Gerade wenn zwei Traditionsvereine wie der SC Westfalia Herne und Rot-Weiss Essen aufeinander treffen, so wie es am Sonntag der Fall ist, fliehen viele Fans angesichts der manchmal tristen Gegenwart in der fünftklassigen NRW-Liga lieber in die glorreiche Vergangenheit. Und dort steht für RWE noch immer ein Name: Willi „Ente“ Lippens, der gestern seinen 65 Geburtstag feierte.
Nach Erzählungen des Jubilars spielte eine der berühmtesten Anekdoten in Herne: im Stadion am Schloss Strünkede. Der torgefährlicher Dribbler wurde von seinem Gegenspieler ein ums andere Mal hart bearbeitet. Irgendwann wurde es der „Ente“ zu bunt, und er stieß seinen Gegner nach einem Foul zu Boden. Der Schiedsrichter eilte hinzu und ermahnte ihn mit den berühmten Worten: „Herr Lippens, ich verwarne Ihnen!“ -- „Also, ich habe erst mal gestutzt und gedacht, dass ich mich verhört hätte, aber dann ist mir spontan der Satz eingefallen, der in die Fußballgeschichte eingegangen ist“, erzählt Lippens grinsend. „Ich danke Sie“, rief er dem Unparteiischen zu, der seinen grammatikalischen Fehler gar nicht bemerkt hatte. Der Mann in schwarz hörte nur die Widerworte und stellte den Linksaußen vom Platz. „Als ich vom Platz flog, war ich ganz schön bedient. Mir war die Tragweite der Geschichte aber noch gar nicht bewusst. Das erste Mal vor Publikum habe ich sie dann bei der offiziellen Verbandsanhörung zum Platzverweis erzählt. Die haben sich alle schlapp gelacht und mich dann für zwei Wochen gesperrt“, erinnert sich Lippens.
Wann das Spiel allerdings war, weiß er selbst nicht mehr so genau. Häufig wird in der Presse das Jahr 1965 kolportiert, aber in dieser Zeit flog Lippens in keinem Pflichtspiel gegen den SC Westfalia Herne vom Platz. Dokumentiert ist dagegen ein Platzverweis für den Linksaußen am Schloss Strünkede aus dem Oktober 1971. „Der Essener Spielmacher Lippens wurde in der 44. Minute hart angegangen, revanchierte sich an Kördell und wurde zu Recht des Feldes verwiesen“, heißt es im Spielbericht der WAZ von damals. Lippens gerät angesichts des Datums ins Grübeln: „1971? Ich dachte, die Geschichte wäre viel früher passiert!“
Auch sein damaliger Kontrahent, SCW-Verteidiger Karl-Heinz „Heiner“ Kördell kann sich daran nicht mehr erinnern: „Nachgetreten? Das weiß ich gar nicht mehr. Aber Lippens werde ich sicher nie vergessen: Er hat einen während des Spiel bequatscht, eingelullt und dann mit seinen Tricks verarscht.“ Ob Kördell sich am Sonntag auch Richtung Stadion zum Traditionstreffen aufmacht? „Eher nicht. Ich habe mit Fußball nichts mehr am Hut“, winkt der 60-Jährige, der heute noch in Wanne lebt, ab.
Und was ist nun mit dem berühmten Dialog? Legende oder Wahrheit? Letztlich ist es egal. Die Gaststube auf dem Lippens-Hof „Mitten in Pott“ in Bottrop-Wellheim heißt entenecht „Ich danke Sie!“ und die Geschichte thront längst auf dem Pantheon der Fußball-Legenden -- und einen kleinen Anteil daran hat auch der SC Westfalia Herne und das Stadion am Schloss Strünkede.