Jerez (SID) -

Nick Heidfeld fährt "Bewerbungsrunden" für das Renault-Cockpit, Robert Kubica träumt nach seinem schweren Unfall von einem Comeback noch in diesem Jahr, wobei ihm sogar ein Tropfen Blut des 2005 verstorbenen Papstes Johannes Paul II helfen soll. Michael Schumacher brauchte solches "Doping" am Freitag nicht, als er Mercedes in Jerez die erste Test-Bestzeit dieses Jahres bescherte.Vor den für ihn entscheidenden Tests im Renault am Samstag und Sonntag ist Heidfeld optimistisch, seinen verletzten früheren BMW-Teamkollegen Kubica ersetzen zu dürfen. "Ich bin in einer sehr guten Position. Für mich spricht, dass ich als Erster gefragt wurde. Und ich bin auch selbstbewusst genug, um mir diese Aufgabe zuzutrauen", sagte Heidfeld dem Fachmagazin auto, motor und sport.

Er sei sehr zuversichtlich, dass er Renault überzeugen könne. Druck vor diesen "Bewerbungsfahrten" empfindet Heidfeld nicht. "So denke ich nicht. Ich war schon häufiger in dieser Situation", sagte er: "Ich hatte eine Ausscheidung mit einigen Leuten in der Formel 3, etwas Ähnliches dann im McLaren-Juniorteam. Und dann war da noch das direkte Duell mit Antonio Pizzonia bei Williams."

Renault-Teamchef setzt auf Erfahrung

Renault-Teamchef Eric Boullier wünscht sich als Vertreter von Kubica, der am vorigen Sonntag als Gaststarter bei einer Rallye in Italien schwer verunglückt war, vor allem einen erfahrenen Piloten. Der soll die Fähigkeit besitzen, das Auto weiterzuentwickeln, denn Kubicas Unfall sei "zum dümmsten Zeitpunkt" gekommen. Angesichts der zahlreichen Regeländerungen sei das Risiko, auf einen jungen Fahrer zu setzen, zu groß. Der neue Renault-Testfahrer Bruno Senna soll in Jerez lediglich Praxis sammeln, um im Ernstfall das neue Auto zu kennen.

Von den Routiniers - neben ihm stehen noch Vitantonio Liuzzi und Pedro de la Rosa zur Auswahl - hat Heidfeld allerbeste Karten. "Er wird in Jerez am Samstag und Sonntag für insgesamt eineinhalb Tage fahren. Wenn er überzeugt, ist er unser Mann. Dann sitzt er auch beim nächsten Test in Barcelona im Auto", sagte Boullier. Der 33-jährige Heidfeld, der als guter Entwickler bekannt ist, fuhr in seiner Karriere bislang 173 Rennen und holte acht zweite Plätze. Auf einen Sieg wartet er noch.

Heidfeld will Chance nutzen

Heidfeld, für den die letzten Tage mit Besuchen in der Renault-Fabrik im englischen Enstone und der Anreise nach Jerez sehr stressig waren ("Alles ist sehr eng und ich werde am Anfang nicht alles genau kennen, aber es wird schon klappen"), will seine Chance auf jeden Fall nutzen, trotz der für Kubica unglücklichen Umstände. "Das ist ein komisches Gefühl, aber was soll ich machen?", meinte er: "Die Umstände sind zwar traurig und ich habe mir eine andere Art von Comeback vorgestellt, aber jetzt, wo sich die Chance bietet, muss ich sie nutzen."

Heidfeld hofft aber, dass sich Kubica möglichst schnell wieder erholt. Dabei wird nach Meinung des polnischen Kardinals Stanislaw Dziwisz eine Reliquie des früheren Pontifex Johannes Paul II. und eine Faser eines seiner liturgischen Gewänder helfen, die er zu Kubica ins Krankenhaus nach Italien geschickt hat.

Kubica denkt schon ans Comeback

Kubica selbst glaubt fest an ein erfolgreiches und schnelles Comeback. "Ich will noch in diesem Jahr in die Formel 1 zurückkehren. Ich denke immer nur an die Rehabilitation", sagte er der italienischen Sporttageszeitung Gazzetta dello Sport: "Ich will stärker als je zuvor zurückkommen. Nach solchen Unfällen ist man nicht mehr dieselbe Person, man ist besser."

Seine Rallye-Abstecher verteidigte Kubica. "Rallyes sind nicht nur eine Leidenschaft. Sie sind ein hartes, strenges Training für die Formel 1. Ich fahre besser in der Formel 1, weil ich im vergangenen Jahr an vielen Rallyes teilgenommen habe. Rallyes zwingen einen, sich besser zu konzentrieren. Sie sind fast Tests für die Formel 1", erklärte der Renault-Pilot, dem am Freitag in einem neunstündigen Eingriff erfolgreich Brüche an der rechten Schulter und am rechten Fuß gerichtet wurden.

Kein Rallye-Verbot für Kubica

Daher will Boullier sie ihm auch in Zukunft nicht verbieten. "Wir werden nicht das Geringste ändern. Robert ist ein Racer, ich bin ein Racer. Hätte ich ihm das Kartfahren und das Rallyefahren verboten, wäre er kein glücklicher Mensch gewesen. Die Fahrer nutzen uns am meisten, wenn sie sich im Team wohlfühlen", sagte er: "Ich kann ihnen eines versichern: Bis zu der Kurve, in der es passiert ist, war Robert der glücklichste Mensch."

Zufrieden war am Freitag Schumacher, der im Silberpfeil erstmals Schnellster war und danach von einem "einem produktiven Tag" sprach. "Wir bewegen uns vorwärts, wie wir es während der Testphase tun sollten, aber wir sind uns zugleich auch bewusst, dass wir weiter arbeiten müssen", sagte er.