Schermbeck. Im NRZ-Interview äußert sich Maik Habitz, Kicker des SV Schermbeck, über seine Zwangspause, einen Traum, das aktuelle Team und die Klub-Treue.
Es ist ein Dienstagabend am Schermbecker Waldsportplatz: Während sich die Kollegen des Fußball-Oberligisten SV Schermbeck zum Training auf dem Platz treffen, macht sich Maik Habitz für eine weitere Reha-Einheit bereit. Nach seinem zweiten Kreuzbandriss arbeitet der 28-jährige Innenverteidiger und ehemalige Kapitän mit Hochdruck an seinem Comeback und hofft, nach der Winterpause wieder ins Mannschaftstraining einsteigen zu können. Bis dahin quält sich der hauptberufliche Architekt im vereinseigenen Fitnessraum. Immerhin hat er dabei einen Ausblick auf den gerade neu entstehenden Naturrasenplatz zwischen den beiden Tribünen, der mehr als zwei Jahre brach lag.
Es geht voran beim SV Schermbeck.
Maik Habitz: Das ist enorm wichtig für den Klub, da endlich Bewegung reinzubekommen. Die aktuellen Bedingungen, mit sämtlichen Mannschaften auf dem einen Kunstrasenplatz zu trainieren und zu spielen, ist schon allein von der Koordinierung nicht einfach. Insofern ist es das Beste, was dem Verein passieren kann, wenn endlich wieder beide Plätze zur Verfügung stehen. Wir Spieler sind sehr froh darüber, dass der Verein derart an der Infrastruktur arbeitet. Mit Naturrasenplatz, Kunstrasenplatz und dem Abraham-Haus wird das ein echter Magnet.
Wer wird denn eher fit sein: der Rasenplatz oder Sie?
Ich hoffe, ich. Auch wenn ich mich darüber freuen würde, wenn beide zur Rückrunde zur Verfügung stünden. Aber so, wie ich gehört habe, wird der Rasenplatz erst im März oder im April bespielbar sein.
Zur Rückrundenvorbereitung ins Training einsteigen
Bei Ihnen aber ist die Rückkehr auf den Platz schon zum Rückrundenstart geplant?
Ja, tatsächlich. Ich hatte in der vergangenen Woche meinen letzten Arzttermin und seither darf ich wieder joggen. Und schon seit Anfang Oktober trainiere ich entweder hier oder im Fitnessstudio an den entsprechenden Geräten. Wenn alles normal verläuft, werde ich zur Rückrunden-Vorbereitung ins Mannschaftstraining einsteigen. Aber weder ich noch der Klub machen da Druck. Sollte sich mein Comeback auf März verschieben, ist das halt so.
Auch Knorpelschaden neben dem Kreuzbandriss
Wie ist denn der Stand der Reha?
Weil ja nicht nur das hintere Kreuzband gerissen war, sondern zudem ein Knorpelschaden im Knie diagnostiziert wurde, gehen die Mediziner nicht nur von den üblichen sechs Monaten aus. Ich habe mich im April, also vor sechs Monaten, operieren lassen und werde möglicherweise im Januar wieder mit dem Team trainieren dürfen. Ich bin da guter Dinge.
„Im Nachhinein ist man immer schlauer“
Haben Sie die Verletzungssituation noch vor Augen?
Ursprünglich habe ich mich ja bereits im ersten Saisonspiel in Vreden im Sommer 2022 verletzt. Vermutlich habe ich mir dort bereits das Kreuzband gerissen, was aber so nicht diagnostiziert wurde. Ich habe zunächst versucht, wieder zu spielen, aber es ging einfach nicht. Ein weiterer Arzttermin förderte dann die Wahrheit zutage. Dennoch haben wir erst versucht, die Verletzung konservativ zu behandeln. So haben wir es ja schon nach meinem ersten Kreuzbandriss gemacht, was auch zunächst die richtige Entscheidung gewesen zu sein schien, weil ich drei Jahre lang ohne Probleme wieder spielen konnte. Mein Ansatz war auch diesmal, die OP zu vermeiden, aber im März kam es im Training zu einem Zusammenprall und danach war die Operation unvermeidlich. Gut möglich, dass ich viel Zeit hätte sparen können, wenn ich mich sofort für eine OP entschieden hätte. Aber in Nachhinein ist man immer schlauer.
„Alles ist kompliziert, auch der Toilettengang“
Wie hart ist es dann, sich zum zweiten Mal zurückkämpfen zu müssen?
Meine Lust auf Fußball ist so groß, dass ich diese Mühen in Kauf nehme. Zudem kenne ich die Abläufe ja bereits, insofern ist das nicht so schlimm wie beim ersten Mal. Die richtig harten Zeiten sind die ersten sechs Wochen nach der OP, wenn man nichts machen darf und ständig diese steife Schiene tragen muss. Alles ist kompliziert, schon allein der Toilettengang. Aber ich wusste ja, was auf mich zukommt. Außerdem muss man akzeptieren, dass Verletzungen zum Fußball dazugehören.
Könnte sein, dass die schwere Verletzung auch nach der Rückkehr noch im Kopf präsent bleibt?
Die Befürchtung hatte ich nach meinem ersten Kreuzbandriss auch. Doch nach dem ersten Zweikampf, in dem es richtig schepperte, wusste ich: Das Knie funktioniert. Vielleicht ist das ein Privileg, dass ich solche Dinge rasch abhaken kann.
Wie eng ist denn der Draht zur Mannschaft noch? Immerhin sind im Sommer rund ein Dutzend neue Spieler gekommen.
Ich war zum Auftakt dabei, weil ich die Neuzugänge kennenlernen wollte. Und natürlich bin ich bei allen Spielen vor Ort, setze mich zu den Spielern auf die Bank und fiebere mit, um die Nähe zur Mannschaft zu spüren. Ich bin Teil der Mannschaft, auch wenn ich gerade kein aktiver Teil der Mannschaft bin.
„Mir haben so viele Menschen geholfen“
Sie sind der dienstälteste Spieler beim SVS. Im Gegensatz zu allen anderen haben Sie die mit dem neuen Trainer einhergehenden Veränderungen überlebt. Wie kommt es dazu?
Für mich haben viele Dinge von Beginn an sehr gut funktioniert. Dazu gehört nicht nur der Trainer, sondern auch der Vorstand, die Rahmenbedingungen und das positive Miteinander. Austausch, Ehrlichkeit und Unterstützung, vor allem in den dunklen Stunden einer schweren Verletzung, waren hier immer herausragend. Mir haben so viele Menschen geholfen. Auch deshalb identifiziere ich mich mit dem Verein und haue mich für ihn rein. Es gab für mich nie Gründe, diesen Klub zu verlassen. Auch, weil mir der SVS immer eine Perspektive aufgezeigt hat.
Auch während der Verletzungszeit Kontakt gehalten
Das Verhältnis zu Trainer Sleiman Salha und Co-Trainer Richard Weber ist…
…ein sehr gutes. Er gibt mir immer wieder ein gutes Gefühl, weil er über die gesamte Verletzungszeit Kontakt zu mir hält. Umgekehrt habe ich in den schwierigen Zeiten des Umbruchs auch stets zu ihm gehalten. Oft heißt es, dass Fußball ein Drecksgeschäft ist. Aber wenn man Menschen dabei hat, die einem mit Wertschätzung begegnen, dann hat das alles Sinn und Zukunft.
„Darf mich schon als Schermbecker bezeichnen“
Sie sind gebürtiger Gelsenkirchener und leben auch dort.
Aber aufgrund der sechs Jahre hier darf ich mich schon als Schermbecker bezeichnen. Ich lebe die Werte des Vereins und versuche, diese auch weiterzugeben.
Darf man Ihnen zudem eine Schalke-Liebe unterstellen?
Natürlich. Für mich gibt es im Profifußball nur Schalke, auch wenn die Zeiten gerade hart sind. Der Klub muss sich nun zusammenraufen und dieses eine Jahr irgendwie überstehen.
„Demütig bleiben uns sich zurücknehmen“
Der Lauf, den der SVS zurzeit hat, ist deutlich besser, sowohl sportlich, als auch infrastrukturell. Welche Perspektiven leiten Sie daraus ab?
Ich mag es, auch im Erfolgsfall demütig zu bleiben und sich ein wenig zurückzunehmen. Ich denke aber, dass wir mittelfristig mit dem Trainerteam und mit der Mannschaft, die hier zusammengestellt wurde, einiges erreichen werden. Die Mischung zwischen Jung und Alt stimmt, und die Spieler, die in dieser Saison dazugekommen sind, waren sofort super integriert und haben eine extrem hohe Qualität, um uns zu verstärken. Das war in den zwei, drei Jahren zuvor noch nicht der Fall. Zudem hat das Team eine überragende Mentalität. Wir gehen nicht in ein Spiel, um nicht zu verlieren, wir gehen ins Match, um zu gewinnen. Wir geben uns nicht mehr mit einem Unentschieden zufrieden.
Über Aufstieg „mal vorsichtig nachdenken“
Also muss man auch über den Aufstieg reden?
Über so etwas wie Aufstieg will ich überhaupt nicht sprechen. Erst wenn wir richtig gut aus der Winterpause kommen und unsere Leistungen nach wie vor abrufen sollten, darf man über so etwas mal vorsichtig nachdenken. Aber wir sollten uns diesbezüglich keinerlei Druck machen, auch wenn der Verein viele Voraussetzungen mitbringt, um eines Tages auch mal über die Oberliga hinaus zu einer Adresse zu werden.
Und wenn es dann im Mai nächsten Jahres heißt: Habitz köpft den SVS in die Regionalliga?
Dann wäre das ein Traum.