Witten/Norwich (GB). . Der Wittener Chris Domogalla bringt die Profis des englischen Fußball-Zweitligisten Norwich City als oberster Fitmacher ins Schwitzen.

  • Der Wittener Chris Domogalla steht beim englischen Fußball-Zweitligisten Norwich City unter Vertrag
  • Als Physiotherapeut und Athletiktrainer sorgt er sich u.a. um Aufwärmen, Fitness- und Krafttraining
  • Mit Frau und Kindern hat er sich an Englands Norseeküste schon gut eingelebt

Kanarienvögel sind meist gelb und singen für ihr Leben gern. Ihnen wird nachgesagt, besonders tagaktiv zu sein, ihren Schlafast mit Sonnenaufgang zu verlassen und erst bei Einbruch der Dunkelheit wieder aufzusuchen. Ob Chris Domogalla gerne singt, ist nicht bekannt, auch wird er wohl nicht in Baumnähe nächtigen. Lange Arbeitstage allerdings gehören für den Wittener beim englischen Fußballclub Norwich City, dessen Maskottchen der Kanarienvogel ist, ganz gewiss zum Alltag. Seit sechs Wochen lebt der 31-Jährige mit seiner Familie nun schon an der englischen Ostküste, arbeitet dort im Trainerstab als Athletikcoach sowie quasi als oberster Fitmacher.

Nach intensiver Saisonvorbereitung geht’s am Samstag endlich in der „Football League Championship“ um Punkte. Dann steht Domogalla mindestens jedes Wochenende vor Spielbeginn auf den gepflegten Grüns traditionsreicher Clubs in zum Teil geschichtsträchtigen Spielstätten wie dem Hillsborough-Stadion von Sheffield Wednesday oder dem City Ground von Nottingham Forest – immerhin Sieger des Europapokals der Landesmeister 1979 (Vorläufer der Champions League) – und wärmt seine Spieler für die Ligapartien auf. Ex-Wolfsburg-Kicker Timm Klose und Schottlands 40-facher Nationalspieler Steven Naismith hören dann auf sein Kommando. „Ich bin immer auf dem Platz mit dabei“, sagt der 31-Jährige. Während des Spiels nimmt Domogalla neben Norwich-Coach Daniel Farke (40) Platz auf der Trainerbank am Spielfeldrand, dem Mann, der ihn an die Carrow Road nach Norwich lotste.

Kennen sich aus Dortmunder Tagen: Chris Domogalla (re.) und der Wittener Torhüter Zlatan Alomerovic, der inzwischen in der ersten polnischen Liga zwischen den Pfosten steht.
Kennen sich aus Dortmunder Tagen: Chris Domogalla (re.) und der Wittener Torhüter Zlatan Alomerovic, der inzwischen in der ersten polnischen Liga zwischen den Pfosten steht. © Thomas Nitsche

Nach seiner Tätigkeit als Physiotherapeut bei TuRa Rüdinghausen bildete sich Domogalla im Athletikbereich weiter. Über Regionalligist SG Wattenscheid 09, die Leitung einer Praxis in Bochum sowie die Betreuung von Olympia-Athleten führte ihn sein Weg 2014 zu den U23-Fußballern von Borussia Dortmund ins Stadion Rote Erde. Dort übernahm schließlich Daniel Farke das sportliche Zepter. Als dieser nun den lukrativen Trainerposten beim englischen Zweitligisten erhielt, fragte er den Wittener, ob er sich ein Engagement an der Nordseeküste vorstellen könne. „Für mich war schnell klar, dass ich das möchte“, fackelte Domogalla nicht lange. „Ich habe erreicht, was ich mir immer vorgestellt habe, meinen Traumjob auszuüben“, stellt er klar und ergänzt, dass ihm die Umstellung nicht schwer gefallen sei.

Familie hat sich schon gut eingelebt

Trainiert wird mit dem Team zweimal am Tag. Der Ruhrstädter übernimmt dabei unter anderem das Schnelligkeits- sowie das Krafttraining und arbeitet mit den Spielern zudem auf individueller Basis. Das klappt gut, Kommunikationsprobleme gibt’s keine. „Ich komme gut mit der Sprache klar, die Menschen hier in Norwich sprechen ohne viel Dialekt. Da wird es einem wirklich einfach gemacht“, verrät der 31-Jährige und widerlegt gleich auch mal ein gängiges Vorurteil gegenüber den Britischen Inseln. „Das Klima ist wechselhaft, aber recht mild. Ich kann nicht bestätigen, dass es hier nur regnet. Wir hatten schon viele Sonnentage“, lässt er wissen.

Aufmerksam beobachtet Domogalla seine Schützlinge. Trainert wird zweimal am Tag.
Aufmerksam beobachtet Domogalla seine Schützlinge. Trainert wird zweimal am Tag. © NWC

Dass ihm der Tapetenwechsel bislang so leicht fällt, liegt auch an seiner Frau Larissa und den beiden Kindern (1 und 2), die Domogalla gleich mit nach England gebracht hat. „Es war einfach der perfekte Zeitpunkt. Meine Frau ist noch in Elternzeit und die Kinder noch nicht schulpflichtig. So haben wir keinen Druck“, erklärt er, dass ein Engagement in England über seinen Zweijahresvertrag bei Norwich hinaus nicht ganz unrealistisch sei. „Das ist noch weit weg, aber wir fühlen uns wohl hier und haben uns gut eingelebt“, sagt er zufrieden.

Gerade einmal fünf Autominuten vom Trainingsgelände entfernt hat die junge Familie ein kleines Einfamilienhaus mit Garten bezogen. So bleibt nach den Arbeitstagen noch genug gemeinsame Zeit. Gleichwohl, während der anstrengenden Vorbereitung war Freizeit bislang rar gesät. „Wir konnten aber schon die Stadt mit ihren vielen kleinen Teeläden bzw. Cafés erkunden und waren auch schon einmal am Meer“, verrät der zweifache Vater.

Diese Idylle tauscht er nun am Samstag wieder gegen die lautstarken Gesänge der englischen Fußballfans ein. Zum Ligastart ist Norwich City im Craven Cottage (25.700 Sitzplätze) beim Londoner Club FC Fulham zu Gast (16 Uhr). „Das ist etwas ganz Besonderes“, meint Domogalla. „Wenn wir dort punkten und den Grundstein für eine erfolgreiche Saison legen könnten, wäre das traumhaft“, ergänzt er. Seinen Traumberuf hat der Wittener auf jeden Fall schon gefunden. Und wer weiß, vielleicht muss er als „frisch geschlüpfter Kanarienvogel“ im Erfolgsfall am Samstagabend dann ja auch doch noch singen.