Speldorf. Die Galopprennbahn schickt sich an, eine der größten Trainingszentralen zu werden. Viel wurde investiert, doch noch ist die Mängelliste lang.
Timotheus wirkt noch ein wenig träge, als er für das Foto mit dieser Redaktion aus seiner Box herausgeführt werden soll. Auch für den zweijährigen Hengst ist es noch früh am Morgen. Schließlich hatte er erst zwei Tage zuvor ein wichtiges Rennen hinter sich gebracht – und gewonnen.
Der Zweijährige gehört zum Quartier von Axel Kleinkorres, der seit 1. Mai auf der Raffelberger Anlage als Trainer arbeitet. Seit der Gründung des Rennclubs Mülheim im Dezember 2017 ist er bereits der fünfte Coach, der sich neu auf der Rennbahn in Speldorf niedergelassen hat.
Auf Yasmin Almenräder, Bruce Hellier, Julia Römich und Doris Smith, die schon länger in Mülheim tätig sind, folgten Rolf Schaaf im Dezember 2018, Marian Falk Weißmeier im Mai 2019, Marcel Weiß als Nachfolger von Jens Hirschberger im November 2019, Jean-Pierre Carvalho am 1. Januar dieses Jahres und eben Kleinkorres als neuester Trainer seit 1. Mai.
Beim Rennclub Mülheim werden aktuell 170 Pferde trainiert
Die Ergebnisse sprechen für sich. Marcel Weiß wurde Mitte Juli mit Torquator Tasso sensationell Zweiter im Deutschen Derby. Beim Preis der Diana, dem Stutenderby, landete sein Schützling Virginia Joy auf Platz drei. Axel Kleinkorres gewann mit Timotheus ein Auktionsrennen in Köln. Obwohl der Hengst seine Besitzerin nur 10.000 Euro gekostet hat, gilt er als aktuell bester Zweijähriger in Deutschland.
„Köln galt immer als die Nummer eins der Trainingszentralen aber wir sind dabei, Köln abzulösen“, sagt Thorsten Danz, der beim Rennclub für die Bereiche PR und Marketing zuständig ist. 170 Pferde werden aktuell am Raffelberg trainiert. „Bis zum Jahresende kommen wir auf die Kapazität von 200“, sagt Danz.
Allein Marian Falk Weißmeier hat durch etliche Neuzugänge bald über 50 Vollblüter im Training. Dem Rennclub gehen dadurch langsam die Plätze für die Gastpferde an den Renntagen aus.
Rennbahn in Mülheim hat das beste Geläuf in Deutschland
Da aktuell keine Parallelveranstaltungen in Deutschland stattfinden dürfen, werden pro Renntag mehr Rennen gelaufen als üblich. „Wir hatten letztes Mal schon Probleme, alle Pferde unterzubringen“, gesteht Geschäftsführer Günther Gudert. In Neuss sollen Außenboxen von der geschlossenen Rennbahn gekauft werden.
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Grund dafür, dass die Mülheimer Bahn bei den Trainern so gefragt ist, sind die Bedingungen. Die Rennbahnprüfungskommission hat dem Rennclub das beste Geläuf in Deutschland attestiert. „Unser großes Team, das die Bahn pflegt, ist bombastisch“, lobt Thorsten Danz. Über die Agentur für Arbeit wurden dem Verein neue Mitarbeiter für Bahnpflege und Gartenarbeit zugeteilt.
Ein weiterer Grund für die gestiegene Nachfrage nach dem Standort: Nach Jahren des Stillstandes tut sich etwas auf der altehrwürdigen Rennbahn. In zweieinhalb Jahren seit seiner Gründung hat der Rennclub die Anlage auf Vordermann gebracht. Wohlwissend, dass die Liste der noch anstehenden Arbeiten beinahe unerschöpflich ist. „Wir haben einen Sanierungsstau von 25 Jahren“, erklärt Geschäftsführer Günther Gudert.
„Der alte Stall war ziemlich verrottet“
Alleine in den letzten drei Monaten habe der Verein „einen nicht niedrigen sechsstelligen Betrag“ investiert. Gearbeitet wird vor allem am alten Gutshof an der Akazienallee. Am Gebäude aus dem Jahr 1912 droht eine Zinne abzustürzen. Sie wurde schon mit einem Gerüst gesichert. Bald muss das Dach komplett neu gemacht werden. Allein das verschlingt eine halbe Million Euro.
Drinnen wurden die Stallungen komplett renoviert. Statt Wänden haben die Stalltüren nun nur noch Gitterstäbe, auch die neuen Fenster tragen zum luftigeren, helleren Eindruck bei. Im hinteren Bereich des Gutshofs entstehen neue Gästeboxen. „Der alte Stall war ziemlich verrottet“, sagt Gudert.
Der Geschäftsführer ergänzt: „Die Stadt war ziemlich begeistert, dass das alte Bild des Gutshofs erhalten bleibt.“
Die Tribüne muss noch ausgebaut werden
Neue Wasserleitungen, neue Tränken, Wohnungen für das Personal – all das hat der Rennclub bereits in Angriff genommen. Am anderen Ende der Rennbahn werden auf dem Gästehof aktuell 27 Boxen renoviert. Innerhalb des nächsten Monats soll alles fertig sein.
„Die Tribüne zwei muss von innen noch ausgebaut werden, damit dort wieder Veranstaltungen durchgeführt werden können“, verrät Günther Gudert. Auch an die Toto-Häuser müssen die Verantwortlichen noch ‘ran.
Der Geschäftsführer betont aber: „Erstmal renovieren wir für die Pferde.“
Corona hat natürlich auch den Rennclub erwischt. „Uns fehlen Einnahmen von 400.000 Euro aus Veranstaltungen“, zählt Thorsten Danz auf. Und da sind die Renntage noch gar nicht eingerechnet. Die dürfen aktuell bekanntlich auch nur ohne Zuschauer stattfinden. „Ohne die Zuschauer kommt überhaupt keine Stimmung auf und das überträgt sich doch auf alle – auch auf die Pferde“, glaubt Geschäftsführer Günther Gudert.