Witten. Zum vierten Mal nimmt Rabbia Khalil an einer Ringer-WM teil. Beim KSV Witten bereitete sich der Palästinenser auf das Turnier in Nur-Sultan vor.
Mit seinen inzwischen 33 Jahren ist Rabbia Khalil in seinem Sport eigentlich schon ein alter Hase. Und doch merkt man ihm eine beinahe kindliche Freude und Begeisterung an, wenn er über seinen Saisonhöhepunkt spricht, der nun vor der Tür steht. Am Montag wird der Kölner, der einige Jahre auch für den KSV Witten 07 auf die Matte ging, bei den Weltmeisterschaften in der kasachischen Hauptstadt Nur-Sultan sein Glück versuchen. Für sein Land Palästina, das er selbst bislang noch nie betreten hat.
„Es ist schon meine vierte WM-Teilnahme“, sagt der Kölner nicht ohne Stolz. 2015 war seine Premiere, damals im Spielerparadies Las Vegas. „Damals bin ich gegen einen Deutschen ausgeschieden, Pascal Eisele - das war ein sehr undankbares Los“, sagt Rabbia Khalil. Auch in Paris 2017 und in Budapest 2018 kämpfte er bei den Weltmeisterschaften. Nur die Olympischen Spiele, die hat der Griechisch-römisch-Spezialist bislang noch nicht erreicht. „Aber sie bleiben nach wie vor mein großes Ziel. Ich werde alles versuchen, 2020 in Tokio dabei zu sein.“ In Kasachstan will der Familienvater (verheiratet, zwei Kinder) „zumindest das Achtelfinale“ erreichen - dabei weiß er nur zu gut, dass dazu auch eine gehörige Portion Glück vonnöten ist. „Es ist ja schon schwierig, alleine die Qualifikation zu überstehen“, so der ehemalige Bundesliga-Ringer (zuletzt in Reihen des TV Aachen-Walheim), der in der 77-Kilo-Klasse zu Hause ist.
Trainingseinheiten mit dem deutschen Nationalteam
Obwohl er in Schweinfurt geboren wurde, betont Khalil die tiefe Verbundenheit zu dem Land, für welches er an den Start geht. „Meine Großeltern sind damals aus Palästina in den Libanon geflohen, meine Eltern später nach Deutschland, als der Bürgerkrieg tobte. „Ich weiß, wo meine Wurzeln liegen und ich bin stolz, für Palästina zu ringen. Für mich ist es interessant, meine Geschichte zu kennen“, sagt Khalil.
Zwei- bis dreimal pro Woche hat er im Trainingszentrum des KSV Witten 07 geschuftet, die gemeinsamen Einheiten mit dem zehnmaligen Deutschen Meister haben ihm „eine Menge gebracht. Er kann mir gute Tipps geben. Die Kilometer nach Witten nehme ich gerne auf mich“, sagt der Versicherungskaufmann, der in Hennef auch gemeinsam mit dem deutschen Nationalteam trainiert hat vor den Titelkämpfen. Zum palästinensischen Verband nahm er über Bekannte erstmals 2009 Kontakt auf - „es war nicht leicht, das alles in Gang zu bringen.“ Inzwischen hat der 33-Jährige einen in Deutschland lebenden Landsmann, der ihn finanziell unterstützt. Immerhin nimmt Rabbia Khalil regelmäßig an internationalen Wettkämpfen teil, ringt in jedem Jahr bei der Asienmeisterschaft, um sich das WM-Ticket zu sichern.
Bei einem Turnier in Iran wie ein Star gefeiert
Seit 2009 ist er der einzige Greco-Ringer von internationalem Format, der für Palästina antritt. 23 große Turniere hat er schon hinter sich, stand sechsmal beim Deutschland-Grand Prix auf der Matte. Unterstützt wird er in Nur-Sultan von seinem Kölner Trainer Yasar Yavuz. Als er in diesem Jahr im Iran antrat, konnte er kaum glauben, welche Begeisterung ihm entgegenschlug. „Ich hab’ mich dort überhaupt nicht allein gefühlt, wurde quasi wie ein Star behandelt“, verweist Khalil auf die brisante sportpolitische Bedeutung, die ein Start eines palästinensischen Ringers bei internationalen Wettbewerben nach wie vor hat.
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Einer Situation würde er bei der WM am liebsten ganz aus dem Weg gehen. „Wenn ich gegen einen israelischen Ringer gelost würde, müsste ich wohl erstmal mit unserem Olympischen Komitee Rücksprache halten. Aber ich wüsste schon jetzt, dass ich selbst auf so einen Kampf verzichten würde. Viele Menschen leiden unter dem Konflikt zwischen Israel und Palästina, zu viele sind schon gestorben - auch gute Bekannte von mir“, sagt Rabbia Khalil nachdenklich. Sein Land brauche palästinensische Sportler, die den Fokus auch auf andere Bereiche des Lebens richten. So wie jetzt bei der WM in Kasachstan, wo der 33-Jährige auf die Ringer-Elite trifft.