Witten. . Adam Sandurski, Ex-Bundesliga-Ringer des KSV Witten 07, gewann bei Olympia 1980 in Moskau die Bronze-Medaille. Ein ganz großer Triumph aber fehlt in seiner Karriere.

Die Einladung vom polnischen Ringer-Verband flatterte auch in diesem Jahr wieder in seinen Hevener Briefkasten. Doch Adam Sandurski, einst auch beim KSV Witten 07 in der Bundesliga ein herausragender Kämpfer, hat es vorgezogen, die Olympischen Spiele lieber vor dem heimischen Fernseher zu verfolgen. „Das ist mir im Moment alles zu gefährlich“, sagt der heute 63-Jährige. Seinen eigenen großen Olympia-Moment hatte der Pole 1980 in Moskau, als er Bronze gewann.

Zweimal war er Teil dieses größten sportlichen Ereignisses auf dem Erdball. Neben den Spielen im damaligen sozialistischen Bruderland UdSSR war Adam Sandurski auch qualifiziert für Olympia in Seoul (Südkorea) 1988 - dort reichte es für ihn immerhin noch zum siebten Platz. „Natürlich hätte ich auch 1984 gerne teilgenommen. Vor den Spielen in Los Angeles war ich in der Form meines Lebens. Ich denke, damals hätte ich sie alle besiegen und Gold gewinnen können“, sagt Sandurski mit einer merklichen Portion Enttäuschung in der Stimme. „Ich habe so viel Erfolg gehabt, so viel gewonnen bei internationalen Turnieren - aber eben nie den ersten Platz erreicht“, sieht der Familienvater, der mittlerweile sein wohlverdientes Rentner-Dasein genießt, seine fraglos große Karriere als unerfüllt an.

Dass es 1984 nichts wurde mit der Teilnahme an den Spielen in den USA, das nagt noch heute sehr an Adam Sandurski. „Wir waren zwei Monate zuvor noch im Trainingslager in Griechenland und wollten eigentlich von dort aus direkt nach Kalifornien fliegen. Wir waren uns sicher, dass wir teilnehmen würden. Dann aber kam die Info, dass wir wegen des Boykotts zu Hause bleiben mussten. Es ist wirklich jammerschade - das war damals meine beste Zeit als Ringer“, so Sandurski nachdenklich.

Von den Olympischen Spielen in Moskau 1980 brachte Adam Sandurski eine Bronzemedaille mit.
Von den Olympischen Spielen in Moskau 1980 brachte Adam Sandurski eine Bronzemedaille mit. © Funke Foto Services

Vom Basketball zum Ringen gelotst

Ob er wohl auch ein ebenso guter Basketballer wie Ringer geworden wäre? „Ich glaube eher nicht“, feixt Sandurski. Seine imposante Erscheinung bei 2,14 Metern Körpergröße hatte ihn zwar als Jugendlichen in seiner Heimatstadt Rzeszów zunächst zum Spiel unter den Körben gebracht, doch seine enorme Physis war auf der Ringermatte besser aufgehoben, befanden die Trainer des örtlichen Clubs - und so begann für den damals 19-Jährigen eine famose Laufbahn, die ihn quasi in jeden Winkel der Welt brachte.

„Ja, ich habe in meiner Ringer-Karriere eine Menge gesehen und erlebt - dafür bin ich dankbar“, sagt Sandurski, der 1978 erstmals polnischer Meister im Superschwergewicht wurde. Die Anfänge auf internationalem Terrain waren für den Freistil-Ringer eher schleppend. Rang sechs bei seiner ersten EM 1977 in der Türkei, dann Platz zehn im gleichen Jahr bei der WM - „da habe ich mir schon so meine Gedanken gemacht“, so der 63-Jährige.

In Rumänien die erste EM-Medaille errungen

Den ersten Treppchenplatz feierte er 1979 mit Bronze bei der EM in Bukarest - und 1980 bei den Olympischen Spielen wurde es eine Medaille in gleicher Farbe. „Die Spiele in Moskau waren ein tolles Erlebnis. Alles war perfekt organisiert“, sagt Sandurski. Dass der Westen die Olympischen Spiele boykottierte, wirkte sich auf die Ringer-Wettbewerbe nicht nachhaltig aus. „Die stärksten Leute kamen damals ohnehin aus dem Ostblock“, ergänzt Ehefrau Jolanta. Wie ernst die Russen den Hünen aus Polen seinerzeit nahmen, zeigt die Tatsache, dass man die Sportler aus Sandurskis Team vorab zu einem Trainingslehrgang in die UdSSR einlud. „Da wurde alles bis ins kleinste Detail gefilmt und festgehalten - Adam wurde regelrecht ausspioniert auf der Matte“, so seine Gattin.

„Schwachstelle waren meine Beine“

Gegen seinen ärgsten Konkurrenten, den stämmigen Russen Salman Chassimikow, verlor Sandurski immer wieder mal bei großen Turnieren - u. a. bei der WM 1982 in Edmonton (Kanada), wo man den Polen vorab ellenlang in der Presse als „sanften Riesen“ feierte. Wie der Russe dem physisch ob seiner Größe eigentlich überlegenen Sandurski überhaupt beikommen konnte? „Das ging nur über meine Beine, die hat er immer wieder angegriffen. Das war meine Schwachstelle“, erinnert sich der Pole. „Vielleicht wäre der griechisch-römische Stil mir eher zugute gekommen“, sinniert der 63-Jährige. Doch er blieb beim freien Stil und wurde auch dort zu einem gefeierten Weltklasse-Athleten auf der Matte.

Erfolgreiche Zeit beim KSV Witten: Adam Sandurski (li., hier mit dem damaligen Trainer
Erfolgreiche Zeit beim KSV Witten: Adam Sandurski (li., hier mit dem damaligen Trainer © Funke Foto Services

1985 kam Adam Sandurski schließlich nach Witten, kämpfte mehrere Jahre für den KSV in der ersten Liga und wurde 1986 Deutscher Meister mit dem Traditionsverein, dessen Kämpfe in der Husemann-Sporthalle er heute wieder regelmäßig besucht. Seine große internationale Karriere endete 1988 mit Rang sieben bei Olympia in Seoul. „Damals war ich 35 und bin das ganz locker angegangen“, erinnert sich Sandurski. Einen besseren Superschweren (seinerzeit rund 130 Kilogramm) hatte man in Polen nicht und entsandte ihn nach Asien, nachdem er einen Test-Wettkampf gewonnen hatte. „Danach hab’ ich meine Frau gefragt: Was soll ich tun? Sie sagte: Fahr’ nach Korea - also habe ich noch einmal an Olympia teilgenommen. Auch das war ein großartiges Erlebnis.“

Große Auszeichnung in Polen

Eine besondere Würdigung erfuhr der zweifache Familienvater schließlich 2012, als er zum besten polnischen Ringer aller Zeiten ernannt wurde. „Adam ist nach wie vor in der Szene bekannt wie ein bunter Hund und wird in seiner Heimat als Held verehrt“, sagt Frank Weniger, Ex-Teamkollege und Sportlicher Leiter des KSV. Ein Held, dem nur eines verwehrt blieb: Ein Triumph auf der ganz großen internationalen Ringer-Bühne.