte der Weltmeister den zweiten eine Runde länger heraus als der Spanier - und lief in dieser prompt auf eine Gruppe Überrundeter auf. Doch Alonsos Reifenwechsel verlief im Gegensatz zu Vettels alles andere als reibungslos und Webber zog wieder vorbei.

Der Spitzenreiter brannte derweil eine schnellste Rennrunde nach der anderen in den Asphalt, der Vorsprung wuchs kontinuierlich an. Hinter dem Spitzentrio verlor Hamilton völlig den Kontakt, auf den Hinweis seines Teams, das Tempo zu verschärfen, entgegenete er: "Schneller gehts nichts." Wohl auch, weil er zuvor den Ratschlag, die Reifen nicht zu überhitzen, missachtet hatte.

Nach den dritten Stopps hatte Vettel fast neun Sekunden Vorsprung. Nun wieder auf Alonso, der sich zwar Webber geschnappt hatte, den deutschen Dominator aber nicht mehr ernsthaft gefährden konnte.