Mirik. Rainer Kauczor ist ein begeisterter Läufer. Ein einfacher Marathon reicht ihm jedoch nicht. Der Ausdauersportler braucht eine andere Herausforderung. Ich habe schon einige völlig abgedrehte verrückte Läufe gemacht. Aber noch nie im Gebirge, erklärt er. Es wurde Zeit, das zu ändern.

Den Worten ließ er nun Taten folgen und erfüllte sich den lang gehegten Wunsch, am 100-Meilen-Rennen im Himalaja teilzunehmen. "Ich habe vor vier Jahren davon in der Zeitung gelesen und war sofort begeistert." Aus beruflichen Gründen musste er seine Teilnahme bislang jedoch verschieben. Bis jetzt.

Im indischen Mirik begann für Rainer Kauczor und 40 andere Läufer aus insgesamt zwölf Nationen das Abenteuer. "Wir mussten nichts anderes tun, als fünf Tage lang durch den Himalaja laufen." Was harmlos klingt, war es bei Weitem nicht. Denn kaum hatten die Teilnehmer den Startort passiert "ging es bergauf, immer bergauf. Es ging überhaupt nur bergauf", berichtet der 60-Jährige.

Und das nicht auf gewöhnlichen Trampelpfaden. "Der Weg bestand aus Felsen, die so groß wie Medizinbälle waren." Bei jedem Schritt entlang der indisch-nepalesischen Grenze mussten die Sportler aufpassen, sich nicht zu verletzen.

Nach 33 Kilometern, für die die Läufer über sieben Stunden brauchten, erreichten die Sportler eine Verpflegungsstation. "Ein freundlicher Mann sagt mir, dass ich noch zwei bis zweieinhalb Stunden bergauf laufen müsste. Ich hätte heulen können", verrät Kauczor.

Er ahnte, was ihn fortan erwarten würde. "Ich konnte kaum mehr als 15 Meter weitergehen, ohne stehen zu bleiben und mich erschöpft auf meinen Trailstöcken abzustützen."

Nach zehn Stunden erreichte der Extremsportler das erste Etappenziel. Eine Hütte auf fast 3700 Meter Höhe und bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. "Dass es da oben keine Heizung gab, war extrem hart", sagt der 60-Jährige. Ähnlich kräftezehrend sollten auch die nachfolgenden Tage werden.

An Tag drei erwischte es Rainer Kauczor. Ein unachtsamer Schritt und der Läufer knickte auf dem rutschigen Boden um. "Der Fuß wurde sofort dick." Ohne Schmerzmittel und Bandage ("Der Arzt hatte keine in meiner Größe") setzte der Sportler den 100-Meilen-Lauf fort. Er biss redensartlich auf die Zähne und kam dem Ziel Schritt für Schritt näher. Nicht ohne Schmerzen, wie er hinterher einräumt. "Die Beine wollten nicht mehr. Die Muskulatur brannte wie Feuer."

Fast vergessen waren die Strapazen allerdings im Zielbereich. "Ich hatte Tränen in den Augen", verrät der Sportler, der die letzten Meter genoss, während am Streckenrand Schüler Fahnen schwenkten und Zuschauer applaudierten. "Das war ein traumhaftes Erlebnis", sagt Kauczor rückblickend. "Und auch ein extrem hartes."
Bei der Siegerehrung erlebte der Ausdauersportler eine schöne Überraschung. Die Nummer 26 der Gesamtwertung erhielt von Renndirektor Pandey eine besondere Auszeichnung: Rainer Kauczor belegte Platz eins bei den Senioren.