Essen. Die Formel 1 feiert im Oktober ihr Comeback am Nürburgring. Noch ist unklar, ob nicht sogar Fans an der Strecke sein können.

Wenn das Geld lockt, ist Tradition zweitrangig. So biederte sich die Formel 1 in den vergangenen Jahren gerne mal Autokraten in Russland und Aserbaidschan an, sie vergab Rennen in Wüstenstaaten oder tingelte durch asiatische Länder ohne Motorsport-Vergangenheit. Die Rechnung geht auf, solange keine Pandemie dazwischen kommt.

Und deshalb muss sich die Königsklasse plötzlich wieder ihren Wurzeln annähern. Das Umdenken führt auch zurück an den Ort, der wie kein anderer in Deutschland für Pferdestärken und Formel 1 steht: zum Nürburgring. Am 11. Oktober macht die Rennserie in der Eifel Station. Das gaben die Betreiber am Freitagnachmittag bekannt.

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Möglich macht die Rückkehr auf den schon ausgemusterten Ring die Corona-Krise. Vermarkter Liberty benötigt dringend Ersatz für die abgesagten Weltmeisterschaftsläufe in Nord- und Südamerika, wo sich das Virus nach wie unkontrolliert verbreitet. 15 Rennen sind nötig, damit die Serie das Geld aus den TV-Verträgen einstreichen kann. 13 stehen jetzt fest. Nach dem Lauf in Deutschland zieht die Königsklasse erst nach Portimao/Portugal (25. Oktober) und dann ins italienische Imola (1. November) weiter. „Wir sind froh, dass wir weiter starke Fortschritte dabei machen, unsere Pläne für die Saison 2020 zu finalisieren“, wurde Formel-1-Chef Chase Carey in einer Mitteilung zitiert.

Sogar zwei Rennen in Deutschland

Nun sind sie also wieder gut genug, die aus der Mode gefallenen Grand Prixs in der Eifel und in Imola. Hier wurde gefahren, als Michael Schumacher im Ferrari seine große Zeit hatte. Als Tabak-Werbung auf den Boliden erlaubt war. Als die Formel 1 in Deutschland boomte. Schumi-Mania Anfang der 2000er-Jahre. Damals fanden pro Saison noch zwei Rennen in der Bundesrepublik statt. Weil es aber nur einen Großen Preis von Deutschland geben konnte, wurden die Organisatoren erfinderisch: Die Rennen am Nürburgring hießen wahlweise Großer Preis von Luxemburg oder von Europa. 2006 beendete Schumacher seine Karriere, das Zuschauer-Interesse ging zurück. Ab 2008 wechselten sich Hockenheimring und Nürburgring ab. Den letzten Grand Prix in Rheinland-Pfalz gewann Sebastian Vettel – damals noch im Red Bull. 2013 war das. Woanders konnte Formel-1-Boss Bernie Ecclestone anschließend mehr Geld verdienen.

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Nun aber geht es zurück zum Motorsport-Ort mit fast 100-jähriger Tradition. 400.000 Zuschauer sollen 1954 bei der Formel-1-Premiere an der Strecke gewesen sein. Die alte Nordschleife gilt mit ihren über 20 Kilometern Länge, 73 Kurven und 300 Höhenmetern als anspruchsvollster Kurs der Welt. Rennlegende Jackie Stewart taufte sie „Grüne Hölle“. Niki Lauda verunglückte hier 1976, er erlitt schwerste Verbrennungen. Die Formel 1 kehrte erst Mitte der 1980er-Jahre auf die neugebaute Grand-Prix-Strecke zurück.

Nürburgring hat Zuschauer noch nicht abgeschrieben

Der Große Preis der Eifel – so wird das Rennen aus lizenzrechtlichen Gründen diesmal heißen – ist das 41. am Nürburgring, der in den vergangenen Jahren in finanzielle Schieflage geraten war. Es handele sich um ein „sehr faires und partnerschaftliches Konstrukt“, sagt Geschäftsführer Mirco Markfort. Vorerst wird der elfte Saisonumlauf ohne Fans an der Strecke geplant. Eine Kalkulation mit Zuschauern wäre angesichts der aktuell geltenden Corona-Regeln in Rheinland-Pfalz „betriebswirtschaftlich fragwürdig“, so Markfort weiter. Allerdings arbeite man darauf hin, dass dennoch „eine begrenzte Anzahl von Zuschauern“ vor Ort dabei sein kann.

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Vor Fans soll die Formel 1 erstmals am 27. September in Sotschi fahren. Weitere Rennen sind in Silverstone, Barcelona, Spa-Francorchamps, Monza und Mugello geplant. Den Saisonabschluss sollen zwei Wüsten-Grand-Prixs in Bahrain und Abu Dhabi bilden. Zwei Rennen fehlen dann noch, um die TV-Verträge zu erfüllen. Als Austragungsorte werden Vietnam, China und Malaysia gehandelt. Da ist er wieder, der Lockruf des Geldes.