Oberhausen. Marcel Dichter will Profi-Bodybuilder werden. Dafür trainiert der Oberhausener täglich und lässt sich auch von Rückschlägen nicht unterkriegen.

Hinter Marcel Dichter stecken anstrengende Wochen. Für seinen großen Traum vom Profi-Bodybuilder hat der Oberhausener zweimal täglich im Fitnessstudio die Gewichte gestemmt, geschwitzt und strengstens auf seine Ernährung geachtet. Schließlich kann jedes Gramm den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen. Für die erhoffte Profi-Karte hat es in diesem Jahr am Ende zwar noch nicht gereicht. Doch unterkriegen lässt sich der 29-Jährige davon nicht. Schließlich würde sich das mit seinem Lebensmotto unmöglich vereinbaren: Niemals aufgeben.

„Es geht immer weiter, egal wie hart das Leben zuschlägt“, zitiert Dichter dabei nicht von ungefähr aus einem der unzähligen Rocky-Filme. Denn ähnlich wie dem von Sylvester Stallone gespielten Boxer aus Philadelphia musste sich auch der in Alstaden aufgewachsene Dichter alles hart erarbeiten und Tiefpunkte überwinden. „Es gab nicht nur einen Moment, wo ich am Ende war“, erinnert er sich speziell an die Zeit von vor drei Jahren.

Eine Entscheidung fürs Leben

Eine Depression stürzte das Kraftpaket in eine schwere Lebenskrise, die ihn zu mehreren Selbstmordversuchen trieb. Als mit dem Tod seines besten Freundes Michael Kocikowski, der ebenfalls an Depressionen litt, eine wichtige Unterstützung wegbrach, traf Dichter eine lebensverändernde Entscheidung. „Michael und ich hatten uns gegenseitig versprochen, es wieder nach oben zu schaffen. Und dazu gehörte auch der Traum von der Profilaufbahn als Bodybuilder.“

Titelgewinn: Bei den Süddeutschen Meisterschaften setzte sich Marcel Dichter erfolgreich gegen seine Konkurrenten durch.
Titelgewinn: Bei den Süddeutschen Meisterschaften setzte sich Marcel Dichter erfolgreich gegen seine Konkurrenten durch. © Privat | Privat

Dabei war Sport für den Oberhausener schon seit seiner Kindheit unverzichtbar. Erst Fußball, dann mit 18 Jahren der Kraftsport, wobei aller Anfang schwer war. „Ich war immer der kleinste und dünnste während der Schulzeit“, erinnert sich Dichter, der 2012 an seinem ersten offiziellen Wettkampf teilnahm. „Zu Beginn willst du natürlich schnelle Erfolge sehen. Aber mit der Zeit merkt man: Geduld ist das A und O. Der Weg ist das Ziel.“

Titel als Süddeutscher Meister

2019 ist dabei das bisher erfolgreichste Jahr in Dichters Bodybuilder-Karriere. Während er es bei den Dennis Wolf Classics, den Westdeutschen Amateurmeisterschaften, in der Gewichtsklasse bis 89 Kilo und 1,79 Meter Körpergröße (Classic Physique B) bereits auf Platz zwei schaffte, landete der gelernte Speditionskaufmann schließlich bei der Süddeutschen Meisterschaft ganz oben auf dem Treppchen. „So einen hatten wir schon lange nicht mehr hier“, ist auch Peter Hülsender, Gründer von Peters American Gym, der ältesten Muckibude in NRW, begeistert.

Seit Jahren geht Dichter hier auf der Rolandstraße die Gewichte stemmen. „Hier ist man nicht einer von vielen, sondern Teil der Gemeinschaft“, schätzt er die dort gelebte Kameradschaft. Bewusst verzichtet er nämlich auf „Schicki-Micki“ und setzt lieber auf „Oldschool“. Denn im American Gym seien die Geräte viel effektiver als in den modernen Fitnesstempeln. „Der Muskel merkt das. Hier habe ich soviel an Qualität zugelegt, wofür ich woanders fünf Jahre gebraucht hätte.“

Der Trainer lebt in Katar

Solche Tipps verdankt er auch seinem Coach Mado Khaled, der nicht in Deutschland, sondern im weit entfernten Katar lebt. „Mindestens einmal im Jahr besucht er mich in Oberhausen und ansonsten gehen wir den Trainingsplan über Skype durch. Auf der internationalen Ebene geht das gar nicht anders“, so Dichter zur Distanzüberbrückung.

Wichtiger als Vorsätze ist die Leidenschaft dahinter

Zum bald anstehenden Jahreswechsel dürften sich viele Menschen bereits die einige Gedanken über die guten Vorsätze gemacht haben. Mehr Sport treiben wird da wieder bei einigen ganz oben auf der Liste stehen. „Eigentlich ist das schon die falsche Herangehensweise. Denn wer wirklich etwas ändern will, sollte jetzt beginnen und nicht erst am 1. Januar“, hält Bodybuilder Marcel Dichter eher wenig von solchen Neujahrsvorsätzen.

Dabei hat er einen einfachen Grundsatz für alle, die fitter werden wollen. „Es muss nicht immer das Fitnessstudio sein, um Kilos zu verlieren. Es gibt so viele Sportarten, die man ausprobieren kann. Wichtig ist der Spaß und immer mit dem Herzen dabei sein.“

Marcel Dichter selbst ist mit seiner eigenen Coachingfirma „King Size“ ab dem 1. Januar als Personaltrainer und Ernährungsberater online buchbar. Weitere Informationen gibt es unter: marcel.dichter@outlook.de.

Das tägliche Fotografieren und Filmen im Zeitalter von Facebook und Instagram gehören für Dichter ebenfalls dazu. „Es geht aber darum, die richtige Balance zu finden“, will sich der 29-Jährige nicht von „Likes“ abhängig machen. „Man muss zwischen Social Media und dem echten Leben unterscheiden. Wenn man im Internet nicht seine Authentizität wahrt, merken die Menschen sehr schnell, dass du ihnen nur etwas vorspielst.“

Wie eingangs erwähnt ist Dichter in diesem Jahr der Schritt zu den Profis noch nicht gelungen. Dafür hätte er bei den Dennis James Classic, einem Profi-Qualifikationsturnier der International Federation of Bodybuilding & Fitness (IFBB), gewinnen müssen. Somit sind es weiterhin noch zwei Schritte bis Mr. Olympia, dem größten aller Bodybuilder-Wettkämpfe.

Immer auch eine Frage der Tagesform

„Das zu schaffen kann zwischen fünf und zehn Jahren dauern. Oder eben nächstes Jahr“, will Dichter 2020 neu angreifen. Schließlich habe Bodybuilding auch immer etwas mit Objektivität zu tun. „Hier entscheidet nicht der Schnellste oder der, der die meisten Tore schießt. Klar gibt es Regeln, aber es ist auch immer eine Frage der Tagesform.“

In der wettkampffreien Zeit lässt es Dichter für seine Verhältnisse nun ein wenig ruhiger angehen und gönnt sich auch ernährungstechnisch ein wenig mehr Abwechslung. Schließlich können 500 Gramm Reis täglich einem irgendwann auch zum Halse raus hängen. Doch wirklich abschalten kann Dichter nicht, schließlich sei Bodybuilding kein simpler Zeitvertreib, sondern für ihn „eine echte Lebenseinstellung.“

Und dies gilt, um wieder bei Rocky zu landen, frei nach dem Motto: „Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist.“