Shanghai (SID) - Für seinen früheren Chef Gerhard Berger ist Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel bereits mit 23 Jahren der beste Fahrer der Welt, hat seinen Zenit aber noch lange nicht erreicht. "Ihm wachsen Flügel, er ist in einer Phase, in der er mit jedem Rennen ein Stück besser wird", sagte der frühere Formel-1-Pilot und ehemalige BMW-Motorsportdirektor in einem Interview mit der Welt am Sonntag über Vettel, der unter seiner Führung 2008 bei Toro Rosso seinen ersten GP-Sieg gefeierte hatte.
Seit dieser Zeit ist Berger ein Vettel-Fan, und jetzt traut er ihm zu, eine neue Ära in der Formel 1 zu prägen wie früher Michael Schumacher. "Das kann etwas ganz Großes werden. Ich kenne Vettel seit seiner Zeit 2007 bei Toro Rosso. Da ist uns aufgefallen, dass er sehr, sehr schnell ist und die Herausforderungen mit Herz und Hirn meistert. Dass er jetzt schon Weltmeister ist, hätte ich nicht für möglich gehalten", sagte Berger und erklärte Vettel zur absoluten Nummer eins: "Vergangene Saison war für mich Fernando Alonso der beste Fahrer, mittlerweile halte ich Vettel für den Besten. Alonso ist im Zenit seines Leistungsvermögens, Vettel hat ihn noch nicht erreicht."
Nach Meinung des Österreichers, der selbst 210 Grand Prix bestritt und dabei zehn Siege feierte, ist Vettel durch den Titelgewinn im vorigen Jahr noch stärker geworden. "Er wollte jüngster Weltmeister werden, der erste für Red Bull, er wollte besser sein als sein Teamkollege Mark Webber, all das ist ihm gelungen. Die vielen Rucksäcke hat er abgelegt und kann befreit losfahren", sagte Berger, für den Vettel "nach jetzigem Stand" auf dem Weg zum zweiten Titel nicht aufzuhalten ist. "Er ist der beste Fahrer im besten Auto", sagte Berger, der Red-Bull-Technikchef Adrian Newey für ein Design-Genie hält. Der Brite sei "der beste, den es in der Formel 1 gibt".
Mittelfristig sieht Berger allerdings einen möglichen Konkurrenten für Vettel, noch dazu aus dem eigenen Land. "Nico Rosberg fährt für mich fast auf demselben Niveau wie Vettel", sagte Berger über den Mercedes-Piloten, der teamintern Rekordweltmeister Michael Schumacher stark unter Druck setzt. "Da wird Michael brutal herausgefordert, das ist auf die Dauer sehr zermürbend", erklärte Berger, der aber glaubt, dass Schumacher sich nichts mehr beweisen muss und die Ausdauer hat, bei Mercedes auf den Erfolg zu warten.
"Mercedes hat nicht den Weg eingeschlagen, der zum Sieg führt. Das ist bedauerlich. Und man wird noch viel Ausdauer benötigen", sagte Berger, der Mercedes die Kehrtwende aber zutraut. "Die Formel 1 ist unberechenbar. Wer hätte gedacht, dass Brawn 2009 Weltmeister wird. Eine geniale Idee reicht aus, um für eine Sensation zu sorgen. Wer sagt, dass es nicht auch bald Mercedes gelingt? Auch Red Bull brauchte eine Anlaufzeit, bis der Windkanal die richtigen Daten produzierte und die Ingenieure eingespielt waren", meinte Berger.