Seit bald 50 Jahren ist Peter Ollesch Schiedsrichter. In Mülheim ist er nach 3000 Partien längst eine Legende. Sogar im Fernsehen war er schon.

„Geht dat schon wieder weiter? Ich wollte doch noch eine rauchen.“ Peter Ollesch ist mal wieder ein gefragter Mann. Mülheims Schiedsrichter-Original ist auf dem Platz präsent und durchsetzungsstark. Als er aber nun von seinem Verein mit der goldenen Ehrennadel gewürdigt wird, ist es ihm fast ein bisschen unangenehm. 3000 Spiele hat der 73-Jährige mittlerweile gepfiffen. Er möchte keines davon missen.

Im Rahmen des jährlichen Altherrenturniers überreichte ihm der Dümptener TV die größte Auszeichnung, die der Klub zu vergeben hat. Als Vereinschef Ingo Fieg gerade einige lobende Worte über den Kult-Schiedsrichter an die versammelten Fußballer richtete, hatte Ollesch glatt die Ehrenurkunde und die Anstecknadel in der Kabine vergessen. „Der hat die wahrscheinlich schon in Biermarken umgetauscht“, meinte jemand.

Durchdringender Pfiff als Markenzeichen

Wo Ollesch hinkommt, ist er bekannt. „Und zwar weit über die Grenzen des Kreises hinaus“, meint auch Dümptens Fußball-Abteilungsleiter Frank Valasek. Und das nicht erst, seit der Unparteiische im November einen Auftritt bei „Zeiglers wunderbarer Welt des Fußballs“ hatte. „Als ich mit Fußball angefangen habe, war Peter schon eine Legende“, schmunzelt Valasek. Ollesch ist als wort- und gestenreich bekannt. Der laute, durchdringende Pfiff ist sein Markenzeichen.

Dabei wäre Peter Ollesch beinahe gar kein offizieller Schiedsrichter geworden. Hätte er nicht seinen Schiedsrichterkollegen Horst Springer in der Kneipe getroffen. Der kam gerade vom Lehrgang. „Mensch, du wolltest mir doch Bescheid sagen“, erinnert sich Ollesch noch an die Konversation. Ab dem zweiten Lehrgang war er dabei und schaffte hinterher auch die Prüfung – wenn auch nicht im ersten Anlauf. „Das Essen in der Sportschule war halt so lecker“, scherzt Ollesch, der zu diesem Zeitpunkt schon etliche Spiele von Thekenmannschaften geleitet hatte.

In der Spitze bis zu 145 Spiele im Jahr

Im kommenden Jahr ist der Mülheimer 50 Jahre lang Schiedsrichter. In den Anfangsjahren pfiff er 70 bis 80 Spiele im Jahr, in der Spitze sogar 145. Und er ist immer dabeigeblieben, auch wenn die Zeiten für die Spielleiter bekanntlich nicht einfacher geworden sind. „Als hier in Dümpten mal ein Schiedsrichter von einem Vereinsmitglied geschlagen wurde, sind damals sechs Schiedsrichter ausgetreten. Ich nicht.“ Seit 1959 ist er, der früher an der Magdalenenstraße gewohnt hat, Mitglied von Dümpten 13 bzw. dessen Nachfolgervereins DTV.

Offiziell habe es Ollesch bis in die Bezirksliga geschafft. Ach, und inoffiziell? „Das verrate ich nicht“, sagt er mit einem lauten Lachen. Heute pfeift er vorrangig Spiele in der Kreisliga C und Partien der Alten Herren. Sein Hund Moritz, ein Labrador, ist fast immer dabei.

„Eine Stunde später wusste das ganz Mülheim“

Gene erfolgreich weitergegeben

Ob Peter Ollesch auch in der heutigen Zeit Schiedsrichter geworden wäre, darf bezweifelt werden. „Es hat sich alles um 300 Prozent gewandelt“, sagt der 73-Jährige. Er ist ein ausgesprochener Gegner des Videobeweises. „Es sagen doch alle immer, dass Fehler menschlich sind. Dann brauchen wir doch keinen Computer, der auch Fehler macht“, ärgert sich Ollesch. „Manchmal sieht das ein blinder mit Krückstock und dann kommt da gar nichts.“ Seiner Meinung nach würden heute auch in der Kreisliga nicht wesentlich mehr Fehler gemacht als in der Bundesliga.

Seine Schiedsrichter-Gene hat Peter Ollesch offenbar erfolgreich weitergegeben. Als er früher beim Turnerbund Heißen Spiele pfiff, war auch sein Neffe dabei. „Sowas will ich auch mal machen“, sagte er damals. Heute ist Kevin Domnick Mülheims bester Schiedsrichter, pfeift in der Regionalliga und ist Assistent in der 3. Liga.

Welche Spiele sind ihm besonders im Gedächtnis geblieben? „Bei Fortuna Bottrop habe ich mal ein Bezirksliga-Spiel gepfiffen, da feierte die Vereinswirtin 50-jähriges Jubiläum der Vereinskneipe. Da war ich erst am nächsten Mittag um drei Uhr zu Hause.“ Nicht gerne erinnert er sich an ein Spiel zwischen Wacker Dinslaken und Union Hamborn. „Außer dem An- und Abpfiff war alles falsch. So schlecht habe ich noch nie gepfiffen. Danach dachte ich, ich hör lieber auf“, erzählt Ollesch. Dass ein redseliger Bekannter vor Ort war, machte die Sache nur noch schlimmer. „Eine Stunde später wusste das ganz Mülheim.“

Auch Peter Ollesch kam nicht ohne körperliche Angriffe aus. Im Spiel Huckingen gegen Beeckerwerth führte Huckingen in Minute 85 mit 4:1, doch Ollesch sah sich wegen Spielverzögerungen zu einer langen Nachspielzeit gezwungen. In der 99. Minute erzielte Beeckerwerth das 4:4. Ollesch wurde bespuckt und kassierte eine leichte Ohrfeige. „Und mehr Geld hab ich für die zusätzlichen neun Minuten auch nicht bekommen“, lacht der Schiri.

98 Prozent positive Erfahrungen

98 Prozent seiner Erfahrungen seien aber positiv gewesen, sagt Ollesch. Viel regelt er heute mit seiner langjährigen Erfahrung. Außerdem müsse man auch mal ein Auge zudrücken. „Wenn einer dreimal Arschloch sagt und sich wenigstens hinterher entschuldigt, dann trägt man auch mal nur eins davon ein“, so Ollesch.

Wie viele Spiele nach den 3000 noch dazu kommen? „Ich pfeife noch so lange, bis der liebe Gott Ende sagt.“