Essen. Lirim Zendeli lernte das Rennfahren auf der Essener Kartbahn - von 0 auf 100 in 3,2 Sekunden. Das Ziel des Bochumers: die Königsklasse.
Lirim Zendeli mag schnelle Autos. Zum verabredeten Treffen fährt er mit einem teuren, weißen Wagen vor. „Mein Vater mag schöne Autos, diesen Hang habe ich wohl von ihm geerbt.“ Aber anders als Papa Jauni mag es der 18-jährige Bochumer noch schneller – von 0 auf 100 in 3,2 Sekunden, dann 190, 200, 240, Vollgas in der Formel 4. „Mein Traum ist, Formel-1-Fahrer zu werden“, sagt er.
Lirim Zendeli sitzt im Bistro der Daytona-Kartbahn in Essen. Vor drei Wochen sei er in Bahrain gewesen, habe einen 560-PS-Boliden getestet. „Der ging gut ab.“ Lirim Zendeli lächelt bei dem Gedanken. Das will er eines Tages immer machen. Der Wanderpokal, der vor ihm steht, soll dabei helfen. Der 18-Jährige liest aus einer Liste mit Namen vor: „René Rast, er hat gerade die DTM gewonnen... Nico Hülkenberg, fährt in der Formel 1... Pascal Wehrlein … auch.“ Ganz oben, hinter der Zahl 2017, da steht sein Name.
In der vergangenen Saison wurde der Bochumer in der ADAC-Formel-4-Meisterschaft Vierter und damit bester Deutscher. Dreimal stand er in seiner zweiten Saison auf dem Podium, siegte in Oschersleben, auf dem Nürburgring und auf dem Hockenheimring. Die Jury der Post Speed Academy verlieh ihm dafür den ersten Preis auf der Essen Motor Show. Formel-1-Reporter Kai Eberl, Rennfahrer Christian Menzel und Norbert Haug, legendärer Motorsport-Chef von Mercedes Benz, gratulierten. Obendrein erhielt Zendeli einen 65 000-Euro-Scheck. „Im Motorsport ist das nicht viel. Was mehr wert ist, ist der Preis als bester Deutscher Nachwuchsfahrer“, sagt Zendeli. Der Anfang vom Anfang.
Auf Schumachers Spuren
Bevor Lirim Zendeli 18 Jahre jung in einem schwarzen Anzug in die Kameras lächelte, da war er das, was fast jeder Formel-1-Pilot einst war: ein Kartfahrer. Hier in Essen drehte Zendeli seine Runden mit dem Motorsport begeisterten Vater und war bald „schneller als alle Erwachsenen“. Zendeli wechselte zum Traditionsrennstall KSM Motorsport. Das „S“ steht für Michael Schumacher, weil der siebenmalige Formel-1-Weltmeister Mitgründer des Teams ist. Vor seinem schweren Ski-Unfall hat Lirim Zendeli „Schumi“ oft getroffen, gegen seinen Sohn Mick Schumacher fuhr er Rennen. In Zendelis erster Formel-4-Saison 2016 wurde Mick Schumacher Vize-Meister. Der Bochumer landete auf Platz zwölf.
So wie Michael Schumacher, der als Junioren-Vize-Weltmeister im Kartfahren aufstieg zu einem der besten Formel-1-Piloten aller Zeiten, will auch Zendeli irgendwann den Sprung in die Königsklasse schaffen.
Etwa ein halbes Jahr, schätzt der 18-Jährige, sei er im vergangenen Jahr nur zu Hause gewesen. Seine Mitschüler an der Heinrich-von-Kleist-Schule in Bochum haben Zendeli selten zu Gesicht bekommen. Ständig musste der 18-Jährige Koffer packen und auspacken, in Deutschland, aber auch in Italien, wo er in der Formel-4-Meisterschaft startete. Imola statt Schulbank. Sogar eine Abi-Klausur hat Zendeli verschoben. „Ich hatte einen guten Direktor“, sagt er.
Anfangs hätten sich seine Mitschüler nicht sonderlich für seinen Sport interessiert. Im Ruhrgebiet zählt Fußball mehr als Motorsport. Doch mittlerweile, mit zunehmendem Erfolg, ist das Interesse größer und die Zeit knapper. „Klar kommen meine Freunde zu kurz, aber die meisten haben dafür Verständnis.“ Erst recht sein Vater, der nun seinen Sohn im eigenen Betrieb ausbildet. „Da gibt’s dann keine Diskussionen mit dem Chef, wenn ich zu einem Rennen muss.“
Schreckmoment im Jahr 2015
Denn im nächsten Jahr will Zendeli voll durchstarten. Mit Unterstützung seines Sponsors, dem Bochumer Rechtsanwalt Dr. Thomas Durchlaub, und einem neuen Team. Nach der Winterpause sitzt der 18-Jährige im Cockpit von Charouz Racing System, das vom tschechischen Geschäftsmann Antonin Charouz gegründet wurde. „Für mich gibt es kein anderes Ziel, als Formel-4-Meister zu werden.“ Ehrgeizig ist er. Wie sein Vorbild.
„Lewis Hamilton ist bissig und hat seinen eigenen Kopf. Wenn er eine Lücke sieht, fährt er da rein“, sagt Zendeli über den Formel-1-Weltmeister. Auch Zendeli hat keine Angst. 2015 sei er bei Tempo 180 auf dem Red-Bull-Ring in Österreich von der Strecke abgekommen, erzählt er. „Ich bin unverletzt geblieben. Unfälle können immer passieren.“ Zendeli mag schnelle Autos. Und das Risiko.