Mülheim. Finja Rosendahl vom BV Mülheim gehört bei den Gehörlosen zu den besten Badmintonspielerinnen Europas. Auch bei den Hörenden ist sie erfolgreich.

Wenn Finja Rosendahl im Gespräch lächelt, wirkt sie, als könne sie keiner Fliege etwas zuleide tun. Und das würde sie sicher auch nicht, es sei denn, diese Fliege hätte sich versehentlich in einen Badminton-Ball verirrt. Da bliebe einem nicht viel mehr übrige, als der Fliege Glück zu wünschen, denn wenn Finja Rosendahl mit ihrem Rackett zuschlägt, hätte auch einer sonst so flinken Fliege kaum noch Zeit zu reagieren.

Wie auf kaltes Eisen drischt die Nachwuchssportlerin auf den kleinen weißen Federball, der dennoch kontrolliert über das Netz fliegt. Mit schnellen, geschmeidigen Schritten bringt sie sich danach wieder in die Ausgangsposition.

„Alles hört sich geflüstert an“

Hat große Ziele: Badmintonspielerin Finja Rosendahl.
Hat große Ziele: Badmintonspielerin Finja Rosendahl. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Kein Wunder also, dass die 16-jährige Mülheimerin zu den Talenten im Badmintonleistungszentrum gehört und kürzlich sogar von der Deutschen Sporthilfe ausgezeichnet wurde. „Das war eine richtig tolle Veranstaltung“, schwärmt die Nachwuchssportlerin, die in einer speziellen Kategorie geehrt wurde. Was nämlich nicht auf den ersten Blick zu sehen ist: Finja Rosendahl trägt Hörgeräte. Winzig klein sind die inzwischen, für sie aber eine riesen Erleichterung im Alltag. „Wenn ich die Hörgeräte nicht trage, dann hört sich alles geflüstert an. Sehr leise und undeutlich“, erklärt die 16-Jährige, die Hörgeräte trägt, seit sie vier Jahre alt ist.

Von der Deutschen Sporthilfe ist sie entsprechend zur Juniorensportlerin des Jahres in der Kategorie Gehörlosensport gewählt worden. „Die Pyramide, die ich bekommen habe, die steht jetzt in meinem Zimmer. Das ist schon eine besondere Auszeichnung“, erzählt die Spielerin des 1. BV Mülheim stolz. Wenn sie bei Turnieren der Gehörlosen spielt, tritt sie allerdings für den GSV Düsseldorf an. „Einmal im Jahr gibt es ein großes Turnier der Gehörlosen“, erzählt Rosendahl. „Entweder EM, WM oder Deaflympics.“ Die Deaflympics sind quasi die Olympischen Spiele der Gehörlosen.

Vorbereitung auf Deaflympics 2021

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Auf die Deutschen Juniorenmeisterschaften der Hörenden, die kürzlich in Mülheim ausgetragen wurden, hat Rosendahl verzichtet weil sie zeitgleich auf einem Lehrgang der Gehörlosensportler war. „Zur Vorbereitung auf die Deaflympics 2021“, erzählt sie. Die Teilnahme daran ist auch ihr nächstes großes Ziel.

Wenn Rosendahl Turniere bei den Gehörlosen spielt, muss sie ihr Hörgeräte herausnehmen. „Es ist schon anders. Man muss vielleicht besser schauen, weil einem beispielsweise akustische Informationen vom Treffpunkt des Balls fehlen“, erklärte sie. „Aber, ich kann mich zwischen den Ballwechseln besser fokussieren und konzentrieren, weil die Ablenkung von Außen weniger stark ankommt“, sagt sie.

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Obwohl sie erst 16 Jahre alt ist, hat sie schon etliche Erfolge bei den Gehörlosen gefeiert. Sie holte beispielsweise den EM-Titel der Gehörlosen unter 19. Mit gerade einmal 14 Jahren. „Den möchte ich natürlich verteidigen“, kündigt Rosendahl an, die auch bei der EM der Erwachsenen an den Start gehen und möglichst weit kommen will.

Sieben Mal die Woche Training

Olympics für Gehörlose

Die Deaflympics finden alle vier Jahre, ein Jahr nach den Olympischen Spielen, statt und werden vom International Committee of Sports for the Deaf (ICSD) ausgetragen. Es finden abwechselnd Sommer- und Winterspiele statt.

Früher hieß die Veranstaltung Silent World Games for the Deaf und später Gehörlosen-Weltspiele. Seitdem das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Spiele anerkannt hat, werden sie als Deaflympics bezeichnet. An den Paralympics nehmen Gehörlose nicht teil.

Doch auch bei den Hörenden mischt Finja Rosendahl kräftig mit. Sie wird vom Verband gefördert, trainiert sieben Mal in der Woche und geht aufs Sportinternat an der Mülheimer Luisenschule. Und ihr Lieblingsfach neben Sport? „Mathe“, sagt die Zehntklässlerin und lacht verlegen. Zu ihren sportlichen Stärken zählt die Nachwuchsathletin ihren Kampfgeist. „Ich gebe nie auf, auch wenn ich zurückliege und es vielleicht nicht gut aussieht“, sagt sie. Am liebsten geht sie im Einzel an den Start, tritt aber auch im Doppel und im Mixed an.

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Bevor sie das nächste Turnier in Angriff nimmt, wird fleißig trainiert. Einer taugt dabei aber nicht mehr als Spielpartner. „Mein älterer Bruder hat früher auch Badminton gespielt. Jetzt hätte er keine Chance mehr gegen mich“, sagt Finja Rosendahl und lacht. Als Fan mache er sich aber ganz gut. „Ich glaube, er ist schon ein ziemlich stolz auf mich“, sagt sie und lächelt wieder verlegen.