Der erste Ex-Nationalspieler hat sich geoutet – doch wie sieht es bei den Amateuren aus?

Das Thema Homosexualität im Amateurfußball ist ein Tabuthema – im Sportkreis Herne, in Nordrhein-Westfalen, in Deutschland.

Die Fälle, in denen ein Amateurfußballer sich geoutet hat und seitdem weiter jeden Sonntag auf dem Sportplatz steht, sind an einer Hand leicht abzuzählen. Ein schwuler Kreisligaspieler aus dem Kreis Paderborn spricht von zwei weiteren geouteten Amateurfußballern, die er kennt – deutschlandweit.

Mit Thomas Hitzlsperger hat sich nun ein deutscher Ex-Nationalspieler zu seiner Homosexualität bekannt – vier Monate nach seinem Karriereende wohlgemerkt. Dass sich im Amateurfußball dadurch etwas ändert: unwahrscheinlich.

„Es ist noch ein langer Weg“

Statistisch gesehen sind, je nach dem, wo man nachliest, etwa 10 bis 20 Prozent der männlichen Bevölkerung homosexuell. Selbst wenn man davon ausgeht, dass von dieser Zahl unterdurchschnittlich viele Fußball spielen – dass es keine schwulen Amateurkicker gibt, ist unwahrscheinlich. Trotzdem gibt es kaum öffentlich bekannte Fälle.

Reinhold Spohn, Vorsitzender des Fußballkreises, sagt, er kenne keinen einzigen schwulen Spieler – weder geoutet, noch verdeckt: „Ich würde das sicherlich begrüßen, wenn ein Spieler sich outen würde, glaube aber, dass es bis dahin noch ein langer Weg ist.“ Wie lang? „Ich weiß nicht, wann wir so weit sind.“

Auch der Fall Hitzlsperger werde da nicht viel dran ändern: „Wenn schon ein Profifußballer und Nationalspieler erst nach seiner Karriere offen darüber sprechen kann, ist es meiner Ansicht nach bei den Amateuren noch schwieriger.“ Der Kontakt zu den Zuschauern beispielsweise sei viel unmittelbarer. „Ein offen schwuler Spieler würde vermutlich auf dem Sportplatz dermaßen beschimpft – da ist es schwer, sich hervorzuwagen.“

Martin Stroetzel, Trainer des DSC Wanne-Eickel sieht es ähnlich: „Ich glaube nicht, dass jetzt viele den Finger heben und sagen: ich bin auch schwul.“ So etwas funktioniere nur, wenn der Betreffende vollen Rückhalt habe, im sozialen Umfeld, speziell in der Mannschaft: „Wenn dann eine entsprechende Beleidigung kommt, muss halt einer hingehen und sich davorstellen. Die Aussage muss ganz klar sein: Mein Mitspieler ist schwul und das ist okay.“

Mike Schütz, Vorsitzender des SC AufRuhr (ausführlicher Bericht unten rechts), dem schwul-lesbischen Sportverein im Ruhrgebiet, würde niemandem zu einem Outing drängen: „Das hängt immer vom Einzelfall ab. Es gibt keinen goldenen Weg, ich kann es niemandem uneingeschränkt empfehlen.“ Grundsätzlich würde er es zwar befürworten, aber: „Das ist immer von den Mitspielern abhängig.“

Homosexualität im Amateurfußball bleibt Tabuthema – auch nach Thomas Hitzlsperger.