Region. Fritz Keller und Dr. Rainer Koch sprechen über Kinder an erster Stelle, das Ökosystem Fußball, und die immer größer werdende Sehnsucht.
Es sind verständnisvolle Worte, die DFB-Präsident Fritz Keller und DFB-Vizepräsident Dr. Rainer Koch in einem gemeinsamen Offenen Brief an alle Fußballvereine der Nation richten.
Das zeigt bereits die gewählte Anrede, in der die beiden Funktionäre von einer „Fußballfamilie“ sprechen und danach sagen: „Nur zu gerne hätten wir Euch heute zugerufen: Macht die Sportplätze wieder auf, knipst das Flutlicht an und geht endlich wieder raus, geht kicken. Unter Beachtung aller Vorsichtsmaßnahmen und Hygienekonzepte. So, wie wir es im vergangenen Sommer bereits mit großer Sorgfalt getan haben. So, wie es bereits einmal von Euch allen hervorragend und mit unfassbar viel Herzblut umgesetzt worden ist. So, wie es anschließend in Millionen von Trainingseinheiten und Hunderttausenden von Spielen im ganzen Land bestens funktioniert hat.“
Die Ungeduld steigt auch beim DFB - Forderung danach, dass Sport als Teil der Lösung gesehen wird
Doch noch lassen die Vorsichtsmaßnahmen der Regierung zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus eine Rückkehr auf den Fußballplatz nicht zu. Diese Entscheidungen tragen auch der DFB, die Vereine, die Regional- und Landesverbände mit, sie dürfe aber zu keinem Dauerzustand werden, so Koch und Keller.
In dem Brief heißt es: „Wir wissen, was Euch in diesen Tagen umtreibt. Wir wissen, dass die jetzt sinkenden Infektionszahlen Eure Ungeduld weiter wachsen lässt. Uns geht es nicht anders. Wir wünschen uns ebenso (…), dass der Sport als Teil der Lösung begriffen wird. Nicht um des Sports Willen, nein, im Sinne der Gesundheitsförderung und sozialer Beziehungen. Wir alle, speziell unsere Kinder und Jugendlichen, benötigen die Möglichkeit zur sportlichen Bewegung, sie ist gut für Körper und Geist – und das nachhaltig.“
Der Fußball müsse als "weltweite Sportart Nummer eins" vorangehen
Gerade der Fußball könne ein „verlässlicher Partner“ in der Krise sein, biete er doch Zusammenhalt, Unterstützung, Gemeinschaft, Austausch, Ziele, Perspektiven und die Stärkung der Gesundheit.
„Der Sport und seine einzigartige Vereinslandschaft in Deutschland müssen in allen Entscheidungen Berücksichtigung finden, dürfen nicht vergessen, nicht abgehängt werden. Denn unser Land braucht den Sport – der Fußball als weltweite Sportart Nummer eins muss vorangehen. Wer über Lockerungen diskutiert, muss zwangsweise über den Amateursport sprechen“, sagen die beiden Präsidiumsmitglieder.
Der Fußball in Deutschland ist ein gemeinsames Ökosystem
Aktuell dürfen nur 0,07 Prozent aller Fußballmannschaften in Deutschland wieder spielen, weil sie Profis sind, ihren Lebensunterhalt damit verdienen, und auch Arbeitsplätze in ihren Vereinen und den damit verbundenen Firmen retten.
Insgesamt gibt es in Deutschland aber mehr als zwei Millionen aktive Spielerinnen und Spieler in 145.000 Mannschaften. All die können gerade nicht zusammenkommen, dabei sei der Fußball laut Keller und Koch „eine Einheit, ein gemeinsames Ökosystem, in dem alle Bereiche miteinander verbunden sind.“
Denn der Profibereich erwirtschaftet Gelder, die dem Amateurfußball zugutekommen und die für den Bereich unverzichtbar sind. Auf der anderen Seite sind die Profivereine ebenso auf die Amateure als Basis angewiesen. „Der Fußball fußt auf einem starken Fundament, das unsere fast 25.000 Vereine und ihre mehr als sieben Millionen Mitglieder bilden. Brechen sie weg, bricht alles zusammen“, heißt es in dem Schreiben.
Vereinsbindende Aktionen seien wichtig
Deshalb seien vereinsbindende Aktionen im Lockdown, wie zum Beispiel Online-Training, Vereinstreffen via Videokonferenz, Einzeltraining oder Einkaufen für ältere Menschen besonders wichtig gewesen. „Dafür möchten wir Ihnen und Euch allen ausdrücklich danken. Euer Engagement verdient die höchste Wertschätzung, darauf dürft Ihr mächtig stolz sein“, so Keller und Koch, die aktuell mit dem DFB und weiteren Verbänden an verschiedenen Konzepten für die Rückkehr von Besuchern bei Amateurspielen arbeiten.
Die Kinder müssen als erstes auf den Platz zurückkehren
Sobald Lockerungen der Corona-Maßnahmen möglich seien, müssten vor allem „unsere Kinder und Jugendlichen auf die Plätze zurückkehren dürfen, zunächst zum Training, später wieder im Spielbetrieb. Sie leiden derzeit besonders stark unter den aktuellen Einschränkungen, und die Folgen des Bewegungsmangels sind noch gar nicht absehbar“, so Keller und Koch.
Niemand würde aufgegeben werden. Denn die Kinder und Jugendlichen „sind nicht nur die Zukunft des Fußballs, sie sind die Zukunft unserer Gesellschaft. In unseren Vereinen werden nicht nur Talente, Profis und Nationalspieler von morgen ausgebildet, sondern vor allem Menschen.“
Die Gemeinschaft in Vereinen präge die Kinder ein Leben lang, vermittele Werte, baue Vorurteile ab, halte sie fit und gebe ihnen eine Heimat. Doch „diese Heimat ist derzeit vor allem Erinnerung – und Sehnsucht. Lasst uns weiter zusammen durchhalten, damit wir bald wieder zusammenspielen dürfen. Lasst uns die Hoffnung und vor allem die Chancen in den Mittelpunkt rücken: Sobald Sport möglich ist, kann der Fußball, können wir gemeinsam wieder Begeisterung schaffen und damit ein Signal des Aufbruchs setzen“, schließen Fritz Keller und Dr. Rainer Koch ab.