Mülheim. Andreas Knechten wohnt in Saarn, spielte für die Uhlenhorster und pfiff 440 Bundesligaspiele. Nun folgt der Schritt in den DHB-Vorstand

In rund 440 Spielen der Hockey-Bundesliga stand Andreas Knechten als Schiedsrichter bereits auf dem Feld, sein Herz an den Sport hat er schon mit vier Jahren verloren, als er das erste Mal selbst im Verein den Schläger in die Hand nahm. Und nun möchte der 42-jährige Mülheimer einen weiteren Schritt in seiner Hockey-Karriere machen, er möchte Mitte März zum DHB-Vizepräsidenten für die Jugend gewählt werden und so die Nachfolge von Anette Breucker antreten.  

„Andreas ist seit einiger Zeit Vorsitzender des Jugend-Schiedsrichter- und Regelausschusses. Sein hohes Engagement und seine Verlässlichkeit sind uns allen – sowohl mir als auch Jugendsekretärin Wibke Weisel, mit der ich mich dazu eng ausgetauscht habe – sehr positiv aufgefallen. Deshalb habe ich ihn angesprochen“, sagt Breucker, die sich nicht erneut zur Wahl stellt.

Dem Mülheimer Andreas Knechten liegt das Schiedsrichterwesen am Herzen

Für Knechten war die Anfrage eine Ehre, der er gerne nachkommen möchte. Allerdings nicht, wenn darunter seine bisherige Arbeit im Jugendschiedsrichterwesen gelitten hätte. „Denn das habe ich jahrelang nach vorne gebracht, es hat sich viel entwickelt, und so ein Baby gibst du nicht so einfach auf“, so Knechten, der sich deshalb auf die Suche nach Nachfolgern machte, mittlerweile zwei Kandidaten gefunden hat, die er nun aufbauen möchte, solange allerdings beide Funktionen parallel ausüben würde.

Sollte Knechten – was sehr wahrscheinlich ist – im März gewählt werden, liegen dem Vertriebsreferenten vor allem vier Dinge am Herzen. Neben dem Breitensport sind das mögliche neue Turnierformen, die Umbenennung der Altersklassen in der Jugend und das Halten des Nachwuchses im Verein. „Ich bin ein Typ, der Veränderungen schaffen möchte, positive Veränderungen“, sagt Knechten, der seine Freizeit gerne im Stadion des MSV Duisburg, beim Skatclub mit ehemaligen Uhlenhorstern oder in den USA verbringt, in die er drei bis vier Mal im Jahr reist.

Ist der Modus der Deutschen Meisterschaft noch zeitgerecht?

Hockey habe mittlerweile eine andere Konkurrenz als noch vor 20 Jahren, sagt er. „Als ich selbst 14 Jahre alt war, gab es wenige Alternativen zum Hockey. Aber heute gehen die Kinder zum eSport oder zocken nur noch Playstation. Da müssen wir gucken, was wir für die Jugend machen können“, so Knechten.

Eine Möglichkeit wäre die Veränderung der Deutschen Meisterschaft. „Die wird seit 30, 40 Jahren im gleichen Modus ausgetragen. Aber muss das so sein? Vielleicht sagen mir die Landesverbände auch, dass ich ein Träumer bin. Aber vielleicht muss auch nur an drei, vier Stellschrauben gedreht werden. Man sollte nur schauen, ob der Modus noch zeitgerecht ist“, sagt der passionierte Schiedsrichter, der den Neusser Hans-Werner Sartory als seinen Mentor ansieht und den Begriff "Knaben" für die männliche Jugend nicht mehr für zeitgerecht hält. 

Deswegen hat er zum Bundesjugendtag 2021 einen Antrag an den Deutschen Hockey-Bund gestellt, die Altersklassen umzubenennen und überall von weiblich und männlich zu sprechen. Geht es nach ihm, soll aus der Stufe "Mädchen/Knaben D" zum Beispiel "weibliche/männliche U8" werden, um es zu erleichtern und auch, um eine höhere Identifikation der Kinder und Jugendlichen mit ihrer Bezeichnung zu erreichen.

Bis er 16 Jahre als war, spielte Andreas Knechten für Uhlenhorst Mülheim

Dass Knechten selbst vor einigen Jahren den Weg zum Schiedsrichter – oder wie er es selbst nennen würde, Spielmanager, denn der Begriff Richter sei ja eher negativ konnotiert - gewählt hat, liegt daran, dass er „nicht der talentierteste“ Hockey-Spieler gewesen sei. Bis er 16 Jahre alt war, hat Knechten selbst noch Hockey gespielt und dabei durchaus auch ein paar deutsche Meistertitel in der Jugend geholt. Allerdings saß er dabei meistens auf der Ersatzbank des HTC Uhlenhorst Mülheim, anders als sein leider schon verstorbener älterer Bruder, der auf dem Feld in der Jugend mehrere Meistertitel holte, und seine ältere Schwester, die 1989 U21-Weltmeisterin in Ottawa wurde, und lange Zeit in der Bundesliga für Mülheim und Hamburg spielte.

„Mein Vater hat früher für den MSV Duisburg Hockey gespielt, ehe meine Eltern nach Mülheim gezogen sind. Da war Hockey für die Kinder natürlich Pflicht. Wir wohnten in Speldorf und daher konnte es nur der Uhlenhorst sein“, erklärt Knechten, der mittlerweile in Saarn wohnt, seine Wahl zugunsten der Grün-Weißen.

Ein Tipp an den Nachwuchs: Mensch bleiben

Mit 14 Jahren ungefähr ist er dann die ersten Schritte im Schiedsrichterwesen gegangen, mit 20 kam er als Unparteiischer in der Bundesliga an, pfiff seine allererste Partie in der Beletage bei den Damen in Leverkusen, und hat sich seitdem seinen guten Ruf erarbeitet, der ihn bis heute in der 1. Bundesliga Herren begleitet.

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Er war neben den zahlreichen Bundesligapartien auch als Technical Officer international im Einsatz und glaubt, er wäre ohne das Pfeifen nicht der Mensch, „der ich heute bin. Denn du lernst, Entscheidungen zu treffen, positive wie negative. Du musst mit Stress umgehen und 70 Minuten voll fokussiert sein können. Das bringt dich auch im Berufsleben weiter“, so Knechten.

Genau das gibt er auch den zahlreichen Nachwuchsschiedsrichtern, die er auf deren Weg in die Bundesliga begleitet hat, als Tipp weiter. Knechten: „Ich sage denen immer, sie sollen auch auf dem Platz einfach ein Mensch bleiben. Ich glaube zum Beispiel, dass ich nicht der beste Schiedsrichter bin, was die Entscheidungen angeht. Aber ich habe eine hohe Akzeptanz aufgrund meiner eher lockeren Art gegenüber den Spielern. Und dann wird einem auch eher Mal ein Fehler verziehen.“

Als Schiedsrichter und vermutlich auch als DHB-Vizepräsident für die Jugend.

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