Gelsenkirchen. Während Fußballer in Zehnergruppen trainieren dürfen, müssen sich andere Sportarten gedulden. Gelsensport setzt auf ein „individuelles Vorgehen“.

Die Schwimmerinnen und Schwimmer der SG Gelsenkirchenfühlen sich im Moment wie ein Kind, das ein Stück Schokolade vor Augen hat, aber nicht an die Leckerei herankommt. Die Schokolade ist in diesem Fall das Wasser des Gelsenkirchener Zentralbads. „Aus dem Kraftraum, in dem wir uns in zwei Kleingruppen zu Trainingseinheiten treffen, können unsere Athletinnen und Athleten genau auf das Schwimmbecken blicken. Die Sehnsucht, endlich wieder ins Wasser zu dürfen, ist groß“, sagt Michael Seeger.

Anders sieht es da beispielsweise bei den Fußballern aus. Sie dürfen schon länger wieder unter freiem Himmel trainieren und kommen der Normalität ab Samstag einen weiteren Schritt näher. Denn ab dann gelten auch in Gelsenkirchen die neuen Corona-Verordungen, die beispielsweise den nicht-kontaktfreien Sport im Freien ermöglicht. „Fußballer dürfen also beispielsweise wieder in keinen Gruppen und in Zweikämpfen trainieren. Allerdings dürfen das dann nicht mehr als zehn Personen sein“, erklärt Marco Baron, Geschäftsführer von Gelsensport. Er warnt allerdings auch: „Diese Gruppen dürfen dann aber nicht gemischt werden.“

Ihm ist bewusst, dass auch die neuen Verordnungen es Vereinen nicht gerade leichter macht. Selbst ihm sei noch nicht alles klar, „ob auch der Indoor-Sport mit Kontakt von maximal zehn Personen betrieben werden kann. Also beispielsweise Handball der sogar Judo. Das ist meiner Meinung nach nicht ganz eindeutig“, so Baron, der in dem Bereich noch um Klärung bemüht ist.

Individuelles Vorgehen

Klar ist hingegen: Umkleiden sowie sanitären Anlagen können, unter Beachtung der Abstands- und Hygieneregeln, zumindest auf vereinseigenen Anlagen wieder genutzt werden. Bei den Sportanlagen der Stadt Gelsenkirchen, also dem überwiegenden Teil der Außensportanlagen, sieht es ein bisschen anders aus: „Die werden wir nicht sofort freigeben. Wir werden das erst einmal mit den Vereinen absprechen. Bisher hat es gut geklappt, da individuell vorzugehen“, erklärt Baron.

Die Außensportanlagen blieben außerdem für die Öffentlichkeit auch weiterhin geschlossen. „Damit machen wir es den Vereinen etwas einfach, zu kontrollieren, wer auf den Gelände ist.“ Bei den kommunalen Sporthallen, also den Schulsporthallen, ist in Gelsenkirchen ebenfalls noch etwas Geduld gefragt. „Auch hier werden wir individuell prüfen und vorgehen“, sagt der Gelsensport-Geschäftsführer. Es werden also nicht alle Vereine in der kommenden Woche in die Sporthallen zurückkehren können.

Eine schwierige Grenze

„Die Grenze zwischen dem, was wir erlauben, und dem, was wir nicht gestatten, ist schwierig. Auch deswegen, weil wir noch keine Erfahrungswerte aus der Vergangenheit haben. Trotz der Lockerungen wird es jetzt nicht so sein, dass in ganz Gelsenkirchen wieder flächendeckend sämtliche Sportarten ausgeübt werden“, skizziert Thomas Kinner, Bereichsleiter von Gelsensport.

„Die Schulen haben bei der Nutzung Vorrang, außerdem muss ein Reinigungskonzept für die Halle vorliegen und dann sollten auch Vereine noch ein Hygienekonzept entwickeln. Dann prüfen wir und geben nach und nach Grünes Licht“, erklärt Baron. Einige wenige Vereine könnten in der nächste Woche mit einer Hallennutzung rechnen. Nach und nach würden dann andere folgen. „Wichtig finde ich, dass wir jetzt nichts überstürzen, sondern einen Moment länger nachdenken und überlegt vorgehen“, betont Baron.

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Die größte Herausforderung sieht er in der Organisation von Wettkämpfe: „Wenn Vereine jetzt einen Wettbewerb organisieren wollen, was ja für Freiluft-Sportarten wie etwa Tennis und Leichtathletik unter den neuen Vorgaben wieder möglich ist, dann müssen sie ein detailliertes Hygienekonzept erstellen und dem Gesundheitsamt vorlegen. Aber ich denke, da sind jetzt auch die Sportverbände gefragt.“

Erst prüfen und dann grünes Licht geben: Marco Barons
Erst prüfen und dann grünes Licht geben: Marco Barons © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Weit von Wettkämpfen entfernt sind die Schwimmer. Der Trainer der SG Gelsenkirchen wartet mit seinem Team aber nach wie vor auf grünes Licht seitens der Stadt. Gelsenkirchen ist einer von zwölf Landesleistungs-Stützpunkten im Schwimmen. „Die Anfragen laufen, aber noch müssen wir warten. Das ist natürlich umso bitterer, weil gerade an diesem Wochenende weitere Lockerungen im Sport- und Freizeitbereich in Kraft treten“, stellt Michael Seeger fest. Auch an diesem Samstag treffen sich Teamsprecherin Susanna Schumann & Co. wieder zum Krafttraining im Zentralbad und blicken auf die glatte Wasserfläche, die nur ein paar Meter entfernt auf ihre Benutzung wartet.

„Meine Schwimmerinnen und Schwimmer brauchen ein Ziel, auf das sie sich freuen können“, sagt Seeger, „im Grunde haben wir das Training seit Mitte März von rund 20 Wochenstunden auf Null herunterfahren müssen. Wir hängen aktuell im luftleeren Raum. Wir haben alles eingereicht, könnten alle Corona-Regeln und Abstände problemlos einhalten, aber es geht einfach nicht weiter.“

Hoffen auf die nächste Woche

Um zumindest ein Gefühl für das nasse Element zu bekommen, weichen die SG-Talente in Kleingruppen ins Essener Grugabad aus. Dort gibt es zumindest eine Schnellschwimmerbahn. Seeger: „Es geht einfach um das Wasser-Gefühl. Irgendwann drehen meine Schwimmer sonst durch. Im Moment sind alle ein bisschen nervös.“ Seeger hofft, „dass vielleicht nächste Woche bei uns wieder Schwimmtraining möglich ist.“ Dafür müsste die Stadt den Daumen nach oben recken.