Als die deutsche Dressur-Equipe bei den Olympischen Spielen in Montreal 1976 die Mannschaftsgoldmedaille eroberte, war die 23-jährige Mülheimerin Gabriela Grillo das Küken in dem damals noch aus drei Reitern bestehenden Team mit den Routiniers Harry Boldt (46) und Dr. Reiner Klimke (40).
An ihren Ritt auf Ultimo im olympischen Reiterstadion von Bromont, das 70 Kilometer von Montreal entfernt ist, erinnert sich Gabriela Grillo noch ganz genau. Das zehntbeste Einzelergebnis erzielte sie als letzte Starterin des deutschen Trios für die Mannschaftswertung und qualifizierte sich damit auch für das Einzelfinale der besten zwölf.
Zuvor hatten Harry Boldt mit Woycek und und Dr. Reiner Klimke mit Mehmet durch Superleistungen und entsprechend hohe Punktzahlen für einen fast nicht mehr aufholbaren Vorsprung im Mannschaftswettbewerb gesorgt. Der Gewinn der Goldmedaille hätte von der jüngsten Reiterin im Team nur durch zur Disqualifikation führende Fehler noch gefährdet werden können. Gabriele Grillo und Ultimo erlaubten sich im Dressurviereck aber nur wenige kleine Patzer und die deutsche Mannschaft stand bei der Siegerehrung ganz oben auf dem Treppchen.
Ernste Miene bei der Siegerehrung
Schon oft ist Gabriela Grillo nach dem Grund für ihre ernste Miene bei der olympischen Siegerehrung gefragt worden. „Das hat etwas mit der Anspannung beim Wettkampf und der Aufregung bei der Siegerehrung zu tun. Ich war froh, dass ich unsere Mannschaft nicht mit einem schlechten Ergebnis torpediert hatte. Außerdem war es meine Premiere in einem Teamwettbewerb. Ich hatte Lampenfieber und war bemüht, die Etikette einzuhalten”, erklärt die Olympiasiegerin von 1976 ihren „Seelenzustand” bei der Ehrungszeremonie. Zur Etikette für die Reiter gehört beispielsweise, dass sie sich aus dem Sattel heraus tief genug nach vorn beugen müssen, damit die Offiziellen bei der Edelmetall-Übergabe das Medaillenband auch problemlos über den Zylinder streifen können.
Ultimo „leicht angesäuert"
Trotz der Goldmedaille war die Mülheimerin mit ihrer Leistung im Teamwettbewerb nicht ganz zufrieden. „Es hätte besser laufen können. Ultimo ging beim Teamwettbewerb nicht so gut, wie er eigentlich konnte”, sagt Grillo und verrät auch den Grund für die kleinen Patzer beim Olympiaritt: „Bundestrainer Willi Schultheiss wollte, dass ich das Aufwärmprogramm für Ultimo vor dem Wettbewerb um eine halbe Stunde velängere, damit er im Viereck keine Zicken macht. Das hat Ultimo nicht gefallen. Er war leicht angesäuert und reagierte dementsprechend im Wettbewerb.”
Vierter Platz im Einzelwettbewerb
Vor dem Einzelfinale durfte die Mülheimerin dann mit Ultimo das gewohnte Aufwärmprogramm absolvieren und danach klappte alles wunderbar. Das Duo erreichte hinter der Schweizer Olympiasiegerin Christine Stückelberger (Granat), Harry Boldt, der mit Woycek Silber gewann, und Dr. Reiner Klimke, der mit Mehmed Bronze holte, den vierten Rang. „Der vierte Platz im Einzelwettbewerb war für mich die absolute Sensation”, erzählt Grillo von ihrem Erfolgserlebnis und fügt hinzu: „Erst an diesem Tag habe ich die Mannschafts-Goldmedaille richtig genossen. Der vierte Platz bestätigte, dass ich zu Recht für das Team nominiert worden war. Wir haben am Abend furchtbar gefeiert.”
Bei der Ehrenrunde „Gold" verloren
Zur Medaille der Mülheimer Olympiasiegerin gibt es noch eine besondere Geschichte: Gabriela Grillo hatte das Edelmetall direkt nach der Siegerehrung bei der Ehrenrunde im Dressurviereck verloren. Die Schraube mit der Öse für das Medaillenband hatte sich beim Galopp gelöst und das „Gold” war heruntergefallen. Nachdem das Publikum gegangen war, durchkämmte die Reiterin zusammen mit 16 hilfsbereiten Kollegen die Späne im Dressurviereck. Die Medaille wurde wiedergefunden.
Tags darauf beim Einzelfinale erkundigte sich der als Ehrengast im Reiterstadion anwesende Prinz Philip, ob die Suchaktion erfolgreich gewesen sei und wünschte Gabriela Grillo Glück für den Einzelwettbewerb. „Das hat geholfen”, sagt die Reiterin, für die der olympische Auftritt in Montreal ein „unvergessliches Erlebnis” war.