Witten. . Das große Ringer-Interview vor dem Saisonstart am Samstag. Zum Auftakt kommt mit Heilbronn direkt ein Kracher in die Husemann-Halle.
Mit dem Viertelfinal-Aus kurz vor Weihnachten endete die erste Bundesliga-Saison des KSV Witten seit dem Rückzug 2009. Nach neunmonatiger Pause beginnt Samstag in eigener Halle das zweite Bundesliga-Jahr der neuen Zeitrechnung. Der Vorsitzende Thomas Altstadt (51) spricht im Interview mit WAZ-Redakteur Philipp Ziser über neue Gegner, neue Geldgeber – und die Perspektive des Bundesliga-Standortes Witten.
Herr Altstadt, wie groß ist die Anspannung vor dem Saisonauftakt. Noch so groß wie vor der ersten Saison – oder gar größer, weil Sie die Latte mit dem guten Abschneiden 2017 hochgelegt haben?
Auf jeden Fall ist die Anspannung nicht größer geworden, wir waren ja auch früher schon lange in der Bundesliga und kennen die Sachlage. Dass wir 2017 das Viertelfinale erreicht haben, ist nicht ab sofort der Maßstab für jede neue Bundesliga-Saison des KSV Witten. Dazu ist unsere Gruppe mit der von vergangener Saison zu wenig zu vergleichen.
Neben den bekannten Gegnern aus Aachen und Merken haben Sie in der Nordwest-Gruppe mit Heilbronn, Mainz, Nackenheim, Kleinostheim und Lübtheen auch fünf neue Gegner. Macht das die Liga attraktiver?
Ja sicherlich, das ist grundsätzlich eine gute Lösung, nachdem wir seit Jahren immer einer gemischte NRW-Saarland-Gruppe hatten. Besser so, als zum zwanzigsten Mal gegen die gleichen Mannschaften zu kämpfen. Mainz ist ein Gegner, den wir lange schon kennen, gegen den wir früher schon in der Bundesliga gekämpft haben. Die anderen kennen wir gar nicht. Grundsätzlich finde ich das gut. Mit Frank Stäbler kämpft für unseren Auftaktgegner Heilbronn ein Doppel-Weltmeister. Solche Super-Kämpfer will man mal sehen – auch wenn wir dagegen vermutlich kaum eine Chance haben werden.
Mainz und Heilbronn sind die Favoriten
Wie schätzen Sie die Gruppe insgesamt sportlich ein?
Mainz und Heilbronn sehe ich als die Favoriten auf den Gruppensieg. Dahinter ist es ganz schwer vorherzusagen: Wir können ja nur gucken, wer gewechselt ist, wer in den Kaderlisten aufgeführt ist. Aber entscheidend ist, wer dann tatsächlich auf der Matte steht.
Und wie schätzen Sie das Wittener Team ein? Stärker oder schwächer als zuletzt?
Das ist auch schwer abzuschätzen. Ob wir die Abgänge adäquat ersetzen können, wird sich erst noch zeigen. Mein Bauchgefühl sagt mir: Der Kader ist etwa gleich stark. Wir haben im Rahmen unseres Budgets die Verpflichtungen getätigt, um unsere Löcher zu stopfen.
Sponsorenentwicklung stagniert
Einen echten Schwergewichtler haben Sie nicht mehr verpflichtet.
Ja, der Abgang von Kazim Aras trifft uns natürlich. Wir haben keinen Vollschwergewichtler mit 106 oder 107 Kilogramm – da müssen jetzt die aus der 98er-Klasse ran. Die haben zwar nicht ganz das Gewicht, aber das muss nicht immer ein Nachteil sein.
Wie schreitet denn die wirtschaftliche Entwicklung des KSV voran – zum Beispiel die Sponsorensuche?
Die stagniert im Moment. Wir gewinnen neue Sponsoren dazu, dafür brechen andere aus unterschiedlichen Gründen weg – da gibt es einen Generationenwechsel in der Firma, oder es herrscht einfach kein Interesse mehr an unserem Sport. Aber wir arbeiten daran, immer neue Sponsoren zu gewinnen. Positiv ist, dass wir die Mitgliederzahl des Förderkreises innerhalb von vier Jahren verdoppelt haben. Klar ist aber auch: Für ganz oben reicht das nicht. Wir bräuchten noch zwei oder drei richtig große Sponsoren um dann eine Hand voll starker Ringer zu verpflichten und ans Halbfinale oder Finale denken zu können.
„Vom Kader her müsste das eine klare Sache werden“
Bei Auftaktgegner Heilbronn ist das anders, die haben genau diese Ringer, die Sie in Witten nicht bezahlen können. Was erwarten Sie vom Kampf am Samstagabend?
Wir können froh sein, wenn wir uns gut präsentieren. Von den Kadern her müsste das eine klare Sache werden. Es kann aber sein, dass Heilbronn die Nationalmannschafts-Ringer aufgrund von Lehrgängen oder Turnieren nicht alle für den Bundesligakader zur Verfügung hat, da ja bald die Weltmeisterschaft ansteht.
Wie groß ist die Chance, dass Sie das Bundesliga-Team bald aus dem eigenen Nachwuchs bestücken können?
Da kommt einiges nach! Mit dem 14-jährigen Gregor Eigenbrodt hat Samstag ein Talent für unsere zweite Mannschaft auf der Matte gestanden, er gehört zu den zwei oder drei besten seines Alters in Deutschland. Und er ist nicht der einzige. Deshalb haben wir mit der zweiten Mannschaft auch den Aufstieg in die Oberliga als Ziel ausgegeben, um dort dann junge Talente einzusetzen und über die zweite Mannschaft an den Bundesliga-Kader heranzuführen.
„Wir sind unter den acht bis zehn besten Deutschlands“
Der KSV blickt auf insgesamt mehr als vier Jahrzehnte Bundesliga zurück. Wie sieht die Bundesliga-Perspektive für die Zukunft aus? Vielleicht nicht für die nächsten vierzig, aber fünf oder zehn Jahre.
Grundsätzlich stellen wir uns schon vor, weiter in der ersten Liga tätig zu sein. Man darf aber nicht vergessen, dass wir nur aufgrund der DRB-Ligenreform erstklassig sind, weil es eine dreizügige Bundesliga gibt. Falls es irgendwann wieder eine Reform gibt und es nur noch eine Bundesliga-Gruppe gibt, müssten wir uns überlegen, ob wir da mitmachen können und wollen.
Wo sehen Sie sich aktuell, was für Argumente gäbe es zu erwägen?
Ich denke, wir sind unter den besten acht bis zehn Vereinen in Deutschland. Ergibt es unter diesen Umständen finanziell und sportlich Sinn, in einer eingleisigen Bundesliga immer ganz unten zu sein? Oder wäre die zweite Liga für uns sinnvoller? Mit dem aktuellen Modell ist unsere Zielsetzung aber klar, im Mittelfeld zu kämpfen – mit Tendenz nach oben.
>> DIE WICHTIGSTENS INFOS VOR DEM START
Neu im KSV-Kader sind Ramzan Awtaew (Essen-Dellwig), Daniel Aleksandrov (Bulgarien), Michal Tracz (Polen), Fevzi Mamutov (Ukraine).
Nicht mehr für Witten kämpfen dagegen Kazim Aras (Walheim), Mateusz Wolny und David Ersetic.
Die neue Saison beginnt am Samstagabend mit dem Heimkampf gegen Red Devils Heilbronn. Dieser beginnt um 19.30 Uhr in der Husemann-Halle.