Mülheim. . In einem Jahrhundert hat sich für die Unparteiischen eine Menge verändert – von der Vorbereitung auf die Spiele bis zum Umgang mit Kritik.

Wenn eine Veranstaltung nicht durch einen Gong oder eine Glocke eröffnet wird, sondern durch den Pfiff einer Trillerpfeife, würde sich der ein oder andere Besucher wohl verwundert umschauen. Bei der Feier zum 100-jährigen Bestehen der Mülheimer Fußball-Schiedsrichter-Vereinigung war dieses Utensil aber genau das richtige.

Dass sich in einem Jahrhundert für die Männer und Frauen an der Pfeife so Einiges geändert hat, zeigt allein die Tatsache, dass die Vereinigung 1919 noch in den Räumlichkeiten des Stadtbades gegründet wurde, wo heute bekanntlich Wohnungen stehen. „Wir können nur erahnen, dass die Rahmenbedingungen damals keine einfachen waren“, meinte Peter Frymuth, Präsident des Fußballverbandes Niederrhein während seiner Grußrede.

Elf Schiedsrichter oberhalb des Kreises aktiv

Aus damals 19 Mitgliedern sind bis heute 69 geworden. Elf Schiedsrichter aus Mülheim pfeifen oberhalb des Kreises, angeführt von Kevin Domnick in der Regionalliga West und an der Linie der 3. Liga.

Moderator Axel Benzinger im Gespräch mit Mülheims bestem Schiedsrichter Kevin Domnick.
Moderator Axel Benzinger im Gespräch mit Mülheims bestem Schiedsrichter Kevin Domnick. © M. Möller

„Es ist ein Hobby, das nicht immer Spaß macht, das aber zur Prägung der Persönlichkeitsbildung beiträgt“, sagt Wolfgang Müller, seit 2011 Obmann der Mülheimer Schiedsrichter. Das unterstreicht auch Jürgen Kreyer, früher Referee in der zweiten Liga und heute FVN-Vizepräsident: „Man entwickelt sich weiter und lernt auch im Beruf mit Kritik umzugehen und Entscheidungen zu treffen. Selbst Drohungen, Schläge und schlechte Presse haben mich nie vom Schiedsrichtersein abgehalten.“

Sämtliche Taktiken sind heute für Schiris verfügbar

Dass sich der Schiedsrichterjob verändert hat, liegt auf der Hand. „Wir haben uns früher gar nicht vorbereitet. Wir sind hingefahren und haben das Spiel auf uns zukommen lassen“, schmunzelt Bernhard Holste, seit 60 Jahren Schiedsrichter. Einmal war er als Linienrichter im Länderspiel zwischen Holland und Italien im Einsatz.

Regionalliga-Referee Kevin Domnick hingegen kann sich heute jederzeit über Tabellenstände und vor allem Taktiken sämtlicher Mannschaften informieren. „Über welche Seite spielt das Team, wird der Abstoß lang oder kurz ausgeführt?“ Diese Informationen helfen ihm etwa beim richtigen Laufweg.

Erste Mülheimer Schiedsrichterin gab es 1971

Monique Elsner während eines Spiels der Fußball-Stadtmeisterschaft.
Monique Elsner während eines Spiels der Fußball-Stadtmeisterschaft. © Katja Marquard

Dank der modernen Technik weiß Domnick heute auch sehr schnell ob eine Entscheidung richtig oder falsch war. „Wir mussten uns mit der Kritik damals nicht so auseinandersetzen wie heute“, sagt Bernhard Holste. Jürgen Kreyer bedauert, dass die in TV-Bildern ersichtlichen Fehlern auch oft auf die Amateurschiedsrichter zurückfallen. „Da heißt es dann gleich: Ihr könnt es ja alle nicht.“

War der Job des Unparteiischen über viele Jahre lang Männersache gab es in Mülheim schon 1971 die erste Schiedsrichterin: Rita Ullrich. Mülheims beste wurde aber später Monique Elsner, die es zwischen 2005 und 2013 bis in die erste Frauen-Bundesliga schaffte. Einer ihrer Highlights war ein Halbfinale im DFB-Pokal. An ihren letzten Spesensatz kann sie sich noch genau erinnern. „154 Euro.“ Zum Vergleich: Schiedsrichter in der Männer-Bundesliga kassieren seit der letzten Saison 5000 Euro.