Witten. Eine Wittener Ringer-Legende auf dem Weg zu einer neuen Herausforderung: Adam Juretzko wechselt nach Heilbronn, will dort seine Laufbahn beenden.
„Ich hätte mir wirklich gewünscht, den letzten Kampf in meiner Laufbahn für den KSV Witten machen zu können - dazu wird es nun aber leider nicht mehr kommen.“ In den Worten eines der erfolgreichsten Ringers, der je für die Ruhrstädter auf der Matte gestanden hat, schwingt eine gehörige Portion Wehmut mit. Adam Juretzko, der in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiert, vollzieht noch einmal einen Vereinswechsel und schließt sich den Red Devils Heilbronn an.
„Dort soll ich in erster Linie als Betreuer tätig werden und Cheftrainer Patric Nuding unterstützen“, berichtet der zehnmalige Deutsche Meister im griechisch-römischen Stil. Allerdings wird Juretzko zumindest in der ersten Hälfte der Saison auch wieder als Aktiver auf der Matte auftauchen. „Weil Frank Stäbler nach den Olympischen Spielen eine Auszeit nehmen will, werde ich so lange in seiner Gewichtsklasse wohl einspringen“, sagt der Werdohler.
Wittens Sportlicher Leiter wollte Juretzko im Club halten
Natürlich hätte sich der zweimalige EM-Dritte (1999 und 2005) gut vorstellen können, auch weiterhin seinem Stammverein KSV Witten 07 die Stange zu halten und in der Ruhrstadt nicht nur sich selbst zu trainieren. Doch nach dem Zerwürfnis im vergangenen Jahr war das Tischtuch zwischen Adam Juretzko und dem Vereinsvorstand um den Vorsitzenden Thomas Altstadt zerschnitten (wir berichteten). Auch die Vermittlungsversuche des neuen Sportlichen Leiters, Ayhan Aytemiz, der die KSV-Ikone gerne weiter in irgendeiner Funktion an den Club gebunden hätte, führten nicht zu einem Konsens. Und so entschied sich der gebürtige Pole schließlich dazu, dem langen Werben des Bundesliga-Rivalen aus Heilbronn nachzugeben. „Der Vorsitzende war sogar bei mir zu Hause“, berichtet Juretzko, den zuvor auch der SC Kleinostheim massiv umgarnt und mit einem lukrativen Angebot gelockt hatte.
Die „Roten Teufel“ aus Baden-Württemberg hätten den Ex-Trainer des KSV Witten auch gerne als Sportlichen Leiter verpflichtet. „Dazu wäre mir aber der Aufwand zu groß geworden. Ich will ja nicht nach Heilbronn ziehen. Jetzt werde ich Patric Nuding bei seiner Arbeit unter die Arme greifen. Ab Freitag werde ich während der Saison bei der Mannschaft sein, die eine wichtige Rolle in der Meisterschaft spielen soll. Das wird eine richtig starke Truppe“, kündigt Juretzko an. Am vorletzten Hinrunden-Kampftag (23. Oktober) kommt es in Heilbronn zum direkten Aufeinandertreffen mit den Wittenern um Coach Fatih Sirin.
1988 kam der gebürtige Pole erstmals zum KSV Witten
Dass man beim KSV Witten zuletzt auch seinem 17-jährigen Sohn Joel untersagt habe, dass er dort nicht trainieren könne, weil dieser keinen Kaderstatus genießt, habe für Adam Juretzko im Verhältnis zu seinem langjährigen Club „das Fass zum Überlaufen gebracht“. Jetzt nimmt der künftige Heilbronner gerne die zusätzlichen Autobahn-Kilometer in Kauf, fährt regelmäßig zu den Übungseinheiten nach Dormagen oder nach Neuss. Dort trainiert auch sein Sohn Joel, der allerdings weiter im Trikot des KSV ringen soll. „Das vergangene halbe Jahr war wegen Corona und all’ der Auflagen ziemlich hart für mich“, so der nach wie vor überaus ehrgeizige und im positivsten Sinne Ringkampf-verrückte Juretzko, der 1988 erstmals beim siebenmaligen Mannschafts-DM-Gewinner an der Ruhr aufschlug, sich im Laufe der Jahre zu einem Publikumsliebling mauserte.
„Mein Herz“, daraus macht Adam Juretzko auch nach den jüngsten Unstimmigkeiten keinen Hehl, „wird immer beim KSV Witten bleiben.“ Diesmal soll es wirklich das vielzitierte abschließende Jahr in seiner aktiven Laufbahn werden. „Das ist definitiv meine letzte Saison. Ich schaue mir das jetzt in Heilbronn ein Jahr lang an und ob das alles so für mich Sinn macht“, sagt Adam Juretzko. Des Segens seiner Ehefrau Agnes, die ihn immer unterstützt hat, kann er sich gewiss sein. Und wenn er dann als „Roter Teufel“ noch mal einen deutschen Mannschaftstitel einheimsen kann, wäre das ja auch kein ganz so schlechter Abschluss für eine bemerkenswerte, großartige Karriere auf der Ringermatte.