Mülheim. Die Yonex German Open 2016 in der RWE-Sporthalle werden unvergessen bleiben. Der Finaltag am Sonntag kam als Tag der Asien-Spiele daher.
Die Yonex German Open 2016 in der RWE-Sporthalle werden unvergessen bleiben. Nach dem Finaltag, der als Sonntag der Asien-Spiele, bei denen Europa komplett ausgeklammert war, daherkam, weiß der geneigte neutrale Beobachter, welchen unglaublichen Stellenwert die federleichte Disziplin in China hat. Die Topstars aus dem Reich der Mitte, allen voran der große Lina Dan, werden von ihren Anhängern mit heißem Herzen wie Popstars vergöttert - und müssen vor der geballten Liebe auch schon einem fliehen, um nicht von der grenzenlosen Zuneigung erdrückt zu werden.
Voller Erwartungen waren die vielen, vielen chinesischen Zuschauer in die gute Stube der German Open gestürmt und sorgten in den langen Finaltag-Stunden für eine XXL-Stimmung im fernöstlichen Gewand. Und der mit Fahnen und Fähnchen ausgestattete Rückhalt bekam das, was er sehen, atmen und genießen wollte. Die Regie wollte es, dass der Superstar schlechthin als Letzter die ins Scheinwerferlicht getauchte Bühne betrat. Für den 32-jährigen zweimaligen Olympiasieger Lin, die Ikone unter den Superstars, gab es gegen den dreimaligen Bitburger-Open-Sieger Chou Tien Chen aus Taipeh, der am Tag zuvor den dänischen Vorjahressieger Jan Ø. Jørgensen (Setzplatz eins) aus dem mit 120.000 US-Dollar dotierten Turnier befördert hatte, zunächst aber hartes Brot. Schnell lag er mit 3:8 hinten, Satz Nummer eins ging unerwartet deutlich mit 21:15 an den Könner von der Insel. Auch im zweiten Satz sah es zunächst gar nicht rosig aus für Lin Dan, dem da noch vom asiatischen Rivalen die Show gestohlen wurde.
Dann kam aber der Showmaster und drehte mit all seiner Spielkunst und Routine ein weiteres faszinierendes Match auf dem Mülheimer Hallenboden, wo es im kommenden Jahr in der Grand-Prix-Gold-Ausrichtung weitergeht. Dass Lin Dan in seinem Heimatland Kultstatus besitzt, zeigte sich beim zwischenzeitlichen Trikotwechsel. Angesichts des entblößten Oberkörpers wurde im roten Fanblock der Kreischalarm ausgerufen. „Dieser Sieg ist auch so besonders, weil mein Gegner sehr stark war. Ich bedanke mich für die tolle Unterstützung meiner Landsleute“, so der Sieger 2016, der gar nicht daran denkt, den Schläger nach Olympia in Rio de Janeiro in die Ecke zu stellen. Es wäre ja auch jammerschade - nicht nur für die chinesischen Badminton-Freunde.
Dass der Erfolg auch eine schwere Last sein kann, zeigte sich nach der stimmungsvollen Siegerehrung. Als die freudetrunkenen Fans nicht mehr zu halten waren, verschwand Lin Dan eiligst in den Katakomben der Sportstätte.
Auch die mit Blumen geschmückten Damen aus dem Reich der Mitte, die siegreiche Olympiasiegern von London 2012, Li Xuerui, und Landsfrau Wang Shixian nahmen beim zweiten Teil der Ehrenrunde Tempo auf, um von ihren Fans nicht über Gebühr verehrt zu werden. Beim Duell der weiblichen Topstars und Teamkolleginnen blieben Emotionen so gut wie aus. Als die Favoritin Li Xuerui erwartungs ihren Job gemacht hatte, streckte sie mit einem Lächeln den Daumen in die Höhe, während die zweite Protagonistin sich mit einem freundlichen Winken beim fachkundigen Publikum bedankte.
Li Xuerui, die bereits im Jahr 2012 in der RWE-Sporthalle triumphiert hatte: „Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt und freue mich, wieder gewonnen zu haben.“ Mit Blick auf die Chancen bei den Olympischen Spielen hielt sich die Weltranglisten-Dritte ein wenig bedeckt: „Es gibt doch so viele starke Spielerinnen, ich werde mein Bestes geben.“
Sein Bestes gab auch der Koreaner Ko Sung Hyun, der in Mülheim Erstaunliches vollbrachte. Er schnappte sich den begehrten Titel und die US-Dollar-Prämie sowohl im Mixed als auch im Herrendoppel.