Mülheim. . Lena Wicker (18) studiert ab August an der George-Mason-Universität in Washington und kickt dort in der höchsten College-Liga der USA.

In den letzten Tagen ist noch einmal Entspannung angesagt. Urlaub mit der Familie in Holland. Danach beginnt für Lena Wicker, die Fußballerin aus Mülheim-Holthausen, das größte Abenteuer ihres Lebens.

Am 24. Juli steigt die 18-Jährige in den Flieger in Richtung Washington, um dort an der George-Mason-Universität zu studieren und in der höchsten College-Liga der USA Fußball zu spielen. „Ich wollte immer schon nach dem Abi einmal ins Ausland“, sagt die Noch-Luisenschülerin. Ein Stipendium erfüllt ihr nun diesen großen Traum.

Seit der U12 bei der SG Schönebeck zu Hause

Lena Wicker in Aktion – hier in der U17-Bundesliga gegen Saarbrücken.
Lena Wicker in Aktion – hier in der U17-Bundesliga gegen Saarbrücken. © Michael Gohl

Rückblick: Schon als Kind kickte Lena Wicker mit befreundeten Jungs auf der Straße. Auch bei ihrer ersten Sportart Hockey wurde zum Aufwärmen oft Fußball gespielt. Nach einem Probetraining beim Turnerbund Heißen wechselte sie schließlich endgültig zum runden Leder. Seit der U12 ist die Mülheimerin bei der SG Schönebeck in Essen zu Hause, spielte dort in der U17-Bundesliga und zuletzt in der zweiten Damenmannschaft, mit der ihr der Aufstieg in die zweite Bundesliga gelang. In der letzten Vorbereitung trainierte sie sogar bereits mit der ersten SGS-Mannschaft.

Die fußballerische Ausbildung mit der Perspektive bei einem Erstligisten war es auch, die der 18-Jährigen bei der Bewerbung um das Stipendium gute Chancen brachten. „Die Amerikaner schätzen die deutsche Technik“, erklärt Vater Stefan Wicker. Seine Tochter stieß vor etwas mehr als einem Jahr bei einem Hallenturnier auf eine Agentur, die später die Bewerbung begleitete.

Kontakt in die Vereinigten Staaten via Skype

Vor den ersten Skype-Gesprächen war die Mülheimerin einigermaßen nervös.
Vor den ersten Skype-Gesprächen war die Mülheimerin einigermaßen nervös. © Michael Dahlke

Auch dank der Kontakte ihrer Agentur konnte sich Lena Wicker zeitweise vor Angeboten kaum retten. Fast jeden Tag war sie via Skype mit Trainern aus den USA in Kontakt. „Vor dem ersten Skype-Gespräch war ich sehr aufgeregt, aber nach einer Zeit wurde ich darin relativ routiniert“, erzählt die Abiturientin.

Im Februar fand in Duisburg ein Showtraining statt, bei dem über 20 amerikanische Trainer potenzielle Neuzugänge scouteten. „Davor hatte ich echt Angst, aber im Spiel habe ich mich dann sehr wohl gefühlt“, erzählt Lena Wicker. Dieser Auftritt bescherte ihre viele neue Anfragen. Die Mülheimerin punktete vor allem mit ihrer Beidfüßigkeit, der Ruhe am Ball und der Qualität im Spielaufbau. Aber auch ihre fröhliche Art ist bei den Coaches gut angekommen

Jede Menge Lernerei für zwei offizielle Tests

Neben den ständigen Gesprächen über das Internet mussten auch ein Sprachtest und der offizielle Aufnahmetest für US-Universitäten absolviert werden. „Dafür habe ich wirklich eine Menge gelernt und war mit den Ergebnissen auch ganz zufrieden“, berichtet die Mülheimerin. Darüber hinaus mussten sämtliche Zeugnisse seit der neunten Klasse übersetzt und sowohl zur Uni als auch zum Ligaverband NCAA gesendet werden. Erst vor wenigen Tagen fuhren Vater und Tochter noch nach Frankfurt, um das Visum abzuholen.

„Eigentlich wollte ich ja gerne nach Kalifornien“, sagt Lena Wicker und lacht. Entscheiden musste sie sich letzten Endes zwischen vier konkreten Angeboten. Allesamt 100 Prozent-Stipendien. „Bei diesen Summen macht es ja schon einen Unterschied ob man ein 70- oder 80-Prozent-Stipendium bekommt oder eben 100 Prozent“, erklärt Mutter Silke, das bei der Auswahl auch finanzielle Gesichtspunkte eine Rolle gespielt haben. Am Ende überzeugte die George-Mason-Universität aber auch durch ihre Größe (36 000 Studenten), ihre günstige Lage und das akademische Angebot.

Amerikanische Saison ist kurz aber intensiv

Lena Wicker überzeugte vor allem durch ihre Beidfüßigkeit und die Ruhe am Ball.
Lena Wicker überzeugte vor allem durch ihre Beidfüßigkeit und die Ruhe am Ball. © M. Dahlke

Die Fußballerin wird sich in den Vereinigten Staaten auf einen völlig neuen Rhythmus einstellen müssen. Zweimal pro Tag wird trainiert, in jeder Woche finden zwei Spiele statt. „Die Saison ist kurz aber intensiv, das wird eine krasse Veränderung“, blickt sie voraus. Um fit anzukommen, muss die Mülheimerin schon jetzt einen strengen Trainingsplan absolvieren. „So einen Plan hatte ich noch nie.“

Wohnen wird sie für die ersten Tage bei Mitspielerinnen, auf das Dreier-Zimmer im Campus geht es erst Ende Juli. Das Training und die Uni fangen im August an. Mit der ebenfalls deutschen Torhüterin aus ihrem neuen Team ist die Abwehrspielerin bereits in Kontakt. Auch der Co-Trainer ist ein Deutscher. „Außerdem ist eine Holländerin dabei, gegen die ich schon einmal gespielt habe. Aber den Rest lasse ich auf mich zukommen“, sagt Lena Wicker.

Das erste Jahr in Washington dient der Orientierung

Das erste Jahr dient vor allem der Orientierung. „Ich möchte mich sportlich entwickeln“, sagt die 18-Jährige, die in der Innenverteidigung und auf der Sechserposition spielen kann. Insgesamt ist das Stipendium für vier Jahre angelegt. Nach dem Bachelor wäre noch der Master möglich.

Fest auswandern möchte Lena Wicker aber nicht. „Ich denke schon, dass ich irgendwann zurückkommen werde“. Denn schließlich verfolgt sie auch in Deutschland noch ein großes Ziel: „Ich möchte irgendwann in der ersten Bundesliga spielen.“