Herne. Blau-Weiß Halle wird Meister, Parkhaus Wanne-Eickel bleibt Stolz, aber auch viel Enttäuschung: Die Reportage vom packenden Westfalenliga-Finale.

Sie haben dem Topfavoriten alles abverlangt und fantastisches Tennis geboten, am Ende aber mussten die Westfalenliga-Herren des TC Parkhaus Wanne-Eickel doch dem etwas besseren und erfahreneren Gegner gratulieren. Mit dem 6:3-Erfolg an der Reichsstraße machte der TC Blau-Weiß Halle den Aufstieg in die Regionalliga perfekt.

Auch zwei Stunden nach Spielschluss konnte Robert Sibbel die Stimmung im Parkhaus-Lager nicht richtig einordnen.

„Wir sind schon etwas enttäuscht. Viermal haben wir den ersten Satz gewonnen, aber nur eines dieser Matches durchgekriegt“, fasste der 2. Vorsitzende den packenden Tennistag zusammen. „Aber wir sind auch richtig stolz auf die Truppe. Die Jungs haben super Tennis präsentiert hier in Eickel . Auf der anderen Seite stand schließlich keine Kirmestruppe. Das war der fünffache deutsche Meister, und der ist hier mit den ersten Sechs angetreten.“

TC Blau-Weiß Halle bringt die besten Spieler mit nach Herne – aber Parkhaus punktet

Neben ihren besten Spielern brachten die Gäste auch gehörigen Respekt mit ins Ruhrgebiet. Erst als sie auf dem Spielbericht nachlesen konnten, dass der TC Parkhaus tatsächlich ohne schwedische Profis antrat, wuchs ihre Siegeszuversicht. Um sich bald wieder einzutrüben.

Dafür sorgten Marcel Zielinski und Nils Löchterfeld. Während Niklas Karcz dem Holländer Tom Clavel erst im zweiten Satz einiges entgegensetzen konnte, spielten die beiden TCP-Youngster gegen etablierte Profis ganz groß auf. Zielinski verlor gegen Lennart Zynga zwar gleich seinen Aufschlag, fand nach dem 0:2 aber seinen Rhythmus, trommelte die Kugel wie eine Maschine nah an die Grundlinie und machte ohne Not keine Fehler mehr.

Da fiel selbst dem langjährigen Doppelpartner von Jan-Lennard Struff nicht mehr viel ein. Zynga erhöhte das Risiko, machte noch mehr Druck, spielte noch enger an die Linien – und leistete sich Fehler. So schnappte sich Zielinski Durchgang eins.

Eickeler Nils Löchterfeld spielt gegen Koderisch stark und respektlos auf

Ähnlich wie Zynga erging es auf dem Nachbarplatz dessen Trainerkollegen von der Breakpointbase in Halle, dem 35-jährigen Christopher Koderisch. Der staunte nicht schlecht, wie respektlos ihn Nils Löchterfeld attackierte und mit harten Vorhandschüssen in die Defensive zwang.

Über 3:0 holte sich der Eickeler noch mehr Selbstvertrauen und bald mit 6:2 auch den ersten Satz. Und Koderisch, der schon mit Roger Federer trainiert und auf der Tour gegen Novak Djokovic gespielt hat, verzweifelte an sich selbst und analysierte jeden seiner Fehler in lauten Selbstgesprächen. Nach einer Stunde sah es so aus, als könnte der TCP eine nie erwartete 2:1-Führung mit in die zweite Runde nehmen. Doch es kam anders.

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Die Routiniers aus Halle drehen die Spiele am Ende mit Extraklasse

Auf beiden Plätzen änderte sich das Bild. Die Routiniers aus Halle besannen sich ihrer Stärken, spielten taktisch clever und ließen gerade bei den „big points“ Extraklasse aufblitzen. Löchterfeld aber ließ sich zunächst überhaupt nicht beeindrucken.

Wanne-Eickels Nils Löchterfeld (links) wird in einer kurzen Pause von Robert Sibbel beraten.
Wanne-Eickels Nils Löchterfeld (links) wird in einer kurzen Pause von Robert Sibbel beraten. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Er bog ein 1:2 in eine 4:2-Führung um, hatte auch danach noch Spielbälle, gab den Satz aber schließlich mit 5:7 ab. Im dritten hielt er bis zum 3:4 seinen Aufschlag, kassierte dann ein Break und musste wenig später gratulieren. „Letztlich hat ihn Koderisch mit dem Vorhand-Slice aufs T zermürbt“, analysierte Robert Sibbel.

Zielinski gegen Zynga: Eickeler zeigt sich als Mentalitätsmonster

Zielinski lag im zweiten Satz schnell 0:3 hinten, kämpfte sich aber auf 2:3 heran. Das sechste Spiel holte sich Zynga mit etwas Glück durch einen Netzroller und schaffte kurz darauf den Satzausgleich. Den finalen Durchgang eröffnete Zielinski mit einem Break, gab die 2:0-Führung aber wieder her und bei 3:4 ein weiteres Mal seinen Aufschlag ab. Jetzt musste Zynga nur noch ausservieren.

Doch da hatte der 19-Jährige etwas dagegen. Das Eickeler Mentalitätsmonster schaffte das Rebreak, vergab dann aber bei 40:0 drei Spielbälle zum 5:5 und leistete sich bei Zyngas drittem Matchball den einzigen Doppelfehler der gesamten Partie. Wie ärgerlich.

0:3-Rückstand war die Vorentscheidung, Khoroshilov punktet aber grandios

Statt 2:1 hieß es aus TCP-Sicht also 0:3 – eine Vorentscheidung. Denn die Gäste hatten noch zwei holländische Profis dabei. Zunächst allerdings verkürzte der TCP auf 1:3. Mit einer famosen spielerischen und kämpferischen Leistung rang Igor Khoroshilov seinen Gegner in zwei Sätzen nieder. „Das war echt stark“, lobte Robert Sibbel den jungen Russen für sein Heimdebüt im TCP-Trikot.

Nur kurz wackelte Khoroshilov, als er im zweiten Satz ein 5:3 nicht nach Hause servieren konnte und bei 5:4 einen ersten Matchball ausließ. Im Tiebreak aber war er hoch konzentriert und machte mit 7:2 kurzen Prozess.

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Derweil lieferte sich sein russischer Kollege Yan Sabanin auf dem Centercourt einen rasanten Schlagabtausch mit dem Niederländer Justin Eleveld. Beide Profis prügelten die Bälle mit Power und Präzision in die Ecken, verzauberten die Tennisfans mit krachenden Aufschlägen, gefühlvollen Stopps und perfekten Volleys.

Sabanin nutzt seine Chancen nicht, Sibbels Risiko wird nicht belohnt

Nach gewonnenem ersten Satz ließ Sabanin minimal nach, geriet 2:5 in Rückstand und konnte später fünf Breakbälle zum 4:5 nicht nutzen. Nach einem Fehlstart in den Entscheidungssatz mit zwei Aufschlagverlusten zum 0:3 kämpfte sich Eickels Spitzenspieler wieder auf 3:4 heran, die beiden folgenden Spiele aber gingen an Eleveld.

Damit stand Halle als Sieger fest, denn parallel dazu hatte Philipp Sibbel gegen Amadatus Admiraal den Kürzeren gezogen. Nachdem er zunächst kein Mittel gegen die Wucht und die Raffinesse des Linkshänder gefunden hatte, ging Sibbel im zweiten Satz volles Risiko, zog seine starke Vorhand voll durch und zwang Admiraal in die Defensive. Zwar schmolz seine 3:0-Führung auf 4:3 dahin, aber dann erkämpfte sich Sibbel bei 40:0 drei Breakbälle.

Den ersten sahen er und viele Zaungäste auf der Linie, es gab Diskussionen, schließlich wurde der Oberschiedsrichter gerufen. Dem zeigte Admiraal einen Abdruck, der klar Aus war. Viele fanden es unsportlich, manche vielleicht auch clever. Sibbel jedenfalls ließ sich aus der Ruhe bringen, vergab auch die nächsten Chancen und gewann fortan kein Spiel mehr.

Das Endspiel um den Aufstieg – so liefen die Partien:

Die Doppel wurden zwar noch begonnen, nach einer zweiten Regenpause aber abgebrochen und mit 2:1 für den TCP gewertet.

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Einzel: Sabanin – Eleveld 6:4, 3:6, 3:6; Zielinski – Zynga 6:3, 2:6, 4:6; Ph. Sibbel – Admiraal 1:6, 4:6; Löchterfeld – Koderisch 6:2, 5:7, 3:6; Khoroshilov – Vorkefeld 6:3, 7:6; Karcz – Clavel 0:6, 3:6.

Doppel: Sabanin/Sibbel – Zynga/Vorkefeld (w.o.) 2:3; Zielinski/Karcz – Eleveld/Clavel (w.o.) 1:1; Löchterfeld/Khoroshilov (w.o.) - Admiraal/Kolowrat 0:1. Nach der zweiten Regenpause abgebrochen und 2:1 für Wanne-Eickel gewertet.

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