Herne. Die Herner Bundesliga-Basketballerinnen verlieren mit 77:81 nach Verlängerung in Saarlouis. Vom stocksauren Trainer Piotrowski kommt ein Weckruf.

Hoffentlich wird der Herner TC diesen verlorenen, nein: verschenkten Punkten nicht noch nachtrauern. Nachdem sie bei den inexio Royals Saarlouis lange wie die späteren Siegerinnen aussahen, ließen sich Hernes Bundesliga-Basketballerinnen in den letzten drei Minuten noch einen Acht-Punkte-Vorsprung abjagen, mussten in die Verlängerung und konnten da das Momentum nicht wieder auf ihre Seite drehen.

Am Ende gewannen die kämpferisch starken Royals mit einer überragenden Leah Scott durchaus verdient mit 81:77 (70:70, 30:32), und mit betretenen Mienen verließen enttäuschte Hernerinnen die Stadtgartenhalle. Diese Niederlage fällt ganz eindeutig in die Kategorie „Unnötig“.

HTC-Trainer Piotrowski: „Das ist nicht unser Anspruch, so ein Spiel abzuliefern“

Das sah auch Marek Piotrowski so. „Das ist nicht unser Anspruch, so ein Spiel abzuliefern“, ärgerte sich Hernes Headcoach. „Wir waren nach unserer Führung viel zu schnell satt und haben in vielen Phasen das Teamspiel komplett vermissen lassen. Wenn einige Spielerinnen vor der Saison von Titeln geredet haben, dann müssen sie sich jetzt mal langsam an die eigene Nase fassen. Mit diesen Leistungen können wir froh sein, wenn wir die Liga halten.“

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Dabei sah es zeitweise so aus, als hätten die HTC-Frauen die Lektion aus dem vermurksten Hannover-Spiel gelernt. Sie begannen jedenfalls konzentriert, legten schnell ein 7:0 (4.) vor und arbeiteten bis zur 10. Minute eine 15-Punkte-Führung (21:6) heraus. Und dazu bedurfte es keines Traumbasketballs, es reichte eine aggressive Defense und eine solide Angriffsleistung mit einer durchschnittlichen Trefferquote.

Herner TC rettet einen Mini-Vorsprung in die Halbzeitpause

Die Royals aber legten ihre anfängliche Nervosität langsam ab und fanden nach und nach besser ins Spiel. Bis zum 16:29 (16.) konnten sie aber kaum Boden gutmachen. Herne hatte zwar schon einen Gang heruntergeschaltet, schien aber jederzeit in der Lage, auch wieder anzuziehen. Doch plötzlich war wieder der Wurm drin. Ähnlich wie gegen Hannover, gelang den Gästen plötzlich über fünf Minuten lang kein Feldkorb mehr. Während auf der Gegenseite Leah Scott heiß lief und mit zwei Dreipunktspielen und einem Dreier ihr Team fast allein wieder in Schlagdistanz brachte, rettete der HTC nur dank einiger Freiwurfpunkte einen Mini-Vorsprung in die Halbzeitpause.

Stocksauer nach dem Spiel seines Teams in Saarlouis: Hernes Trainer Marek Piotrowski.
Stocksauer nach dem Spiel seines Teams in Saarlouis: Hernes Trainer Marek Piotrowski. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Kurz nach Wiederbeginn lagen die Royals beim 35:34 erstmals vorn. Danach wechselte die Führung mehrfach, ehe sich Herne ab der 26. Minute wieder leicht absetzte. Zwar blieben auch da noch etliche vermeintlich sichere Korblegerpunkte liegen, aber dank einer nun wieder energischeren Verteidigung baute der HTC seinen Vorsprung von 42:43 (26.) wieder in den zweistelligen Bereich aus (44:55/30.).

Überhastete Pässe direkt zum Gegner

Wer geglaubt hatte, die Hernerinnen würden die Partie nun seriös zu Ende spielen, musste sich eines Schlechteren belehren lassen. In der 33. Minute noch mit elf Punkten vorn (52:63), versäumten es die Piotrowski-Schützlinge, den Royals den K.o. zu versetzen.

Warum eine erfahrene Führungsspielerin wie Kristina Topuzovic völlig ohne Not überhastete Pässe direkt zum Gegner spielt, bleibt ihr Geheimnis. Auch die insgesamt durchaus verbesserte Jelena Vucetic leistete sich einige unerklärliche Ballverluste, zudem ließen Nicole Enabosi, Kapitänin Sofia Pelander und auch Veronika Remenárová unter den Körben einiges liegen.

So kämpfte sich Saarlouis wieder auf fünf Punkte heran (60:65/36.), und als Vucetic aus der Distanz zum 60:68 traf, griff Royals-Trainerin Isabel Fernandez ein. Sie nahm eine Auszeit, schwor ihre Spielerinnen auf die letzten drei Minuten ein und gab ihnen neue Zuversicht mit aufs Parkett. Und die hatten verstanden.

Nach Vucetics Wurf springt der Ball vom Ring zurück – Verlängerung

Vor allem die Slowenin Tina Cvijanovic nahm nun ihr Herz in beide Hände. Sie traf zum 62:68 (38.), verkürzte nach Topuzovics Ballverlust noch in derselben Minute auf 64:68 und versenkte nach Antonia Peressons Korb 30 Sekunden vor Schluss zwei Freiwürfe zum 68:68-Ausgleich. Im Gegenzug traf Vucetic für Herne, aber die Royals hatten noch 20 Sekunden für einen letzten Angriff. Sie brachten den Ball unter den Korb zu Leah Scott, die zog das Foul – und blieb an der Linie eiskalt. 4,9 Sekunden waren noch auf der Uhr.

Die Herner Bank nahm Auszeit, sagte den letzten Angriff an. Der Einwurf ging zu Jelena Vucetic, die zog in die dicht besetzte Zone, setzte hart bedrängt zum Wurf an, doch der Ball sprang vom Ring zurück. Direkt danach erklang die Sirene, es ging in die Overtime.

Und hier holten sich die Gäste ihre verdiente Strafe ab. Beim ersten Angriff verlegte Topuzovic, dann verfehlte Laura Zolper aus der Mitteldistanz. Nach einem Freiwurfpunkt von Remenárová setzte sich Offensivmisere fort: Zolpers Dreier geriet etwas zu kurz, dann rannte sich Topuzovic fest, leistete sich Vucetic einen Schrittfehler, verfehlte Topuzovic aus der Distanz, ehe die Serbin auch mit einem Kopf-durch-die-Wand-Korbleger scheiterte.

Luftige Defensive winkt die Royals durch

Acht Herner Angriffe, ein mageres Pünktchen – und die nun sehr luftige Defense winkte Scott, Cvijanovic, Äijänen und Richards einfach durch. Binnen vier Minuten hatten die Royals mit einem 11:1-Lauf zum 81:71 die Partie entschieden. Dass Topuzovic in den letzten Sekunden noch zwei Dreier traf, hübscht ihre persönliche Bilanz optisch auf. Mehr aber auch nicht.

Und deshalb war Marek Piotrowski stocksauer: „Die spielen ja hier nicht zum Spaß. Teilweise ist es ihr Job, und wenn der Job schlecht gemacht wird, muss man sich überlegen, was zu tun ist. Vielleicht müssen wir zu Weihnachten rotieren.“ Langsam, so scheint es, geht die Geduld des 62-Jährigen mit einigen Spielerinnen zu Ende. Vielleicht haben sie ja diesen Weckruf gehört.

Inexio Royals Saarlouis – Herner TC 81:77 (8:21, 22:11, 16:23, 24:15; 11:7).

Royals: Scott (25/3 Dreier, 11 Rebounds), Cvijanovic (21/1), Peresson (14/4), Meynadier (10/2), Äijänen (6), Thompson (3), Richards (2), Hjern, Dauer.

HTC: Topuzovic (18/3, 14 Reb.), Zolper (14/2), Vucetic (14/1), Remenárová (13/1), Pelander (13, 10 Reb.), Enabosi (3), Domuzin (2), Nofuente, Polleros, Groll, Reich, Köhne.

Statistik (Royals - HTC) – Zweier: 43 % (16/37) – 48 % (22/45); Dreier: 41 % (10/24) – 36 % (7/19), Freiwürfe: 79 % (19/24) – 60 % (12/20); Rebounds: 26 (9 offensiv, 17 def.) - 43 (15, 28); Assists: 8 – 18; Turnovers: 17 – 26; Fouls: 21 – 21.

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