Mülheim. Ärzte machten wenig Hoffnung: Lara Birkner hat die Horrorverletzung hinter sich gelassen. Über die lange Qual und warum sich alles gelohnt hat.
Da steht sie mit dem Hockeyschläger in der Hand auf dem Rasen und weiß, warum sie all das auf sich genommen hat. Die Operationen, die Reha, die Rückschläge. Die schlechten Tage, die guten. Sie steht also am letzten Samstag auf dem Feld. Mit dem HTC Uhlenhorst trifft sie auf Rüsselsheim. Eigentlich ein normales Testspiel in der Vorbereitung, doch Lara Birkner wird diesen Moment später als „verrückt“ beschreiben, als „surreal“.
Kurze Rückblende: Im Dezember 2021 ist die Hallensaison in vollem Gange. Lara Birkner macht diesen einen langen Schritt, diese eine falsche Bewegung und verletzt sich. Diagnose: Das vordere und das hintere Kreuzband sowie das Außenband im linken Knie sind gerissen, dazu reißen drei Muskeln und ein Nerv ab. Ein Jahr, drei Monate und drei Tage wird es dauern, bis die Mülheimerin wieder mit ihrem Team auflaufen kann – bis zum Test gegen Rüsselsheim am Samstag.
HTC Uhlenhorst: Lara Birkner kann wieder spielen
„Alle waren richtig gerührt. Jeder hat sich sehr für mich gefreut, das war sehr cool“, sagt die 25-Jährige, die sich an das genaue Ergebnis des Spiels gar nicht mehr erinnern kann. 4:0- oder 5:0-Sieg? Egal, die Geschichte des Tages ist sie ja selbst. Nach der langen Verletzung hat sie es allen gezeigt.
Auch interessant
Es war nämlich gar nicht klar, dass die Uhlenhorsterin jemals wieder Sport machen, geschweige denn Hockey spielen kann. „Niemand hat das gedacht, gerade die Ärzte nicht“, sagt sie, denn ihre Verletzungen haben es in sich. Das größte Problem: der abgerissene Peroneusnerv. „Davon habe ich eine Fußheberschwäche behalten“, sagt Birkner, die selbst Medizin studiert. Derzeit spielt sie mit einer Schiene, „um die Kontrolle behalten zu können und nicht wegzurutschen“.
Vier Mal wird sie operiert. Sobald es geht, steigt sie in die Reha ein. Weiter, immer weiter. „Ich war fast jeden Tag dort und habe extrem viel gearbeitet.“ Klar, es gibt diese Tage, an denen die Schmerzen groß sind, aber: „Solche Momente hatte ich ziemlich selten, eher mal einen Tag als eine ganze Woche.“ Sie vertraut sich selbst, glaubt an sich selbst. „Das hat mir einen Vorteil gegeben, auch mental.“
Lara Birkner über den Traum, in der Bundesliga auflaufen zu können
Die Mitspielerinnen stehen ihr ebenfalls zur Seite nach diesem Schock, richtig weg vom Team ist sie nie. Schon in der Hallensaison 2022/23 trainiert sie leicht mit. Ihren Kolleginnen will sie schnellstmöglich wieder helfen. Die Feldhockey-Bundesliga geht am 15. April mit dem Spiel beim UHC Hamburg los.
Ob sie jemals wieder so spielen wird wie vor der Verletzung, ist offen. Birkner ist damals richtig gut drauf, auf dem Sprung zur Nationalmannschaft. Das alles ist mittlerweile weit weg, das findet sie allerdings gar nicht schlimm. „Für mich wäre es schon ein Traum, ein Bundesliga-Spiel oder mehrere zu machen.“
Lesen Sie hier: So endete die Saison für den HTC Uhlenhorst.
„Die Verletzung hat mich als Mensch extrem stark gemacht“
Sie darf nur bloß nichts überstürzen. „Ich habe das zuletzt gemerkt. Nach zwei, drei Trainings hintereinander, die ich voll durchgezogen habe, und einer Athletik-Einheit habe ich mir die Patellasehne entzündet. Man darf nicht überpacen, aber unser Physio ist da sehr hinterher“, sagt sie und lacht – Birkner hat den Spaß wiedergefunden. Im Profisport kann der Druck hoch sein. Mit ihm kommt sie heute anders zurecht: „Die Verletzung hat mich als Mensch extrem stark gemacht, weil ich jetzt weiß, dass ich mit solchen Situationen umgehen kann.“
Und all das kommt in diesem Testspiel gegen Rüsselsheim hoch. 480 Tage – welch ein Weg, welch eine Reise. Birkner hat sie gemeistert, und es hat sich gelohnt: „Ich habe gemerkt, wie sehr mein Herz am Hockey hängt und wie sehr ich den Sport liebe.“