Witten. Drei Medaillen holen die deutschen Ringer bei Olympia in Tokio. Mirko Englich vom KSV Witten stand vor 13 Jahren in Peking selbst auf dem Podest.
Welch eine herausragende Bilanz: Gleich drei Medaillen bringen die Sportlerinnen und Sportler des Deutschen Ringer-Bundes (DRB) von den Olympischen Spielen in Tokio mit nach Hause. Dafür, dass man ohnehin nur sieben Aktive nach Japan entsandt hatte, war das eine bemerkenswerte Quote. Zuvor war ein Ringer des KSV Witten 07 der letzte DRB-Athlet, der bei Olympia aufs Podest steigen durfte: Mirko Englich hatte 2008 in Peking Silber erkämpft.
Als der Musberger Frank Stäbler (32) am Mittwoch in der Klasse bis 67 Kilogramm seinerseits den Traum von einer Olympiamedaille wahr machte, saß Mirko Englich nicht vor dem Fernseher und fieberte mit. „Da war ich leider unterwegs, konnte das nicht live verfolgen“, berichtet der Berufsfeuerwehrmann. Allerdings: Ein Arbeitskollege dachte mit, schickte dem zehnmaligen Deutschen Meister die wichtigsten Infos zu Stäblers Bronze-Duell mit dem Georgier Ramaz Zoidze per Ticker aufs Handy. „Das war auch da schon spannend. Erst die 5:1-Führung, dann 5:3 und 5:4“, so Englich, der sich aber wie alle Ringerfans in Deutschland riesig freute, als der dreifache Greco-Weltmeister das Edelmetall sicher hatte.
KSV-Ikone Englich hatte zuvor nur auf eine deutsche Medaille getippt
Und nicht nur das: Wenig später ließ dann auch Denis Kudla (26; Schifferstadt) eine weitere Bronzemedaille folgen, wurde nach dem Schultersieg gegen den Ägypter Mohamed Metwally zum zweiten Mal nach Rio de Janeiro 2016 Olympia-Dritter. „Ich hätte Denis gar nicht so weit vorne gesehen“, gestand Englich, würdigte aber im gleichen Atemzug dessen Leistung.
„Dass unsere Ringer in Tokio drei Medaillen holen, damit hätte ich nicht gerechnet. Auf eine hatte ich vielleicht gehofft“, sagt Englich, der beim KSV Witten neben Klaus Eigenbrodt für das Jugendtraining verantwortlich zeichnet. Vor allem Frank Stäbler, der lange mit dem DRB überkreuz lag, sein Training selbst organisierte und sich selbst von Rückschlägen durch Verletzungen oder einer Corona-Infektion nicht vom Weg abbringen ließ. „Frank kann in den letzten Minuten immer noch was drauflegen, er ist ein Kämpfer“, so der 42-Jährige.
Vor zehn Jahren mit Stäbler bei der WM ein Hotelzimmer geteilt
Welche Erinnerungen er an die gemeinsame aktive Zeit zweier ausgewiesener Greco-Könner hat? „Ich weiß noch, dass wir uns 2011 bei der Weltmeisterschaft ein Zimmer geteilt haben. Damals war Frank gewissermaßen ein Newcomer, den hatte man noch gar nicht so richtig auf dem Zettel für so ein großes Turnier“, so Mirko Englich. Dennoch schaffte der Baden-Württemberger die Qualifikation für die Olympischen Spiele in London 2012 - das ersehnte Edelmetall blieb ihm aber dort ebenso noch verwehrt wie vier Jahre später in Rio de Janeiro. „Ich habe mit dem Schicksal und Olympia noch eine Rechnung offen“, hatte Stäbler in einem Interview gesagt und ließ nun in Japan seinen Worten mit Bronze Taten folgen.
„So erfolgreich war das deutsche Ringen bei Olympia zuletzt 1992“, denkt Englich zurück. Damals in Barcelona holte Maik Bullmann Gold, Rifat Yildiz und Heiko Balz gewannen Silber. Eine Medaille für eine deutsche Ringerin aber hatte es vor dem furiosen Triumph von Aline Rotter-Focken noch nie gegeben. „Das Drehbuch für ihren Olympiasieg war wirklich nicht schlecht“, sagt Mirko Englich, der die Laufbahn der 30-jährigen Krefelderin seit Jahren verfolgt. „Zuvor hatte sie gegen Adeline Gray noch nie gewonnen - und ausgerechnet bei Olympia packt sie das.“
Ihren Finalkampf hat Englich live gesehen - „auf einer Burg in Nürnberg, wir saßen dicht gedrängt vor dem Handybildschirm“, berichtet er. „Man kann einfach nicht besser abtreten als mit Gold bei Olympia. Sie kann jetzt ganz an ihre Familie denken“, so der Wittener über das perfekte Laufbahnende der NRW-Ringerin, die in Asien Geschichte schrieb.