Auch in Herne verfolgen viele Schachfreunde die Partien um die Weltmeisterschaft, die sich Titelverteidiger Viswanathan Anand und Magnus Carlsen derzeit im indischen Chennay liefern. Dazu und zu möglichen Auswirkungen auf den Herner Schachsport äußert sich Frank Kowalczyk vom SK Sodingen.

Jugend trifft auf Erfahrung: Seit Anfang November liefern sich im südindischen Chennai Titelverteidiger Viswanathan Anand (43) aus Indien und sein norwegischer Herausforderer Magnus Carlsen (22) teils denkwürdige Duelle um die Schach-Weltmeisterschaft.

Acht Partien sind gespielt, es steht 5:3 für Carlsen; die neunte Begegnung findet an diesem Donnerstag statt. Weltmeister ist, wer zuerst 6,5 Punkte aus bis zu zwölf Spielen erreicht hat. Für ein Remis gibt es einen halben Punkt, ein Sieg wird mit einem Zähler belohnt. Für Anand, den Achten der Weltrangliste, ist es die vierte Titelverteidigung. Carlsen führt seit knapp vier Jahren das Klassement an und kann sich noch in dieser Woche erstmals die WM-Krone aufsetzen.

Auch beim heimischen Schachklub Herne-Sodingen 1924 verfolgen die Mitglieder die Matches in Asien. Vorsitzender Frank Kowalczyk berichtet im Gespräch mit WAZ-Mitarbeiter Elmar Matschke über seine Eindrücke.

Herr Kowalczyk, wie intensiv verfolgen Sie die Duelle um die Schach-Weltmeisterschaft?

Frank Kowalczyk: Nicht ganz so intensiv. Dreimal in der Woche schaue ich ins Internet und beobachte die Stände. Aber ich spiele die Partien nach.

Was denken Sie, wer von Beiden wird Weltmeister?

Ich denke, dass Carlsen es bei dem Vorsprung nun in der Hand hat. Bei offenen Turnieren, bei denen zehn bis zwölf Großmeister gegeneinander antreten, ist Carlsen meiner Meinung nach besser. Aber auch im Zweikampf wie jetzt bei der WM schätze ich den Norweger stärker ein – vor allem wegen seines jüngeren Alters. Und der aktuelle WM-Zwischenstand von 5:3 für Carlsen gibt mir Recht.

Und wen wünschen Sie sich als Weltmeister?

Ich wünsche mir Carlsen, denn dann käme eine neue Generation auf den Thron. Frischer Wind tut gut, wobei Anand auch ein sympathischer Titelverteidiger ist.

Was zeichnet Ihrer Meinung nach Carlsen aus, was sind die Stärken von Anand?

Ich denke, bei keinem der Beiden kann man große Schwächen erkennen, sie sind in der Eröffnung, im Mittel- und Endspiel herausragend. Anand hat sehr viel Erfahrung, insbesondere gegen Topspieler. Carlsen kann sich aus schwierigen Stellungen unwahrscheinlich gut befreien und den geringsten Vorteil zu den eigenen Gunsten verwerten.

Orientieren sich die Aktiven an der Taktik solcher Schach-Profis? Schaut man sich etwas ab?

Nein, dafür ist das Niveau doch zu weit auseinander. Wir sind Amateure.

Wie steht es um den Schach-Sport in Herne?

Die Anzahl der Mitglieder ist rückläufig, und es ist schwierig, Nachwuchs zu gewinnen. Jugendarbeit zu machen geht nur über ein Netzwerk mit den Schulen. In der Türkei beispielsweise ist Schach ein anerkannter Schulsport. Das ist vorbildhaft.

Durch die Weltmeisterschaft ist der Schach-Sport vermehrt in den Medien. Hat das Auswirkungen auf den SK Sodingen?

Auswirkungen sind momentan nicht erkennbar, vielleicht auch deshalb, weil die Öffentlichkeit den Schach-Sport als Nische ansieht. Es fehlen aber auch etwas die Idole. In den 1970-er Jahren hat der US-Amerikaner Bobby Fischer die Massen fasziniert, in den 80er und 90er Jahren war es der Russe Garri Kasparow. Dem Schach sind aktuell die Leitfiguren verloren gegangen.