Velbert. . Das Buch „Handballhölle Bezirksliga“ von Daniel Duhr kommt nicht nur in der Amateurszene an. Auch namhafte Nationalspieler haben schon Exemplare
Der Abstieg in die Hölle als himmlisches Lesevergnügen. Ein paar Wochen vor Weihnachten, zu Zeiten des alljährlichen Kurzbooms im Buchhandel, brachte Daniel Duhr sein Erstlingswerk heraus: „Handballhölle Bezirksliga. Siebte Liga – Erste Sahne“, ein „grobes Foulspiel inmitten der Gesundheitsratgeber, Gedichtsammlungen und Groschenromane“, wie der frühere WAZ-Mitarbeiter und aktuelle Spieler des aus der Bezirksliga abgestiegenen TVD Velbert erklärt. Doch dem Charme der als Foul getarnten Liebeserklärung an den Amateur-Handball kann sich die Szene nicht entziehen — egal ob Kreisliga-Crack oder Nationalspieler. Weltmeister Henning Fritz hat das Vorwort geschrieben, auch Kultspieler Stefan Kretzschmar besitzt bereits ein Exemplar, das mit dem Satz wirbt: „Mach Dich bereit für die härtesten Seiten des Handballs.“ Der Autor war bereit für unser knallhartes Interview.
132 Seiten über siebtklassigen Handball – müssen wir das wirklich lesen?
Nein. Aber wer Handballer ist, Handball feiert und womöglich sogar über die Amateurhandball-Sprüche lacht, die derzeit Facebook und WhatsApp überfluten, der wird die Handballhölle lieben. Und sich und seine Mannschaftskollegen definitiv auch im ein oder anderen Kapitel wiederfinden. Ob als Kreisläufer – dem Steher unter den Läufern –, als Mittelmann – dem Dirigenten des unmusikalischen Orchesters – oder als Getränkewart – dem höchsten Amtsträger in der Mannschaft.
Vielleicht spiegelt sich das ja im Verkauf wider. Wie läuft es bislang?
Ich habe in den fünf Wochen, die das Buch jetzt auf dem Markt ist, rund 2.000 Bücher verkauft. Die ersten Bestellungen kamen aus meinem Freundeskreis, klar. Dann folgten Anfragen von „Handballbekannten“ hier aus der Umgebung – mittlerweile sind private Anfragen die Ausnahme und ich verschicke nach ganz Deutschland. Gerade sind zwei Anfragen aus Norderney und Österreich eingetroffen.
Und wie ist die Reaktion in der
Szene – von Bundes- bis Kreisliga?
Noch schöner als die Verkaufszahlen sind die Reaktionen bisher. Auf Amateurebene bekomme ich per Mail, per WhatsApp - vor allem aber über Facebook und Co. großen Zuspruch. Die Spieler finden sich in den Geschichten selbst wieder und genießen es, über „sich selbst“ zu lesen. Auch bei den Profis kommt das Buch bislang gut an. Michael Hegemann von Tusem Essen habe ich eins geschenkt, als ich dort ein Spiel geschaut habe. Aber auch Patrick Groetzky, Oli Roggisch und Stefan Kretzschmar haben mittlerweile ein Exemplar.
Kretzschmar ist eine Handball-Ikone. Auch für Sie?
Ich bin Kretsche-Fan und habe zugegebenermaßen einen Hang zu Kirmeswürfen. Ich mache lieber einen Dreher als acht Tore. Wer das Buch liest und mich kennt, wird merken, dass es insofern auch autobiografische Züge hat. Selbst habe ich es immerhin in die Landesliga geschafft. Aktuell spielen wir dagegen um den Wiederaufstieg in die Bezirksliga.
Henning Fritz, ihren Vorwort-Autor, werden Sie sicher auch schätzen. Wie kam die Verbindung zu Stande?
Ich durfte Henning vor einem Jahr interviewen. Er ist genauso sympathisch und locker, wie er früher auf dem Feld und heute als TV-Experte rüberkommt. Ein Riesentyp. Ich habe ihn einfach angesprochen und gefragt, ob er sich vorstellen könne, ein Vorwort zur Handballhölle zu schreiben. Und dann hat er einfach ja gesagt. Mittlerweile duzen wir uns. Ein komisches Gefühl, plötzlich einen Welthandballer zu duzen. Aber so sind sie, die Handballer: bodenständig und cool drauf.
Der Begriff „bodenständig“ ist eine schöne Überleitung zur Bezirksliga. Sie schreiben also über das wahre Leben eines Handballers?
Man könnte denken, ich erzähle Geschichten. Das Schreiben selbst hat deswegen aber auch so unfassbar viel Spaß gemacht, weil ich nichts dazu dichten musste. Denn es ist alles so oder so ähnlich passiert. Es ist das erste Buch auf dem Markt über niederklassigen Handball überhaupt. Über die Atmosphäre, die Faszination. Über Kameradschaft, Mannschaftsgeist und Himbeergeist.
Wie kam es zu diesem Projekt?
Mit dem Gedanken habe ich schon länger gespielt. Konkret ist es aber erst vor etwa eineinhalb Jahren geworden, als mein Vater, selbst Handballer und ein großer Lesefreund, schwer erkrankte. Das war ein großer Antrieb für mich. Ich wollte unbedingt, dass er mein Buch noch lesen kann. Das habe ich leider nicht geschafft. Aber ich glaube, er ist stolz auf mich.
Macht Bücher schreiben reich?
Leider nein. Fürs Korrigieren bekommt man heutzutage mehr Geld als fürs Schreiben. Für mich ist der Aspekt, selbst ein Buch geschrieben zu haben und vielen damit ein Freude zu machen, schon Lohn genug. Ich werde weiterhin darauf angewiesen sein, nach dem Training beim Würfeln zu gewinnen, um ein kostenloses Bier abzustauben. Es ist ja auch mein erstes Buch, ich habe das rein nebenberuflich, als Hobby, gesehen. Entsprechend habe ich das Werk selbst herausgebracht. Ohne die Hilfe eines Verlags.
Niemand hat Ihnen geholfen?
Doch! Henning Fritz. Ansonsten – alles alleine. Im Ernst: Ich hatte viele Helfer, denen ich sehr dankbar bin. Vom Lektor, über die Grafikerin bis zum IT-Profi für die Homepage – und viele Handballfreunde, die Probe gelesen haben
Wer hat das erste Exemplar bekommen?
Da haben sich viele drüber gefreut. Mein Lektor, mein erster Trainer, meine Frau, mein Chef und viele mehr. Glauben sie zumindest. Spaß beiseite: Das erste habe ich Vater am Grab vorgelesen. Und ich meine, ihn auch lachen gehört zu haben.