Oberhausen. Der DFB plant eine umfangreiche Reform im Jugendfußball. Markus Kaya, U19-Trainer von RWO, sieht die Pläne zum Teil kritisch.

Wann genau in der A-Junioren-Bundesliga für die U19 von Rot-Weiß Oberhausen wieder der Ball rollt, ist derzeit aufgrund des zweiten Corona-Lockdowns noch völlig offen. Nach den derzeitigen Reformideen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) könnte allerdings ab der Saison 2022/23 sowohl die A- und B-Junioren-Bundesliga als auch die C-Junioren-Regionalliga in ihrer jetzigen Form Geschichte sein. Das „Projekt Zukunft“ will stattdessen die Talentförderung und den klassischen Ligabetrieb umfassend reformieren.

Dabei, so erläutert Thomas Hüfner, Leiter des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) der Kleeblätter, seien die ersten Pläne bereits frühzeitig den Vereinen mitgeteilt worden. Einer, wenn auch nicht alleiniger Grund, war dabei die Weltmeisterschaft 2018 und das schlechte Abschneiden der DFB-Elf.

„Da steckt sehr viel Theorie dahinter"

Hüfner selbst sieht die Pläne grundsätzlich positiv, auch wenn er anmerkt: „Da steckt sehr viel Theorie dahinter. Wie groß der Nutzen wirklich sein wird und ob dadurch mehr Talente hervorgebracht werden, lässt sich erst in der Praxis erkennen.“

Nach Informationen des Kickers sehen die Pläne des DFB vor, die 56 offiziellen Leistungszentren ab der U14 aus dem bestehenden Ligensystem auszukoppeln und die herkömmliche Form der U17- und U19-Bundesliga aufzulösen. Stattdessen sollen in regionalen Gruppen „Entwicklungsspiele“ stattfinden und Talente nach ihrem biologischen Alter eingesetzt werden. Hüfner: „Grundsätzliches Ziel ist es, dass die Ausbildung des Spielers im Vordergrund gerückt wird, frei von Ergebnisdruck.“

Nachwuchsleistungszentren erst ab der U12

Ein weiterer Aspekt des DFB-Konzepts, so erklärt Thomas Hüfner, sehe vor, dass die Nachwuchsleistungszentren erst ab der U12 beginnen würden. „Das ist zum Beispiel eine Idee, die wir bei RWO begrüßen würden. Denn man sollte nicht schon zu früh Druck auf die Kinder ausüben. Das belastet dann auch den Kopf und die Seele, wenn man dann nicht in die nächste Mannschaft übernommen wird.“

Bis zur U17 sollen laut Kicker „Entwicklungsturniere“ über das Jahr verteilt ausgetragen werden, bei dem auch die besten Amateurklubs, also Vereine ohne ein NLZ, antreten können. Absteiger wird es demnach nicht geben, solange die Vereine die Anforderungen an den Leistungszentrum-Status erfüllen.

Fehlender Wettkampfcharakter

In der U19 wären die NLZ dann komplett unter sich, würden in einer Hinrunde in regionalen Gruppen spielen, danach auch auf bundesweiter Ebene, um letztlich einen Deutschen Meister zu ermitteln. Für Vereine ohne ein NLZ soll daneben eine Amateur-Meisterschaft ausgetragen werden.

Gerade hier stößt das DFB-Konzept auf Kritik. Markus Kaya, U19-Trainer der Rot-Weißen, sieht den Wettkampfcharakter als unablässig im Fußball an. Zumindest ab einem bestimmten Alter: „Entwicklungsspiele ohne Auf- und Absteiger sind bis zur U16 ja noch durchaus sinnvoll. Aber wenn es auch im U19-Bereich nur einen sehr schwammigen Wettkampf gibt, geht den Jungs doch etwas Essenzielles im Fußball verloren.“

Diskussion über fehlende „Typen“ im deutschen Fußball

Konkret meint Kaya damit: „Im Profifußball geht es nun mal in allererster Linie ums gewinnen oder verlieren. Die Frage, die sich für mich dann stellt: Welches Ziel vermittle ich den Jungs überhaupt, wenn es ja quasi egal ist, ob sie gewinnen oder verlieren?“

Dies, so Kaya weiter, würde auch im Widerspruch stehen zur derzeitigen Diskussion über fehlende „Typen“ im deutschen Fußball: „Wenn man davon spricht, dass es den Spielern immer mehr an Mentalität mangelt, wird dieses Konzept da nichts dran verändern. Ganz im Gegenteil.“

Was der 41-Jährige begrüßt, wäre den Begriff Bundesliga aus dem Jugendbereich zu streichen. „Das Wort Bundesliga in dem Alter den Jungs vor die Nase zu setzen, ist viel zu verführerisch. Denn es gibt einen gewaltigen Unterschied zu der Profi-Bundesliga, die ja nur ein geringer Prozentsatz an Jugendspielern letztlich erreicht.“

"Damit würde die Schere im Jugendfußball noch mehr auseinandergehen"

Auch Philipp Schwierske, U19-Trainer von Arminia Klosterhardt, betrachtet die Ideen des DFB trotz „guter Ansätze“ mit Skepsis. Er selbst arbeitete in verschiedenen Nachwuchsleistungszentren, wie bei RWO oder Schalke 04. Für einen Klub wie die Arminia, die kein NLZ besitzt, würde die Reform viele Nachteile bedeuten: „Allein der Begriff Amateur zu benutzen, um die Jugendteams voneinander abzugrenzen, die nicht in einem NLZ sind, halte ich für bedenklich. Damit würde die Schere im Jugendfußball noch mehr auseinandergehen.“

Zudem, so Schwierske weiter, würde diese Trennung dem Grundcharakter des Fußballs widersprechen: „Man will sich als Fußballer auch immer mit den bestmöglichen Teams messen, wenn man es sich sportlich erarbeitet hat. Dies wäre aber nach diesem Konzept zumindest in der U19 nicht mehr möglich.“

Pilotphase für April 2021 ist fraglich

Die A-Junioren der Klosterhardter hatten 2017/18 für eine Saison in der höchsten deutschen Nachwuchsklasse gekickt und nachhaltig davon profitiert. Schwierske: „Ein solcher Erfolg kann dir nochmal eine ganz andere Aufmerksamkeit verschaffen.“

Im April 2021 ist für die U17- und U19-Teams von Seiten des DFB eine erste Pilotphase vorgesehen. „Ob diese Corona-bedingt überhaupt stattfinden kann, ist allerdings fraglich. Zudem müssten die Pläne ja auch noch durch einen außerordentlichen DFB-Bundestag verabschiedet werden“, weiß Hüfner, dass die Pandemie-Krise den Jugendfußball, aber auch die DFB-Reform weiterhin beschäftigen werden.