Oberhausen. Im Nachwuchsleistungszentrum von RWO arbeitet seit zwei Jahren der Pädagoge Wilfried Leitner. Er bietet ein besonderes Beratungsangebot an.
Profi-Fußballer werden – für viele Kinder und Jugendliche ist es der große Traum. Auch im Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) von Rot-Weiß Oberhausen ist dies nicht anders. Dahinter steckt oft ein steiniger Weg, der nur in den seltensten Fällen zum erhofften Ziel führt. Leistungsdruck auf der einen Seite, die schulische Ausbildung und die Herausforderungen des Heranwachsens auf der anderen Seite. „Da kann es schon mal eng werden, auch vom Kopf her“, weiß Wilfried Leitner, der seit August 2017 als Sozialpädagoge für den Regionalligisten fungiert.
Dabei richtet sich das Beratungsangebot des 63-Jährigen nicht allein an die Spieler, sondern an alle, die mit dem NLZ zu tun haben. Seien es Trainer, Mitarbeiter oder auch die Eltern. „Es geht mir darum, Mut zu zusprechen, aber auch im richtigen Moment zu bremsen, um entspannt auf dem Weg zu bleiben“, sagt der gebürtige Oberhausener, der solche Erschöpfungszustände schon einige Male in den vergangenen zwei Jahren beobachtet hat. „Was nicht bedeutet, dass wir hier besonders anfällig wären. Dies ist einfach dem enormen Aufwand geschuldet, der hier geleistet wird.“
„Für RWO war das ja auch Neuland“
Dabei war es nicht nur für den gelernten Diplomsozialarbeiter und Familientherapeuten eine Umstellung, nicht mehr wie zuvor bei einem großen Unternehmen wie Opel oder der Deutschen Bahn zu arbeiten, sondern für einen Fußballklub. „Für RWO war das ja auch Neuland.“ Schließlich gilt für viele Fußball als „Männersport“, der im harten Konkurrenzkampf keinen Raum für Schwächen zulässt. „Natürlich gibt es Skepsis. 22 Mann im Kader, jeder will spielen. Das bedeutet Wettbewerb und Konkurrenz.“
Um Vertrauen aufzubauen, hält sich Leitner bewusst bedeckt, ist bei vielen Spielen vor Ort und lässt die Akteure so wissen, dass er für sie da ist. „Ich sehe mich eher im Hintergrund. Und die Spieler registrieren das sehr wohl und werden dann neugierig.“ Dabei geht es in den Gesprächen selbst gar nicht allein um Existenzängste. „Ich bin für jedes Thema offen. Und selbst, wenn man einfach nur reden will.“
„Die funktionieren nicht wie Maschinen“
Manch einem Spieler mangelt es vielleicht an Disziplin. Auch da geht Leitner auf Ursachenforschung, hakt aber auch gleich ein. „Manchmal muss man auch die Trainer etwas bremsen. Das sind alles nur Kinder und Teenager. Die funktionieren nicht wie Maschinen.“ Schließlich soll laut Ausrichtung des Pädagogen erst der Mensch, dann der Sport im Zentrum stehen.
So sieht es auch NLZ-Leiter Thomas Hüfner, der seit der Gründung 2011 auf der Emscherinsel dabei ist. „Leistungsdruck lässt sich nicht verhindern, besonders nicht, wenn man stetig professioneller wird. Doch trotz dieser Professionalität ist uns der familiäre Charakter eminent wichtig.“
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Dabei sehen Hüfner als auch Leitner einen Unterschied zwischen dem NLZ der Kleeblätter und dem eines Bundesligisten. „Je größer der Klub, desto größer das Interesse, die Spieler nach oben zu bringen. Wir können dagegen geduldiger sein“, so Leitner. Denn neben der reinen fußballerischen Ausbildung soll bei den Rot-Weißen keine Scheinwelt aufgebaut werden, die die jungen Spieler davon abhält, auch mit den normalen Dingen des Alltags zu Recht zu kommen.
„Wir haben hier zwar deutlich weniger, aber manchmal ist weniger mehr“
„Verhätschelt wird hier keiner“, macht Thomas Hüfner deutlich. „Der Fußball findet für viele nur unter einer großen Käseglocke statt. Doch leider schaffen es nur sehr wenige in den Profibereich. Und wir sehen es als unsere Aufgabe, den Jungs auch soziale Kompetenzen mitzugeben.“
Auch empfiehlt Hüfner, dass Eltern ihre Kinder nicht zu früh bei einem Nachwuchsleistungszentrum anmelden sollen. Erste Anlaufstelle sollte lieber ein kleinerer Verein sein, bevor es dann zu RWO geht. „Aus diesem Grund haben wir auch vor der Saison unsere U9 abgemeldet und denken darüber nach, dies auch bei der U10 zu tun.“
Diesem Vorsatz schließt sich auch Hüfner an, wobei er eines ganz deutlich macht: „Wir haben hier zwar deutlich weniger, aber manchmal ist weniger mehr. Dennoch wollen wir den Jungs ihren Traum vom Profifußballer nicht nehmen. Es geht nur darum, über den Tellerrand hinaus zu schauen.“