Pulverschnee, Kaiserwetter, vielleicht die ein oder andere Schneeballschlacht. In die Alpen fahren die meisten Menschen jedenfalls nur, um den Winter so richtig zu genießen. Die Bretter unter die Füße geschnallt und bei besten Pistenverhältnissen den Hang hinab wedeln. Der begeisterte Wintersportler Michael Westerhaus hat daran dieses Mal kein Interesse. Er begibt sich demnächst auf eine ganz andere Piste in die Berge. Denn die Alpen sind in seinen Augen nicht nur für Wintersport bestens geeignet. Auch Radfahrer tummeln sich dort besonders in den wärmeren Monaten zuhauf. Der 30-jährige Wanne-Eickeler wird sich im kommenden Sommer am „Race across the Alps“ versuchen, das laut Veranstalter das anerkannt härteste Eintagesrennen der Welt sei.

Am 24. Juni 2011 wird sich Westerhaus gemeinsam mit 56 anderen Langstreckenspezialisten aus neun verschiedenen Ländern in Nauders in ein unglaubliches Abenteuer trampeln. In maximal 32 Stunden müssen die Teilnehmer 525 Kilometer und gleichzeitig auch 13 600 Höhenmeter absolvieren. Dabei durchfahren die Athleten Österreich, Italien und die Schweiz auf Anstiegen und Abfahrten, die sonst beim Giro d‘Italia oder der Tour de Suisse Bergspezialisten wie Alberto Contador den Schweiß auf die Stirn treiben.

Ein Rückblick: Mitte August 2010 fand am Nürburgring das 24-Stunden-Rennen „Rad am Ring“ statt. Michael Westerhaus nahm mit dem Ziel 15 Runden zu schaffen daran teil. Letztendlich wurden es 21Runden, insgesamt 540 Kilometer. Der Wanner belegte mit diesem Ergebnis Platz 27 im Gesamtklassement, in seiner Altersklasse gar den achten Platz. „Was dieses Ergebnis im Nachhinein wert sein würde, war zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht klar,“ blickt der Extremsportler zurück.

Erst vor einigen Wochen wurde es ihm dann bewusst; und zwar an dem Tag, als die Starterlaubnis fürs „Race across the Alps“ hereinschneite. Seit der Jahrtausendwende wird das Rennen nunmehr ausgetragen; die Popularität stets steigend. So ist es dem Veranstalter gelungen, für 2011 erstmals eine Genehmigung für über 50 Starter zu erhalten. Die Erweiterung des Teilnehmerfeldes und natürlich die herausragende Leistung bei „Rad am Ring“ machen es für Westerhaus möglich, an diesem Event der Extraklasse teilzunehmen.

Auch, wenn es noch lange hin ist bis zu dem Moment, an dem Michael Westerhaus für mehr als einen Tag den Boden unter den Füßen verlieren und stattdessen seinen Drahtesel reiten wird, blickt er jetzt schon mit Freude auf den 24. Juni 2011: „Es ist eines der besten Langstreckenrennen überhaupt. Ich hatte es immer irgendwie im Hinterkopf, aber dass die Chance dabei zu sein jetzt plötzlich real ist, freut mich riesig.“ Angst vor dem Rennen hat er nicht, da sich der Nürburgring nicht sehr von den Alpen unterscheide.

„Es ist vielleicht schwer, sich das vorzustellen, aber auch bei Rad am Ring bin ich um die 11500 Höhenmeter gefahren. Es ist aber sicherlich noch ein großer Unterschied bezüglich der Anstiegslänge und der Steigung vorhanden,“ muss Westerhaus selbst ein wenig über seinen Vergleich schmunzeln. Besonders der Mortirolo mit einer Durchschnittssteigung von zehn Prozent wird ihm bestimmt einige schlaflose Nächte bereiten. „Er ist der interessanteste und spektakulärste Berg. Ein elf Kilometer langer Anstieg, wobei ab dem vierten Kilometer die Steigung bei 15, zum Teil sogar über 20 Prozent liegt.“

Ziel: Unter 28 Stunden

Und weil Fußballer auch nicht am Kicker trainieren, steht im kommenden Frühjahr für den Fitness-Trainer Westerhaus noch eine besondere Vorbereitung auf dem Programm. Es geht zum einen nach Mallorca, wo er, anstatt am Strand zu liegen, seine Beine quälen wird, und zum anderen nach Österreich in die Berge. „Ich muss ein wenig Bergluft schnuppern und das Feeling für die Höhe bekommen. Die Hügel in Hattingen reichen da nicht mehr,“ scherzt er verschmitzt. Bergluft dürfen auch sein Cousin und dessen Ehefrau schnuppern, wenn sie Westerhaus beim Rennen im Begleitfahrzeug moralischen Beistand leisten werden. Aber nicht nur die Begleitfahrzeuge werden unterwegs sein. Die Strecke wird für das Rennen nämlich nicht extra gesperrt, so dass der normale Straßenverkehr immer zu beachten sein wird. Ebenso wie die Pulsuhr am Handgelenk. „Eigentlich darf ich meine Grenze nie erreichen, weil es dann schon zu spät wäre und ein Weiterfahren schwierig würde. Ich möchte zügig fahren, den Bogen aber auch nicht überspannen. Mein Ziel ist vorerst, einfach nur anzukommen.“ Ein wenig zögerlich zwar, aber dann schiebt er dennoch eine grobe Zeitrichtung hinterher. „Unter 28 Stunden wäre toll, aber ich würde sicherlich nicht enterbt werden, wenn es scheitern sollte“, sieht Westerhaus dem „Race across the Alps“ einigermaßen entspannt entgegen.