Nur wenige Tage noch, dann verliert nicht nur der Ortsteil Speldorf, sondern der Mülheimer Fußball eine sportliche Kultstätte. Das Stadion am Blötter Weg wird abgerissen und in Baugelände verwandelt. Am 30. Mai, Schlusstag der NRW-Liga, trägt der VfB Speldorf auf diesem Rasen sein letztes Pflichtspiel aus.

Wohl kaum hätte ein Autor das letzte Kapitel der Biografie „100 Jahre Fußball am Blötter Weg“ spannender schließen können als es nun der Zufall bescherte. Denn der VfB (Diebels-Niederrheinpokalsieger 2009) empfängt bei seinem letzten Auftritt auf sporthistorischem Boden den ETB Schwarz-Weiß Essen (Diebels-Niederrheinpokalsieger 2010), der 1959 mit dem ehemaligen Speldorfer Stürmer Theo Klöckner und dem späteren VfB-Coach „Kalla“ Mozin sogar DFB-Pokalsieger war.

Aller guten Dinge sind drei. Als Erich Starkgraf, der 1. Vorsitzende des am 19. Januar 1919 gegründeten VfB Speldorf, sich um ein Spielgelände bemühte wurde dem Neuling unter den Mülheimer Turn- und Sportvereinen von der Stadtverwaltung die Genehmigung erteilt, den Trainings- und Spielbetrieb auf der Rennbahn am Raffelberg durchzuführen. Allerdings war die aufzubringende jährliche Pacht in Höhe von 250 Mark für damalige Verhältnisse kaum erschwinglich. Außerdem mussten vor jeder Benutzung die mitgebrachten Tore zunächst auf- und später wieder abgebaut werden.

Doch Not macht erfinderisch. So planierten die Spieler und Mitglieder an der Saarner Straße das Gelände der Ziegelei Kloster und schufen in mühevoller Eigenarbeit einen Sportplatz. Die Jahr um Jahr sich steigernde Spielstärke der 1. Mannschaft, der Zustrom an Jugendlichen und die wachsende Mitgliederzahl zwangen aber zum erneuten Umzug. Bei der Suche nach einer geeigneten Spielstätte fiel die Wahl auf ein Areal am Blötter Weg, das bereits 1909 dem BV Rheinland Speldorf als Fußballplatz diente.

„Der Geist, mit die Herrichtung dieser Platzanlage in Angriff genommen wurde, übertrug sich gleichsam auf alles und alle mit dem VfB irgendwie Verwachsenen. Selbst die letzte Nacht vor der Eröffnung wollte das Hämmern an der Umzäunung schier kein Ende nehmen“, erinnerte sich Hermann Toenges in einer Festschrift. Fritz Buchloh, Mülheims promintester Fußballer und 1926 vor seiner Entdeckung als Torwart noch Verteidiger in einer Jugendmannschaft, behauptete sogar: „Nie mehr danach war die Gestaltung des Platzes so sehr das Werk eines jeden einzelnen Mitglieds, das hier seine Stunden in freiwilligem Einsatz ableistete.“

Die Platzeinweihung am 1. Mai 1926 ging mit einem 2:0-Sieg über SC Osterfeld in die Vereinsgeschichte ein, Johann Kellermann war mit seinen Treffern am Blötter Weg der erste Torschütze. Wer wird als letzter Torschütze historische Bedeutung erlangen?

Mit dem anhaltenden Aufschwung der 1. Mannschaft und den Aufstiegen stieg automatisch der Anspruch auf bessere sportliche Bedingungen Da die südwärts stark abfallende Spielfläche „egalisiert“ wurde, fand der frei werdende Boden bei der Errichtung von Zuschauerwällen Verwendung. Um den Spielern beider Mannschaften den weiten Weg vom Vereinslokal Lohberg zu ersparen, entstand zur gleichen Zeit auf der Platzanlage das erste Klubhaus. Es handelte sich um ein Holzgebäude auf festem Fundament, versehen mit drei Umkleideräumen und einem Baderaum. Diese Einrichtung überlebte den Krieg und wurde erst im Juni 1959 im Zusammenhang mit der Generalüberholung des Spielfeldes, das endlich eine Rasendecke erhielt, und der Neugestaltung der Zuschauerränge durch einen Neubau mit Flachdach ersetzt.

Der Ausbau der Anlage erfolgte in weiteren Zeitabständen. Dem Engagement des Vorsitzenden Heinz Kolb war es zu verdanken, dass 1972 der Grundstein für den Bau eines neuen Klubhauses gelegt wurde. Veranschlagt war ein Preisvolumen 170 000 Mark, die durch Zuschüsse von Land, Stadt und Westdeutschem Fußballverband sowie mit Eigenhilfe aufgebracht werden mussten. Steine und Beton wurden von vier Unternehmen aus Broich und Speldorf zur Verfügung gestellt. Im Klubhaus erhielt die Jugendabteilung einen separaten Tagungsraum. Ferner wurde das Stadion mit einer Gastronomie versehen. Während die 1. Mannschaft für die Dauer der Spielzeit 1998/99 ins Ruhrstadion ausgewichen war, wurde die Anlage am Blötter Weg dank der Hilfe von Sponsoren moderneren Verhältnissen angepasst und erhielt eine Tribüne.