Gelsenkirchen. Über das Phänomen, dass viele neue Spieler auf Schalke eher schlechter statt besser werden. Erzählt am Beispiel von Mark Uth.
Was hatten sich die Schalker gefreut, als der Transfer perfekt gemacht wurde – und dann noch so zeitig ein halbes Jahr vor dem Vertragsbeginn. Am 9. Januar 2018 verpflichtete Schalke den damaligen Hoffenheimer Torjäger Mark Uth für die Saison 2018/19 und war sich sicher, damit einen Paukenschlag auf dem Transfermarkt gesetzt zu haben. „Mark Uth ist der derzeit torgefährlichste deutsche Angreifer der Bundesliga und wird unsere Optionen in der Offensive ab Sommer noch einmal deutlich verbessern. Wir freuen uns sehr, dass wir ihn für den FC Schalke 04 gewinnen konnten”, strahlte Manager Christian Heidel. Und als Mark Uth, kaum auf Schalke angekommen, auch noch zum Nationalspieler aufstieg, da schien die Rechnung aufzugehen.
Eine Saison später bleibt das Fazit: Pustekuchen! In 29 Pflichtspielen für Schalke erzielte der Stürmer gerade einmal vier Tore (nur zwei in der Bundesliga). Eine schlechtere Ausbeute hatte Mark Uth, der auch einige Jahre in den Niederlanden spielte, noch nie in seiner Profikarriere. Selbst wenn man berücksichtigt, dass der 27-Jährige auf Schalke zweimal von schweren Verletzungen zurückgeworfen wurde, waren seine Leistungen enttäuschend. Einmal nominierte ihn Ex-Trainer Domenico Tedesco aus sportlichen Gründen sogar nicht einmal für den Kader.
Die lange Liste der Flops
Mark Uth ist ein Paradebeispiel für ein Phänomen, von dem Schalke seit Jahren geplagt wird: Neue Spieler werden bei den Königsblauen viel zu oft immer schlechter statt besser. Erwähnt seien nur drei prominente Vorgänger:
- Roman Neustädter kam 2012 von Borussia Mönchengladbach, wurde zunächst als spielintelligenter Quarterback gefeiert, stieg in die Nationalmannschaft auf – und verschwand dann peu á peu in der Versenkung. Zuletzt spielte Neustädter in der Türkei.
- Kevin Prince Boateng kam 2013 als Star aus Italien vom AC Mailand, war ein Jahr das Gesicht von Schalke, ging in der zweiten Saison aber ein wie eine Primel und wurde am Ende suspendiert. Schalke war froh, ihn zum Jahreswechsel 2015/16 endlich los zu sein. Später wurde Boateng DFB-Pokalsieger mit Eintracht Frankfurt und bekam sogar einen Vertrag beim FC Barcelona.
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- Sidney Sam kam 2014 als Nationalspieler von Bayer Leverkusen, machte auf Schalke in zweieinhalb Jahren nicht ein einziges gutes Spiel und wurde dann nach Darmstadt und später zum VfL Bochum abgeschoben. Dort bekam er jetzt keinen neuen Vertrag und ist ab Juli womöglich vereinslos.
Die Liste ließe sich noch beliebig erweitern mit Namen wie Chinedu Obasi oder Franco di Santo oder diversen Leihspielern wie Raffael, Michel Bastos, Holger Badstuber oder Jan Kirchhoff. Sie alle kamen mit großen Erwartungen und floppten auf Schalke. Ganz zu schweigen von dem Sammelsurium an Spielern, das Christian Heidel in seinen drei Jahren zusammengestellt hat – unter seiner Regie kamen 26 Profis von fremden Vereinen.
Die Vorzeichen auf Schalke waren diesmal gut
Das Verflixte dabei: Vor der vergangenen Saison schien die Transferpolitik eigentlich unter einem guten Stern zu stehen - „es gab niemanden”, erinnert sich Vereinschef Clemens Tönnies, „der mir nicht zu den neuen Spielern gratuliert hat.” Nachdem Heidel sich in seinen ersten beiden Jahren gerne im Ausland bedient hatte, holte er in der Saison 2018/19 nur zwei Spieler, die den deutschen Fußball noch nicht kannten (Hamza Mendyl und Rabbi Matondo). Bei den meisten anderen schien es so wie beim eingangs erwähnten Mark Uth: Sie standen auch bei anderen Vereinen hoch im Kurs, entschieden sich aber für Schalke.
Salif Sané hätte angeblich auch zum BVB gehen können, Sebastian Rudy zu RB Leipzig. Nimmt man noch den zuvor bei Eintracht Frankfurt erfolgreichen Omar Mascarell hinzu, hatte Schalke zumindest vier Spieler verpflichtet, die auf Anhieb eine Verstärkung sein sollten. Doch keiner aus dem Quartett Uth, Sané, Rudy, Mascarell hat auf Schalke auch nur annähernd an seine Leistungen von früher angeknüpft.
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Ein Phänomen, mit dem Schalke seit Jahren zu kämpfen hat: Von anderen Vereinen verpflichtete Spieler werden hier nur selten besser. Die größte Ausnahme in diesem Jahrzehnt war Leon Goretzka, der 2013 als 18-Jähriger vom VfL Bochum kam und sich auf Schalke kontinuierlich über fünf Jahre bis zum Führungsspieler steigerte. Auf einem ähnlichen Weg scheint jetzt auch Alexander Nübel (kam 2015 aus Paderborn) zu sein. Ansonsten fallen einem von den Neuzugängen der jüngsten Jahre Daniel Caligiuri und Guido Burgstaller ein, die auf Schalke zumindest ihre erwartete Leistung abrufen konnten.
Der Ansatz einer Erklärung für das Schalker Dilemma
Woran das liegen könnte, dass so wenige Neuzugänge hier einschlagen, ist schwer zu sagen. Einen Erklärungsansatz liefert der langjährige Mainzer Kapitän Niko Bungert, der in der Schalker Knappenschmiede ausgebildet wurde: „Ich habe das Gefühl, dass ein großer Verein wie Schalke bei manchen jungen Spielern zu früh das Gefühl auslöst, er habe es geschafft“, sagte Bungert im Februar im WAZ-Interview und erklärte: „Namhafter Klub, ordentliches Gehalt, viele Fans, das große Stadion – das kann dazu verleiten, weniger Gas zu geben, weil gefühlt der Traum schon wahrgeworden ist.“ Bei kleineren Vereinen hingegen würden junge Spieler noch mal extra zehn Prozent obendrauf packen, um ihren Klub als Sprungbrett für Höheres zu nutzen.
Der Faktor Knappenschmiede mit Norbert Elgert
Die besten Erfahrungen hat Schalke am Ende immer noch mit den Spielern gemacht, die Norbert Elgert über die Knappenschmiede auf das Leben als Profi vorbereitet hat: Julian Draxler, Max Meyer, Joel Matip, Sead Kolasinac, Leroy Sané, Thilo Kehrer und zuletzt Weston McKennie sind Spieler, die ihren Marktwert auf Schalke gesteigert haben. Leider hat Schalke nicht immer Kapital daraus schlagen können, weil einige ablösefrei von der Fahne gingen (Matip, Kolasinac, Meyer).
Ein Trost für die Zukunft: Mit Ahmed Kutucu ist das nächste Talent im Anmarsch.