Oberhausen. Die Sportredaktion wirft einen Blick zurück: Auf ein Jahrzehnt, indem es bei Rot-Weiß Oberhausen viele Tiefs, aber auch Feiertage gab.

Im Fußball geht alles sehr schnell. Dass bekam auch RW Oberhausen im vergangenen Jahrzehnt wiederholt zu spüren. Gestartet als Zweitligist, ging es nach zwei Abstiegen runter in die Regionalliga West, wo die Kleeblätter die Hinserie 2019/2020 auf Platz vier beenden. Eine turbulente Dekade liegt also hinter RWO, in der Absturz, Stagnation, aber auch Hoffnung auf bessere Zeiten Hand in Hand gingen.

Das Jahrzehnt begann für RWO, wie das alte aufgehört hatte. Mit einer Niederlage. In der Alten Försterei musste sich das Team des damaligen Trainers Jürgen Luginger Union Berlin mit 0:1 geschlagen geben. Zwei weitere Schlappen folgten, die Luginger den Job kosteten. Sein Nachfolger, gleichzeitig sein Vorgänger und zweifacher Aufstiegstrainer, war der Sportliche Leiter Hans-Günter Bruns. Der damals 56-Jährige sollte mit dem 2:1-Erfolg bei seinem Trainercomeback gegen Hansa Rostock tatsächlich die Wende schaffen. Am Ende hielt RWO mit Rang 14 ein zweites Mal in Folge die Klasse.

Am 21. Mai 2018 kannte der Jubel im Stadion Niederrhein keine Grenzen: Nach 20 Jahren hatte RWO mal wieder den Niederrheinpokal gewonnen.
Am 21. Mai 2018 kannte der Jubel im Stadion Niederrhein keine Grenzen: Nach 20 Jahren hatte RWO mal wieder den Niederrheinpokal gewonnen. © FUNKE Foto Services | Micha Korb

Auch in der neuen Spielzeit stand Bruns an der Seitenlinie. Die begann gleich mit einer Enttäuschung, als beim Fünftligisten Viktoria Hamburg (0:1) bereits in der ersten DFB-Pokal-Runde Schluss war. In der Liga lief es dagegen zunächst besser, 13 Punkten lautete die Ausbeute aus den ersten sechs Partien. Doch in den folgenden 16 Spielen folgten nur zwei weitere Dreier, weshalb Bruns nach dem 1:3 beim VfL Osnabrück am 20. Februar 2011 seinen Hut nehmen musste – wohlgemerkt auf einem Nichtabstiegsplatz. Eine Entscheidung, die bei den RWO-Fans auf geteiltes Echo stieß.

Ende der Malocherschicht-Ära

Nur einen Tag später wurde mit Theo Schneider ein neuer Trainer präsentiert, der den Abstiegsstrudel der Rot-Weißen aber nicht mehr aufhalten konnte. Mit dem 1:3 am letzten Spieltag bei Energie Cottbus war der Abstieg nach drei Jahren zweiter Liga besiegelt. Was folgten, waren Tränen im Stadion der Freundschaft und die Erkenntnis, dass mit dem Abstieg die Ära der legendären Malocherschicht beendet war.

Zum Unglück für die RWO-Fans hielt der Negativlauf weiter an, so dass für Schneider bereits im Oktober 2011 das Ende an der Lindnerstraße kam. „Trainerentlassungen sind nie eine schöne Sache, aber das musste jetzt sein“, kommentierte Präsident Hajo Sommers die Entscheidung. Der neue Mann sollte „jung, dynamisch, erfahren und bezahlbar sein“. Es wurde letztlich Ex-Profi Mario Basler.

Der Europameister von 1996 kam mit großen Ambitionen an die Lindnerstraße und sorgte zumindest kurzzeitig für Aufbruchstimmung. Doch es blieb für die Rot-Weißen eine verkorkste Saison, die mit 1:2 gegen Jahn Regensburg am 28. April 2012 mit dem logischen Abstieg endete. Fast genauso schmerzhaft verlief auch kurz darauf das Halbfinale gegen Hönnepel-Niedermörmter im Niederrheinpokal, das mit 5:6 nach Elfmeterschießen im Stadion Niederrhein verloren ging.

Pokal-Triumph nach 20 Jahren

Hajo Sommers über die Saison und den Lizenzantrag

RWO-Präsident Hajo Sommers ist mit dem Abschneiden der Regionalliga-Mannschaft mit 35 Punkten und Platz vier nach der ersten Halbserie durchaus zufrieden. Zwar hätten es auch „gerne drei Punkte mehr sein können, doch insgesamt finde ich uns auf dem vierten Platz gut aufgehoben.“ Dabei macht Sommers auch deutlich, dass sich das Team von Mike Terranova vor niemanden in der Liga verstecken muss. „Wir sind die, die den anderen Angst machen können.“

Ein möglicher Lizenzantrag sei „in der Mache“, wie Sommers weiter berichtet. „Ich sitze am 2. Januar mit dem Wirtschaftsprüfer fünf Stunden zusammen und wir gehen durch, was wir machen müssen.“ Dieser würde dieses Mal deutlich einfacher werden, da „nicht wieder sieben Jahre aufgearbeitet werden müssten, wie das letzte Mal.“ Doch eines weiß Sommers ganz genau: „Vor dem Aufstieg liegt der sportliche Erfolg und davor steht unheimlich viel Arbeit.“

Überhaupt war die Beziehung zwischen RWO und dem Niederrheinpokal vor allem gegen Ende des Jahrzehnts keine leichte. Nur ein Jahr später, nun in der Regionalliga und nach dem Ende der Basler-Ära unter der Regie von Peter Kunkel, stand RWO im Endspiel.

Gegner waren die Sportfreunde Baumberg, die in der Nachspielzeit durch einen Patzer von RWO-Keeper Thorben Krol das sicher geglaubte Ticket für die erste DFB-Pokal-Runde noch aus der Hand gaben. Erst 2018, genau 20 Jahre nach dem letzten Triumph, gewannen die Rot-Weißen mal wieder den Nieder-rheinpokal. Mit der neuen Revierkraft-Tribüne im Rücken siegte RWO in einem umkämpften Finale gegen RWE mit 2:1.

Auf Kunkel folgt Zimmermann

Unter Peter Kunkel wurden die Rot-Weißen in der Saison 2013/14 Dritter und bestachen vor allem in der Rückrunde durch Einsatzwille und Spielfreude. Stolze sechs Plätze vor RWE. Es sollte nicht das einzige Mal in diesem Jahrzehnt sein, dass RWO vor dem Rivalen stand. Während Kunkel nach dieser Spielzeit zurück zur U23 der Kleeblätter ging, übernahm Andreas Zimmermann das Ruder.

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Zwei komplette Spielzeiten blieb Zimmermann an der Seitenlinie. Mit Platz vier (2014/15) und fünf (2015/16) waren die Endplatzierungen zwar durchaus ordentlich, wirklich am Aufstieg schnupperte sein Team aber nie.

Nachdem Zimmermann im Frühjahr 2016 seinen Vertrag um zwei Jahre verlängert hatte, beurlaubte RWO seinen Übungsleiter nach einem miserablen Start mit vier Pleiten zum Auftakt. Auf dessen Nachfolger, dem bisherige U23-Coach Mike Terranova ruhten nun die Hoffnungen der RWO-Fans auf bessere Zeiten. In der Tat setzte „Terra“ neue Reizpunkte, am Ende stand Platz vier auf der Habenseite.

Großer Gänsehaut-Moment

Einer, vielleicht der Gänsehaut-Moment des Jahrzehnts: Alexander Scheelens Siegtreffer zum 2:1 gegen den Wuppertaler SV.
Einer, vielleicht der Gänsehaut-Moment des Jahrzehnts: Alexander Scheelens Siegtreffer zum 2:1 gegen den Wuppertaler SV. © FUNKE Foto Services | Micha Korb

Nach dem Gewinn des Niederrheinpokals schrammte RWO nur knapp am Aufstieg vorbei, wobei die Kleeblätter über die gesamte Saison 2018/19 extreme Nehmerqualitäten bewiesen, was sich besonders in der Person von Alexander Scheelen widerspiegelte. Der zwischenzeitlich an Krebs erkrankte Mittelfeldmann kehrte nach seiner Gesundung zurück ins Team und sorgte mit seinem 2:1-Siegtreffer gegen den Wuppertaler SV für einen Gänsehaut-Moment, der noch lange in Erinnerung bleiben sollte.

Zwar blieb das Happy End mit dem erhofften Aufstieg in die 3. Liga wie angesprochen letztlich aus, doch auch in der aktuellen Spielzeit spielt RWO bisher eine vielversprechende Runde. Vielleicht der Grundstein für ein Jahrzehnt, das irgendwann als die „Goldenen Zwanziger“ in die Vereinsannalen eingehen wird…