Moers. Der 20-jährige Moerser hat Trisomie 21. Unsere Autorin schildert, wie das Training beim MSV Moers und beim Rumelner TV ihrem Bruder hilft.
Der Sport ist für viele Menschen der perfekte Ausgleich zum Alltag. Auch für meinen Bruder Jonas. Für aktiven Sport hat er sich schon von klein auf begeistert. Allerdings war es für ihn immer schwierig, eine geeignete Gruppe zu finden. Der Grund: Jonas wurde mit Trisomie 21 geboren. Durch diese geistige Beeinträchtigung kann er nicht die gleichen Dinge leisten, wie andere Menschen in seinem Alter. Jonas ist jetzt 20 Jahre alt und hat immer noch Schwierigkeiten: etwa beim Schreiben und Lesen. Die Koordination und die Feinmotorik fallen ihm sehr schwer, wodurch es für ihn beispielsweise nicht möglich ist, in einer normalen Fußballmannschaft mitzuspielen.
Es hat lange gedauert, bis wir als Familie eine geeignete Gruppe für ihn gefunden haben.
Es hat lange gedauert, bis wir als Familie eine geeignete Gruppe für ihn gefunden haben. Jetzt trainiert er zum einen bei den Handicap Kids des Rumelner TV mit, die jeden Samstagmorgen in der Halle trainieren. Zum anderen ist er noch jeden Mittwoch bei den Caritas Kickern des MSV Moers dabei. Deren Training ist auf dem Kunstrasenplatz im neuen Sportpark in Meerbeck, in der Winterzeit auch in einer Sporthalle.

Die MSV-Mannschaft besteht aus 30 Spielerinnen und Spielern. Kickers-Trainer Dirk Ströter kennt sein Team ganz genau, weiß, dass Menschen mit körperlicher und/oder geistiger Behinderung dort zusammenspielen. Aus diesen Gründen würden sie es auch nicht schaffen, auf dem Großfeld zu spielen. Trainiert wird auf dem Kleinspielfeld. Der Aufbau des Trainings ist dennoch sehr ähnlich zum Training anderer Mannschaften.
„Wer sich im Training oder in der Kabine nicht benimmt, darf beim nächsten Turnier nicht mitspielen“
„Wer sich im Training oder in der Kabine nicht benimmt, darf beim nächsten Turnier nicht mitspielen“, stellt Trainer Ströter klar. Ihm ist sehr wichtig, dass alle Mannschaftsmitglieder respektvoll miteinander umgehen, und dies gilt auch gegenüber den anderen Mannschaften. Frustration ist oft bei Menschen mit geistiger Beeinträchtigung stärker ausgeprägt, beziehungsweise wissen sie nicht, wie sie mit diesem Gefühl umgehen sollen. Ströter will mit seinen drei Trainerkollegen Michael Lehmkuhl, Thorsten Weißenfels und Florian Steinmetz der Mannschaft ein Vorbild sein und auf die Bedürfnisse der Spieler eingehen.

Wenn Jonas im Training ein Tor geschossen hat, ist dies das erste, was er erzählt, wenn wir ihn vom Training abholen „Ich Tor geschossen!“. Auch seinen Großeltern und Onkeln und Tanten erzählt Jonas immer ganz stolz, was er alles im Training macht „Ich Fußball spielen in Moers, du gucken kommen“, ist ein häufiger Satz, den unsere Familienmitglieder regelmäßig zu hören bekommen. Für Jonas sind besonders die Turniere, die die Caritas Kickers spielen, ein großer Ansporn. Das sei auch bei vielen anderen Spielern der Fall, versichert Dirk Ströter: „Wenn wieder ein Turnier gespielt wurde, haben die Spieler wieder Feuer gefangen.“
Am Ende gibt es ein Spiel, bei dem die Mannschaften gemixt werden
Vor Corona gab es einen geregelten Turnier-Ablauf, hierbei haben sich immer mehrere Mannschaften getroffen und „jede gegen jede“ gespielt. Dabei gab es immer drei Begegnungen, jeweils mit Hin- und ein Rückspiel und am Ende ein Spiel, bei dem die Mannschaften gemixt wurden. Dadurch sollte der Freundschaftsgedanke verstärkt werden. Mittlerweile normalisiere sich der durch die Corona-Pandemie brach liegende Turnierbetrieb wieder, sagt Trainer Ströter. Allerdings würden nun nur noch zwei Mannschaften aufeinandertreffen, die drei Spiele gegeneinander und miteinander austragen.

Jonas war bisher noch bei keinem Turnier dabei. Ob er sich aber schon auf sein erstes Turnier freue? „Jaaaa“, anwortet Jonas mit ganz großen freudigen Augen und einem breiten Grinsen im Gesicht. Für ihn sind allerdings auch die Mitspieler sehr wichtig. Er hat schon viele Freundschaften über den Fußball geknüpft. Auch wenn Jonas vielleicht nicht der beste Spieler in der Mannschaft ist und Schwierigkeiten hat, mit der nötigen Kraft gegen den Ball zu treten, ihm obendrein schnell die Puste ausgeht: Jonas spürt extrem viel Spaß.
Wenn kein Training ist, geht es zu Borussia Dortmund
An den Wochenenden, wenn Jonas kein Training hat, steht er im Signal Iduna Park und feuert Borussia Dortmund von der Tribüne aus an. Hier singt er jedes Lied mit. Jonas ist da textsicher. Schalke 04 und Königsblau kann Jonas, wie alle BVB-Fans auch, am wenigsten leiden. Ein wirkliches sportliches Thema ist das seit dem Schalker Abstieg in die 2. Bundesliga aber nicht mehr.
Jonas und unsere Familie sind sehr dankbar, dass es den Rumelner TV und den MSV Moers mit diesen Gruppen gibt. Schön wäre es, würden noch mehr Vereine eine Inklusionsmannschaft einrichten. So hätten noch mehr Kinder und Erwachsene mit einem Handicap die Chance, ihre Leidenschaft trotz allem ausleben zu können.