Die Zahlen klingen beeindruckend: 238 Kilometer Streckenlänge, mehr als 100 davon führen bergauf, vier Passstraßen, bis zu 18 Prozent steil, der höchste Punkt liegt auf über 2500 Metern. Willkommen beim Ötztaler Radmarathon in den Tiroler Alpen!

Rund um den Wintersportort Sölden quälen sich an diesem Sonntag 5000 Sportbegeisterte mit ihren Rennrädern die Alpenpässe hinauf – unter ihnen Jan Ullrich und der Mülheimer Dietmar Kaufmann. Der 56-Jährige nimmt zum zweiten Mal an dem Hobby-Radrennen im Ötztal teil. Im vergangenen Jahr benötigte er für die Strecke rund elf Stunden. Sein Ziel für diese Ausgabe: Er würde gerne unter der magischen Grenze von zehn Stunden bleiben.

Harte Aufgaben warten da auf Kaufmann in den Ötztaler Alpen. Wenige Kilometer nach dem Start in Sölden steht bereits der erste Anstieg auf dem Programm. Die Straße hinauf ins Kühtai (2020 Meter) ist bis zu 18 Prozent steil. „Da gilt es sich seine Kräfte gut einzuteilen, um nicht schon am ersten Berg platt zu sein“, sagt Kaufmann. Dann folgt die Abfahrt nach Innsbruck, bevor es 39 Kilometer wieder bergauf zum Brennerpass (1377 Meter) und hinüber nach Südtirol geht. Der nun anstehende Jaufenpass (2090 Meter) birgt vor allem in der Abfahrt seine Schwierigkeiten: Die Straße ist eng und kurvig, ihr Zustand schlecht.

Die größte Herausforderung wartet aber zum Schluss: Der fast 30 Kilometer lange Anstieg zum Timmelsjoch auf 2509 Metern Höhe. Ein wahrer Giganten-Pass der österreichischen Alpen steht dort im Weg, bevor es wieder hinunter zum Ausgangspunkt in Sölden geht.

Warum macht man diese Quälerei freiwillig mit? „Diese Fragen wird natürlich oft gestellt“, sagt Kauf-mann. „Es ist anstrengend, aber es macht auch unheimlich Spaß. Die Atmosphäre ist toll, man hat beim Anstieg Zeit die wunderbare Land-schaft zu genießen. Die Abfahrt sorgt für einen richtigen Kick. Außerdem kommt man mit vielen Leuten in Kontakt, wir fahren als kleine Gruppe nach Sölden.“ Um das alles wirklich als Genuss wahrnehmen zu können, ist viel Training die unbedingte Voraussetzung. 9000 Kilometer ist Kaufmann in diesem Jahr schon gefahren, hat bereits Rennen im Sauerland und in Italien absolviert. Zuhause spult er seine Kilometer entweder am Niederrhein ab oder Kaufmann nutzt die hügelige Landschaft rund um Velbert und Hattingen, um einige Höhenmeter zu machen.

Die Ehefrau wies den Weg

Zum Radsport brachte ihn seine Frau, die selbst als Triathletin aktiv ist. Zuvor hatte er 30 Jahre lang Fuß-ball gespielt. Erst widmete er sich dem Laufen und nahm an mehreren Marathons teil. Seit zehn Jahren sitzt Kaufmann nun auf dem Rennrad. „Das ist deutlich gelenkschonender“, sagt der Hobbysportler. Beim Ötztaler Radmarathon warten nun keine Verteidiger und Torhüter mehr auf ihn, sondern satte Steigungsprozente und abenteuerliche Haarnadelkurven.