Westfalen. Der Fußball-Saisonabbruch in Westfalen wegen Corona ist nur noch Formsache. Inzwischen sind auch viele interessante Details bekannt geworden.

Seit Mittwoch herrscht viel mehr Klarheit im Amateurfußball in Westfalen und das ein oder andere Aufstiegsbierchen dürfte auch geploppt haben: Der Saisonabbruch aufgrund der Coronavirus-Pandemie ist nun im Prinzip nur noch Formsache – und der Verband hat auch erklärt, wie er die Saison werten will.

Als „noch nicht definitiv, aber definitiv wahrscheinlich“ bezeichnete FLVW-Präsident Gundolf Walaschewski, dass der Vorschlag zum Saisonabbruch tatsächlich eintritt. Die Saison wird abgebrochen, niemand steigt ab, aber es steigen mehr Mannschaften auf als ursprünglich geplant: Nämlich die Tabellenführer zum Zeitpunkt des Abbruchs (nach der Quotientenregelung) sowie zusätzlich die Hinrundenmeister, die Platz eins in der Zwischenzeit abgeben mussten.

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Der Vorschlag umfasst aber noch mehr Punkte – und auch viele Details hat der Verband geklärt.

Coronavirus: Saisonabbruch soll am 9. Juni endgültig perfekt sein

Der Zeitplan: Bis die Entscheidung definitiv ist, dauert es noch rund einen Monat. Am kommenden Montag ist das Papier Thema in der Ständigen Konferenz der FLVW-Spitze mit den Kreisvorsitzenden. Danach wird es einen Verbandstag im Umlaufverfahren geben, der bis zum 8. Juni dauert – am 9. Juni soll der Vorschlag dann verbindlich sein. Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass die Abstimmung negativ ausfällt.

Erst mit diesem Datum im Juni beginnt übrigens auch die Frist für Mannschaften, sich zu entscheiden, ob sie den Aufstieg oder Nicht-Abstieg überhaupt annehmen wollen.

Der westfälische Verband ist auf Klagen vorbereitet

Gegenstimmen und Klagen: Dass der Vorschlag im Verband nicht durchkommt, ist kaum vorstellbar. Immerhin hatten rund 90 Prozent aller Vereine für einen Abbruch der Saison gestimmt und rund 60 Prozent für eine Wertung der Hinrunde oder der letzten Tabelle – beide Varianten hat der Verband letztlich umgesetzt.

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„Durchaus kreativ“ nennt Walaschewski das Modell, das der Verbandsfußballausschuss unter Vorsitz von Reinhold Spohn ausgearbeitet hat und das möglichst wenige Vereine benachteiligen soll. Einige Verlierer gibt es aber doch. Oberligist RSV Meinerzhagen steigt zum Beispiel nicht in die Regionalliga auf, obwohl er in der Tabelle vor Rot-Weiss Ahlen steht – der Punkteschnitt ist aber ganz knapp schlechter. Die Sauerländer haben bereits in der Videokonferenz der Oberligisten mit dem Verband durchblicken lassen, dass sie gegen einen Nicht-Aufstieg juristisch vorgehen würden. Der FLVW ist darauf vorbereitet.

Auch der DSC Wanne-Eickel, der in der Westfalenliga 2 der SG Finnentrop-Bamenohl auf den Fersen war und nicht aufsteigen darf, ist nicht begeistert, könnte sich Meinerzhagen anschließen.

Bis 2022 sollen die Ligen wieder so aussehen wie vor der Corona-Pause

Staffeleinteilung und vermehrter Abstieg: Kein Abstieg, aber vermehrter Aufstieg – das bedeutet, dass es viel mehr Mannschaften im überkreislichen Fußball gibt. 20 Mannschaften sollen in der Oberliga spielen, dort warten also wohl viele englische Wochen. Auch die beiden Westfalenliga-Staffeln werden etwas größer. Dazu plant der Verband, eine fünfte Landesliga-Staffel zu bilden sowie zwei zusätzliche Bezirksligen.

Über vermehrten Abstieg soll die Pyramide dann innerhalb von zwei Spielzeiten – also bis Sommer 2022 – wieder auf den Vor-Corona-Zustand zurückgefahren werden. Soweit der Plan – definitive Infos zu Staffelzahl und -größe wird es allerdings erst geben, wenn die Meldefristen abgelaufen und eventuelle Rechtsstreitigkeiten geklärt sind. Dazu muss der Vorschlag aber zunächst vom Verbandstag im Juni angenommen werden.

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Falls ein Verein den Aufstieg nicht annimmt, kann das Aufstiegsrecht auf den nächstplatzierten Verein übergehen. Relegationsspiele wird es nicht geben.

Bochum und Dortmund: Einige Kreise dürfen zusätzliche Aufsteiger stellen

Aufsteiger aus den Kreisen: Der Vorschlag soll „von der Oberliga bis zur Kreisliga D“ umgesetzt werden, so der Plan. Theoretisch darf jeder Kreis selbst entscheiden, wie er die Saison im Abbruchfall wertet, praktisch wird wohl keiner aus der Reihe tanzen – nicht, nachdem sich die Kreisvorsitzenden einstimmig für den Abbruch ausgesprochen hatten. Eine verbandsweit einheitliche Lösung ist damit gesichert.

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Der Verband nimmt dabei auch auf Härtefälle Rücksicht: Wenn ein Kreis Probleme dabei hat, seine Aufsteiger zu ermitteln, würde es in Absprache mit dem Verbandsfußballausschuss weitere Aufsteiger geben.

In Bochum zum Beispiel führen der VfB Annen und der TuS Stockum die Kreisliga A2 punktgleich und mit gleicher Tordifferenz an, nur die Zahl der geschossenen Tore unterscheidet sich. Das Torverhältnis wird in den Durchführungsbestimmung des Kreises als Aufstiegskriterium zwar eigentlich ausdrücklich ausgeschlossen – jetzt dürfen trotzdem beide Vereine in die Bezirksliga aufsteigen.

In der FLVW-Videopressekonferenz am Mittwoch nannten die Verantwortlichen neun Kreise, die auf jeden Fall zusätzliche Aufsteiger stellen dürften: Beckum, Bochum, Coesfeld, Detmold, Dortmund, Olpe, Paderborn, Steinfurt, Unna-Hamm.

Verband rechnet mit einem Start der SG Wattenscheid in der Oberliga

Zurückgezogene Mannschaften: Wer zurückgezogen hat, ist nicht gerettet, sondern steigt trotzdem ab. Das gilt zum Beispiel für den TuS Erndtebrück II, Roland Beckum. Die insolvente SG Wattenscheid 09 (zuletzt Regionalliga) ist unter den 20 Oberligisten schon eingerechnet.

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Entscheidet sich die SG 09 überraschend doch gegen einen Start in der Oberliga, sondern fängt zum Beispiel in der Westfalenliga neu an, hätte das auf die restlichen Vereine keinen Einfluss – es würde kein Oberliga-Startplatz frei.

Die kommende Wechselperiode wird wohl etwas anders aussehen als üblich

Vereinswechsel: Normalerweise darf ein Spieler oder eine Spielerin sechs Monate nach seinem oder ihrem letzten Einsatz ohne Sperre wechseln. Die Pandemie-Pause, die im März begann (und noch andauert), wird auf diese Frist allerdings nicht angerechnet.

Dazu plant der Verband, die Wechselfrist im Sommer anzupassen, wenn klar ist, wann wieder gespielt wird.

Pokalspiele sollen unbedingt sportlich entschieden werden

DFB- & Westfalenpokal: Die DFB-Pokal-Teilnehmer aus Westfalen sollen sportlich ermittelt werden. Einen Westfalenpokalsieger zu finden, ist das erklärte Ziel der vier im Wettbewerb verblieben Vereine. Aktuell ist der Plan, den Sieger im Spätsommer, womöglich in Turnierform, zu finden.

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Das gleiche gilt für das Entscheidungsspiel zwischen dem Oberliga-Meister und einem Regionalligisten um den zweiten westfälischen Platz im DFB-Pokal. „Das letzte, was wir und die Vereine wollen, ist dass gelost wird“, sagt Manfred Schnieders, Vizepräsident des FLVW. Es sei besser, mit neuen Kadern in der kommenden Saison zu spielen, als den Zufall entscheiden zu lassen.

Schnieders stellt aber auch klar: „Das ist ein Prozess“, noch sei nichts sicher. Nach den Lockerungen der Kontaktbeschränkungen vom Mittwochabend scheint aber gut möglich, dass im Sommer diese Pokalspiele ausgetragen werden.

Verband vorsichtig: Wann es wieder losgeht, kann noch niemand absehen

Saisonstart: Der ist nun wirklich noch weit weg – und deshalb hielten sich die Verantwortlichen zu dem Thema auch bedeckt. Noch ist nicht klar, ob und wann wieder Amateurfußball gespielt werden kann – auch wenn das Land NRW einen Wettkampfbetrieb ab Juni wieder erlaubt.

Der Verband muss auch gesundheitliche Risiken, eventuelle Hygienevorschriften und die Gefahr eines erneuten Spiel-Stopps in Betracht ziehen – auch deshalb reagierte Manfred Schnieders am Donnerstag auf WAZ-Anfrage verhalten: „Ganz vorsichtig“, sei man. Eine Kehrtwende, also ab Juni doch noch die Saison fortzusetzen, sei überhaupt kein Thema.

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Ob die kommende Saison wie üblich im August oder wie aktuell vermutet etwas später (im September) losgeht – unklar. Das hängt davon ab, wie sich die gesellschaftliche Situation entwickelt. Wer bedenkt, was in den vergangenen zwei Monaten passiert ist, weiß, wie schwer es ist, mehrere Monate vorauszuplanen.

Zunächst hat das Saisonfinale am Grünen Tisch Vorrang beim Verband – die Empfehlung des Präsidiums ist dabei ein wichtiger und großer Schritt in die richtige Richtung. Auch wenn noch nichts definitiv entschieden, sondern nur „definitiv wahrscheinlich“ ist.