Beim 74:65 gegen den BC Marburg läuft der Herner TC lange hinterher. Kennedy Leonard, Laura Westerik und Eva Rupnik führen den Meister zum Sieg.

Wer so viele Widerstände überwindet, dem ist noch eine Menge zuzutrauen. Obwohl ihnen das brettharte EuroCup-Spiel von Donnerstag noch spürbar in den Knochen steckte, obwohl nicht alle ihre Topform brachten, und obwohl Jordan Frericks, Hernes Unterschiedsspielerin, schon früh mit vier Fouls auf die Bank musste, rangen die Bundesliga-Basketballerinnen des Herner TC einen starken BC Marburg mit 74:65 nieder.

Nach einer schieren Willensleistung durften die von ihren „Mentalitätsmonstern“ Laura Westerik und Kennedy Leonard angeführten HTC-Damen besonders herzliche Glückwünsche ihrer begeistert mitgehenden Fans entgegennehmen.

Die Gäste übernehmen das Kommando

Nach einem solchen Ende hatte es zuvor auf dem Parkett allerdings zu keinem Zeitpunkt ausgesehen. Zwar konnte Leonard den Blitzdreier von Marie Bertholdt noch in der ersten Minute ebenfalls aus der Distanz kontern, danach aber übernahmen die Gäste das Kommando. Sie ließen den Ball schnell laufen und hebelten mit sicheren Passspiel die anfangs recht luftige Herner Defense regelmäßig aus.

Erst nach dem 6:12 (3.) rafften sich die Hernerinnen auf, suchten ihre Größenvorteile unter dem Korb auszuspielen und eroberten durch Körbe von Frericks Ivana Brajkovic und Leonard eine 15:13-Führung (7.).

Herner TC läuft zumeist hinterher

Es sollte für lange Zeit die letzte bleiben. Nun waren wieder die Gäste am Zug. Sie nutzten die fehlende Frische der Piotrowski-Schützlinge gnadenlos aus, erspielten sich gute Wurfgelegenheiten und zogen mit einem 14:4-Run auf 27:19 davon, ehe Frericks das Viertel mit einem Korbleger zum 21:27 beendete.

Im zweiten Abschnitt änderte sich wenig. Zwar ließ der HTC nie abreißen und hielt den Rückstand stets im einstelligen Bereich, aber zur Wende reichte es nicht. Jetzt waren es unnötige Schrittfehler und verlegte Layups, die Herne immer wieder zurückwarfen. Und als Frericks beim 27:35 (15.) ihr drittes, eine Minute später sogar ihr viertes persönliches Foul kassierte, sahen viele Herner Anhänger die Felle schon schwimmen. Fortan ging es nämlich erstmal ohne die junge Dame weiter, die schon so viele Spiele für ihr Team aus dem Feuer gerissen hat.

Laura Westerik übernimmt Verantwortung

Und damit schlug die Stunde der anderen. Vor allem Powerfrau Laura Westerik übernahm jetzt noch mehr Verantwortung, wühlte sich durch das Abwehrdickicht zum Brett und sorgte mit ihren sieben Punkten in den letzten drei Minuten dafür, dass die Partie zur Pause beim Spielstand von 40:43 noch völlig offen war.

Nach Wiederbeginn legte der HTC in der Defense noch eine Schüppe drauf und verteidigte wesentlich giftiger. Und auch die Offense funktionierte. Unermüdlich kurbelte Kennedy Leonard an, spielte Pässe, zog zum Korb oder nahm selbst die Würfe.

Eva Rupnik zeigt ihr bestes Spiel für Herne

Großartig unterstützt wurde sie von Eva Rupnik, die in der ganzen ersten Hälfte auf der Bank schmoren musste. Nach der Pause brachte Piotrowski sie als zweiten Guard, zog Westerik auf die Drei und Adelina Abaiburova auf die Vier. Leonards Dreier zum 43:43 markierte den ersten Ausgleich, ein verwandelten Freiwurf der Britin brachte den HTC erstmals wieder in Führung (51:50/28.). Der HTC war wieder da, die Zuschauer richteten sich auf ein hochspannendes letztes Viertel ein.

Das bekamen sie, und nicht zuletzt ihrer fantastischen Unterstützung war es zu verdanken, dass die EuroCup-geschlauchten Hernerinnen ungeahnte Kräfte mobilisieren konnten. Beim 56:55 (33.) kam Frericks zurück. Sie konnte zwar nicht mehr richtig zupacken, doch schon ihre Anwesenheit sorgte für Respekt. Da jetzt auch Ivana Brajkovic unter den Körben kräftig arbeitete und einiges abräumte, fanden die drei kleiner Hernerinnen immer wieder Lücken, um zum Korb zu ziehen. Nach dem 56:56 (34.) setzte sich der HTC durch Westerik und Leonards dritten Dreier erstmals leicht ab (63:58) und behauptete die Führung bis zum 70:65 zu Beginn der Schlussminute.

Brajkovics wichtiger Defensivrebound

Ein Herner Schrittfehler ließ die Gäste noch einmal hoffen, aber nach Brajkovics Defensivrebound rannte den Gästen die Zeit weg. Sie suchten ihr Heil in schnellen Fouls, aber Leonard war an der Linie eiskalt und versenkte vier von vier zum 74:65-Endstand. „Die Mannschaft hat immer an sich geglaubt und mit den Zuschauern im Rücken einen tollen Sieg gegen einen sehr starken Gegner geschafft“, strahlte HTC-Trainer Marek Piotrowski. „Das Spiel sah aber nie so aus, als könnten wir es mit neun Punkten gewinnen. Aber wir haben abgewartet, bis der Gegner gewackelt hat, und uns am Ende voll ausgepowert.“

Zumindest national soll die H2K-Arena wieder zur Festung werden. „Das war ein wichtiger Sieg. Wir versuchen, zuhause alles zu gewinnen“, blies Piotrowski zur Attacke.