Marl. .
Ein Mann, ein Wort. Otto Becker steht zu Christian Ahlmann. Felsenfest. Das hat der Bundestrainer der Springreiter immer wieder betont. Christian Ahlmann weiß das, ließ keine Gelegenheit ungenutzt, Becker für die Unterstützung zu danken.
Während sich die Verbandsfunktionäre nach dem Doping-Verdacht bei den Olympischen Spielen 2008 reihenweise vom Marler Springreiter abwendeten, betonte Becker, dass er sich nicht in Verbandsangelegenheiten einmischen werde, sondern allein für die Beurteilung der sportlichen Qualitäten zuständig sei.
Und daran gibt es bei Ahlmann bekanntlich wenig auszusetzen. Der Marler ist nun nach zweijähriger Sperre zurück im Nationalteam, mit dem elfjährigen Hengst Taloubet Z für den Nationenpreis am Donnerstagabend in der Aachener Soers nominiert. „Wir hatten immer ein gutes Verhältnis. Aber die Rückkehr hat er sich ganz allein und hart erarbeitet“, sagt Becker.
In der Tat zählt der 36-Jährige wieder zu den Besten der Welt. Weltcupsieger im Mai, vor neun Tagen dann der Sieg bei der sechsten Etappe der Global Champions Tour in Estoril. Kurzum: es läuft.
„Ich kenne Christian sehr gut. Wir haben schon viele Schlachten gemeinsam geschlagen“, sagt Becker, der mit Ahlmann unter anderem Mannschaftseuropameister 2003 wurde und Bronze bei den Olympischen Spielen 2004 gewann. Oder verlor. Denn der deutschen Mannschaft wurde die Goldmedaille nachträglich aberkannt.
Im Blut von Ludger Beerbaums Pferd Goldfever wurden leistungssteigernde Mittel gefunden, Beerbaum wurde disqualifiziert. „Schon das war eine große Enttäuschung für Christian, aber auch gleichzeitig eine sehr wertvolle Erfahrung“, sagt der Bundestrainer.
Becker nennt Ahlmann einen „Teamplayer“, bezeichnet ihn als einen Reiter, der stets im Sinne der Mannschaft agiert. Becker stellt aber auch klar, dass der Marler nach seiner Rückkehr in die deutsche Auswahl keinerlei Sonderbehandlung erwarten könne.
„Ich merke Christian an, dass noch längst nicht alle Wunden verheilt sind. Erst kürzlich bei der Unterzeichnung der Athletenvereinbarung. Das wird dauern. Wir können ihm dabei nur Rückendeckung geben.“
Ahlmann sei ein „Gefühlsreiter“, ein Reiter, der im Parcours fast immer die richtigen Entscheidungen trifft. Ein Ausnahmereiter eben.
„Christian hat sehr viel gelernt, sich immens entwickelt. Damals im Audi Team bei Ludger Beerbaum, durch Championate, durch Erfolge. Ich habe das Gefühl, dass er aus der Doping-Geschichte gestärkt hervorgeht“, sagt Becker.
Ahlmanns Familie und Mäzenin Marion Jauß - sie hätten laut Becker den größten Anteil an dieser Entwicklung. Schließlich sind es Vater Georg Ahlmann und eben Marion Jauß, die mit akribischer Arbeit im Hintergrund die Voraussetzungen für die erfolgreiche Karriere schaffen. Die in Marl-Frentrop beheimatete Pferde-Flotte ist stark wie nie. Auf der modernen Anlage grasen gleich mehrere Hochkaräter sowie eine ganze Reihe von Pferden, die es werden können. „Nach dem altersbedingten Ausfall von Cöster hat Christian eine neue Truppe aufgestellt. Die Unterstützung, die er bekommt, ist fantastisch“, sagt Becker.
Läuft alles nach Plan, gehört Ahlmann auch im September zur deutschen Equipe, zur Mannschaft, die in Madrid um die Goldmedaille bei der Europameisterschaft reitet. Festlegen will und darf sich der Bundestrainer natürlich noch nicht. Ahlmann sei aber „ein sehr heißer Kandidat.“
Wie fast in allen Sportarten sei eben auch die Reiterwelt in den vergangenen Jahren wesentlich kleiner geworden. Europameister, Weltmeister oder Olympiasieger im Springreiten zu sein, das ist längt kein deutsches Privileg mehr. „Man muss viele Mannschaften auf der Rechnung haben. Die Holländer, die Amerikaner, die Iren“, erklärt Becker.
Die Reiterwelt allerdings jetzt auch wieder Christian Ahlmann.