Mülheim. .
Seit einiger Zeit trifft man wieder vermehrt Menschen, die sich die Nase putzen, deren Augenlider geschwollen sind oder die schlecht Luft bekommen – obwohl sie nicht an einer Erkältung oder Bronchitis leiden. Ihre gesundheitlichen Beschwerden sind vielmehr durch eine Allergie verursacht.
Jede Allergie spielt sich im Immunsystem ab: Dringen Fremdstoffe (= Antigene) in den Organismus ein, bildet das Immunsystem Antikörper. Diese reagieren mit den Antigenen und aktivieren bestimmte weiße Blutkörperchen. Dabei handelt es sich um eine an sich normale Reaktion, die jeden Menschen vor Infektionen schützt. Das Abwehrsystem von Allergikern reagiert allerdings extrem stark auf den Kontakt mit Fremdstoffen – und dies selbst dann, wenn es sich dabei um Stoffe handelt, die – anders als Krankheitskeime – eigentlich keine Gefahr für die Gesundheit darstellen. Es befinden sich dann ungewöhnlich große Mengen Antikörper im Blut, die weißen Blutkörperchen reagieren extrem und es werden Gewebshormone freigesetzt, die vor allem an Schleimhäuten von Auge, Nase, Bronchien oder Darm zu heftigen Reaktionen führen. Jeder Stoff in der Umwelt kann im Prinzip Auslöser einer Allergie sein. In diesem Beitrag stehen Pollen als Ursache für Allergien im Fokus, die gerade auch für viele Sportlerinnen und Sportler mitunter starke Beeinträchtigungen bedeuten.
Inwieweit jemand, der an einer Pollenallergie leidet, „ganz normal“ Sport treiben kann, hängt nach Aussage von Dr. Martin Schulz, Pneumologe und Allergologe aus Mülheim, entscheidend davon ab, ob der Betroffene asthmatische Beschwerden entwickelt oder „nur“ den klassischen Heuschnupfen („Pollinosis“) bzw. ob er (medikamentös) behandelt ist oder nicht. Ursache für Heuschnupfen sind Blütenstaubteilchen (= Pollen) von Bäumen, Sträuchern, Gräsern und Getreide sowie von Kräutern. Geraten die Pollen auf die Schleimhäute, wird bei Pollen-Allergikern eine Immunreaktion ausgelöst, die eine Rötung, das Tränen und Jucken der Augen, Niesreiz, eine verstopfte oder laufende Nase sowie Kopf-schmerzen oder eine erhöhte Lichtempfindlichkeit zur Folge hat.
Nach Angaben von Dr. Martin Schulz, Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde sowie für Allergologie, sind im Verlauf ihres Lebens etwa 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung von Heuschnupfen betroffen. Bei einem Drittel von ihnen bleibt die Krankheit nicht auf die oberen Atemwege beschränkt, sondern sie weitet sich mit der Zeit auf die tieferen Atemwege (die Bronchien) aus – ein allergisches Asthma bronchiale, eine Erkrankung der Atemwege, ist die Folge. Bei diesen Menschen reagieren die Bronchien auf bestimmte Reize, wie beispielsweise eben Pollen, überempfindlich. Die Folge: Sie verkrampfen und verengen sich, so dass der Betroffene die eingeatmete Luft nicht mehr richtig ausatmen kann und unter Atemnot leidet.
Bei Heuschnupfen-Patienten bzw. vergleichsweise schwacher Ausprägung der Symptome kann mitunter schon eine lokale Therapie Linderung verschaffen, d.h. der Betroffene verwendet ein Anti-Allergikum für die Nase, die Augen, mit dem die entzündlichen Schleimhautschwellungen behandelt werden. Darüber hinaus stellt die Einnahme von Allergietabletten eine Möglichkeit dar, um Beschwerden zu reduzieren. „Sobald aber gewissermaßen ein Etagenwechsel stattfindet und die Schleimhäute der Bronchien betroffen sind, al-so Asthma vorliegt, müssen andere Maßnahmen ergriffen werden“, gibt Dr. Martin Schulz zu bedenken.
Wer beim Sporttreiben zum Beispiel ein Engegefühl in der Brust verspürt, wer bemerkt, dass seine Leistungsfähigkeit stark eingeschränkt ist oder wer ständig husten muss, der sollte unbedingt einen Lungenfacharzt aufsuchen, der den Betroffenen eingehend untersucht, berät und weitergehender behandelt“, erläutert der Mediziner. Er empfiehlt seinen Patienten in der Regel Sprays, mit denen zum einen die Entzündungsreaktion in den Bronchien unterdrückt wird und die zum anderen die Bronchien weiten. „Sofern der Betroffene symptomfrei ist, kann er gut Sport treiben“, macht Dr. Martin Schulz selbst Allergikern mit starken Beschwerden Mut. Er rät ihnen allerdings dazu, ein sogenanntes „Peak-Flow-Meter“ mit sich zu führen – speziell bei körperlichen Aktivitäten. Dabei handelt es sich um ein Messgerät, das dem Anwender Auskunft darüber gibt, wie kräftig der Luftstrom aus seinen Lungen – und damit die Weite der Atemwege – ist. „Bleibt der Wert während der Sportausübung annähernd gleich, steht der Fortsetzung der körperlichen Aktivität nichts im Wege“, sagt der Experte.
Zwar sind Pollen-Allergiker, die an der frischen Luft ihrer Sportausübung nachgehen, besonders gefährdet, doch „der Pollenflug macht auch vor der Halle nicht Halt“, wie Dr. Martin Schulz betont. Vorteilhaft sind für Pollenallergiker grundsätzlich eher Sportarten mit Intervall-Belastung, z. B. Ballspiele, sowie Sportarten in einer „feuchten Umgebung“ (Schwimmen, Segeln, Surfen). Zur Zeit des höchsten Pollenflugs sollten Allergiker körperliche Anstrengung – und insbesondere Ausdauersportarten – im Freien vermeiden, da durch die damit verbundene intensive Atmung die Pollenaufnahme erhöht wird.
Wer unter starken Beschwerden, insbesondere asthmatischen, leidet, der sollte sich einer Hyposensibilisierung, einer spezifischen Immuntherapie, unterziehen. „Dabei ist es wichtig, mit dieser bereits in einem frühen Alter zu beginnen, damit erst gar kein Asthma entsteht“, so Allergologe Dr. Martin Schulz. Bei der Hyposensibilisierung wird dem Allergiker das ent-sprechende Allergen in allmählich steigender Dosierung zugeführt. Verbunden ist damit das Ziel, ihn eben dagegen abzuhärten.
Grundsätzlich gilt: Jeder, der in den „problematischen Phasen des Jahres“ Sport treibt, sollte – wenn er an asthmatischen Beschwerden leidet – genau in sich hineinhorchen, seinen Körper beobachten und umgehend einen Arzt konsultieren, sobald er ungewöhnliche Reaktionen bemerkt.