Nacht der langen Messer, Col de Turini, Walter Röhrl - diese drei Namen sind untrennbar verbunden mit einem Mythos: Der Rallye Monte Carlo. Die Monte, wie sie kurz genannt wird, ist nicht nur die bekannteste, sondern auch die älteste Rallye der Welt. 1911 fing alles an, ihren 100. Geburtstag feiert sie aber eher still, ohne allzu große Gesten und wie schon in den letzten Jahren in der 2. Liga der Interkontinentalen Rallye Challenge (IRC).
"Die Monte war immer mein Traum", sagte Deutschlands Rallye-Ikone Walter Röhrl in einem Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID). Der heute 63 Jahre alte Regensburger gewann als einziger Fahrer den Klassiker in vier verschiedenen Autos: 1980 im Fiat 131 ("Damit war mein ganz persönlicher Traum erfüllt"), 1982 im Opel Ascona, 1983 im Lancia Rallye und 1984 im Audi quattro. Dieser letzte Monte-Sieg war für ihn der wichtigste, sagte Röhrl: "Es war meine erste Rallye im Audi. Der Druck war riesig, und meine Teamkollegen Hannu Mikkola und Stig Blomqvist hatten schon jahrelange Erfahrung im Allradler."
Neben Röhrl prägten auch Sandro Munari (Italien) oder Tommi Mäkinen (Finnland) mit jeweils vier Siegen die Rallye, in den letzten Jahren vor allem der Franzose Sebastien Loeb. Anstelle des Rekordweltmeisters, mit fünf Erfolgen auch Rekordsieger, ist beim Jubiläum seit Mittwoch zumindest dessen kongenialer Co-Pilot Daniel Elana dabei. Der Monegasse sitzt beim Jubiläum ausnahmsweise mal selbst am Lenkrad und trägt die prestige-trächtige Startnummer 100.
1912: Julius Beutler wird erster deutscher Sieger
Vor 100 Jahren wollten die geschäftstüchtigen Monegassen auch im Winter zahlungskräftige Gäste in ihre Hotels und das Casino locken. Nach dem Vorbild italienischer Rad-Sternfahrten erfanden sie einen ähnlichen Wettbewerb für die noch jungen Automobile. Aus sechs Startorten, unter anderem aus Berlin, machten sich 23 Teams mit der Aussicht auf 10.000 Franc Siegprämie auf den weiten Weg an die Cote d"Azur. Die Rallye, was im Englischen und Französischen für Versammlung steht, war geboren.
Für Röhrl machte die Monte vor allem die "Idee mit der Sternfahrt" zu etwas ganz Besonderem: "Das war eine perfekte PR-Nummer. So war die Rallye nicht nur in Frankreich ein Thema, sondern überall in Europa von Athen über Berlin bis Oslo." Der deutsche Startort wechselte später nach Bad Homburg, wo auch ein Casino steht. 1912 gab es den ersten deutschen Sieger, den aus Berlin kommenden Julius Beutler, der im Premierenjahr nach Platz zwei mit dem ersten Protest der Rallye-Geschichte abgeblitzt war. 1960 siegte der Stuttgarter Walter Scholl.
80er Jahre: Röhrl macht die Monte in Deutschland richtig bekannt
Richtig bekannt in Deutschland wurde die Monte aber erst zu Beginn der 80er Jahre durch Röhrl, der selbst schon einige Jahre zuvor von ihrem Mythos infiziert worden war. "Zuerst bin ich zweimal zum Zuschauen runter gefahren. Abends um Sechs an den Turini und am nächsten Morgen wieder heim. Ich war völlig fasziniert. Eigentlich wollte ich nur einmal die Monte gewinnen, an einen WM-Titel habe ich nicht gedacht", sagte der zweimalige Weltmeister.
Für Röhrl ist die Monte, bei der auch Mini, Mercedes und Porsche schon spektakuläre Siege feierten, deshalb eine besondere Herausforderung, weil der sportliche Anspruch nirgends größer sei. Von trockenem Asphalt am Mittelmeer über nasse Pisten und Schneematsch bis zu blankem Eis seien alle Bedingungen dabei - oft auf der gleichen Wertungsprüfung. Das ganze bei Tag und Nacht. "Klare Bedingungen sind selten, und glatt ist eben nicht gleich glatt. Es bleibt schon ein Unterschied, ob du mit Spikereifen auf furztrockenem Teer rumeierst oder mit profilosen Slicks auf Eis nach Traktion suchst", sagte Röhrl: "Du musst ganz exakt fahren, egal ob es trocken ist oder Schnee hat. In Skandinavien kann man sich an den Schneewänden anlehnen, bei der Monte nicht. Geht"s schief, landest du gleich ein Stockwerk tiefer."
Während die Nacht der langen Messer für Röhrl immer "ein ganz besonderes Flair" hatte, mochte er den 1958 erstmals befahrenen Bergpass Col de Turini nie so richtig. "Berghoch hab ich immer geflucht, weil die Fans Schnee auf die Piste schaufelten", sagte er: "Endlich oben am Pass, wo noch mehr Zuschauer ausgeflippt sind als auf dem Weg dahin, war es dann gut. Dann hab ich mich mit einem breiten Grinsen im Gesicht nach unten gestürzt. Ab da hat der Turini auch mir gut gefallen."