Erle. In Erle ist derzeit der Erfolg zuhause. Sowohl beim Erler SV 08 als auch bei der Spvgg Erle läuft es fantastisch. Eine Bestandsaufnahme.

… aber in der Mitte liegt Erle! So lautete der Werbeslogan der Erler Werbegemeinschaft in den 1970er Jahren. Was damals, geografisch auf das Gelsenkirchener Stadtgebiet bezogen, durchaus stimmte und bis heute nicht an seiner Richtigkeit eingebüßt hat, sollte aus fußballerischer Sicht eigentlich umgetextet werden. „ … aber an der Spitze steht Erle!“ - so müsste es beim Blick auf die Tabellen der Bezirksliga, Staffel 9, und der Kreisliga A, Staffel 1, jetzt heißen.

In einer Saison, in der die meisten Amateurmannschaften aus Gelsenkirchen nicht durch besonders erfolgreichen Fußball auffallen, bilden die beiden Erler Klubs die glorreichen Ausnahmen. Der am Forsthaus beheimatete Erler SV 08 liegt in der Bezirksliga ganz vorne, mit neun Siegen aus neun Spielen. Und die Spvgg Erle 19 von der Oststraße führt das Kreis-Oberhaus mit zehn Siegen aus zehn Spielen an.

Wer nun glaubt, dass ein besonderer Zauberduft rund um die Cranger Straße weht und kickende Beine zu Höchstleistungen treibt, der irrt. Die aktuellen Erfolge der beiden Erler Mannschaften sind das Produkt harter und kontinuierlicher Arbeit, auf und auch außerhalb des Platzes. Das bestätigt Günter Zägel, der Vorsitzende der 19er, die saisonübergreifend jede der letzten 24 Partien gewinnen konnten. „Die Jungs sind sehr fleißig“, lobt er. Trainer Rainer Sowa bittet dreimal wöchentlich zum Training. Das ist für Kreisliga-Verhältnisse durchaus nicht der Standard. Die Trainingsbeteiligung der Veilchen ist dennoch ausgesprochen gut - wohlwissend, dass bei der Ausgeglichenheit des Kaders kein Spieler einen Erbhof hat.

Keine Zeit zum Ausruhen

„Jede Position ist doppelt besetzt“, sagt Rainer Sowa. „Niemand kann sich ausruhen.“ Der Zusammenhalt der Mannschaft, so stellt Klubchef Günter Zägel heraus, ist trotz des Konkurrenzkampfes sehr gut, wobei abzuwarten bleibt, ob das immer noch so sein wird, falls mal mehrere Spiele nicht wie gewünscht laufen sollten.

Rainer Sowa, Trainer der SpVgg. Erle, freut sich über den großen Konkurrenzkampf.
Rainer Sowa, Trainer der SpVgg. Erle, freut sich über den großen Konkurrenzkampf. © FotO: Felix Hoffmann

er dazu wollen es die Erler Veilchen gar nicht erst kommen lassen. Sie streben den Meistertitel in ihrer Staffel an und dann über das Entscheidungsspiel gegen den Meister der Staffel 2 die Rückkehr in die Bezirksliga nach langen 34 Jahren. In den vergangenen Spielzeiten sind die 19er stets knapp am Aufstieg gescheitert. „Irgendwann muss es ja damit klappen“, sagt Günter Zägel.

Selbst ein paar Hundert Meter weiter, am Forsthaus, gönnt man der Sportvereinigung den Aufstieg. „Die 19er haben es einfach mal verdient, nachdem sie so oft so nahe dran waren“, sagt Andreas Sasse, der Vorsitzende des Erler SV 08. Ein Erler Derby in der Bezirksliga - das wäre sicherlich eine feine Sache, aber wenn es nach Andreas Sasse geht, würde er darauf auch nach einem Aufstieg der 19er gerne verzichten. Denn: Mit seinen 08ern möchte er selbst gerne eine Etage rauf. In die Landesliga. Dort, wo der ESV 08 zuletzt in der Saison 2007/08 vertreten war.

Dreikampf mit FC Marl und Disteln

Derzeit deutet in der Bezirksliga alles auf einen Dreikampf der Erler mit dem FC Marl und dem SV Vestia Disteln hin. „Ich glaube, dass die Distelner die stärkste Mannschaft in unserer Staffel haben“, sagt Sasse. Dass sein eigener Klub nach neun Spielen immer über noch eine blütenweiße Weste verfügt, hat er nicht unbedingt erwartet. Das Saisonziel war, den fünften Platz des Vorjahres zu verbessern. Jetzt, wo es so außerordentlich gut läuft, möchten die Forsthaus-Buben ihre Chance beim Schopfe packen. „Wir wollen den Aufstieg anpacken. Dafür arbeiten wir“, betont Sasse. „Wenn wir es nicht schaffen sollten, geht auch nicht die Welt für uns unter.“

Dass die Ergebnisse bislang stimmen, begründet der ehemalige Mittelfeldspieler vor allem mit der gelungenen Transferpolitik. „Die Abgänge konnten wir gut kompensieren, die Zugänge haben sehr gut eingeschlagen“, führt er aus. „Menschlich sind die Neuen alles super Typen.“ Oder wie Trainer Hartmut Scholz hinzufügt: „Wir haben auch in der Breite an Qualität gewonnen. Wir können Ausfälle jetzt viel besser verkraften als noch vor einem Jahr.“

Wer weiß, vielleicht gibt es in Erle im kommenden Jahr eine zweifache Aufstiegsfeier: Der Erler SV 08 rückt in die Landesliga auf und die Spvgg Erle 19 in die Bezirksliga. Nur die ganz alten 08er und 19er, die noch vergangene Rivalitäten pflegen, würden es dem jeweils anderen Klub nicht gönnen. Ansonsten ist das Verhältnis der beiden Klubs sehr entspannt. Man hat in Erle erkannt, dass doppelte Freude auch gemeinsame Freude sein kann.