Nach dem 4:7 gegen den Letzten Berlin muss das Team des Herner EV viel Kritik einstecken - vom Trainer, von den Fans und vom Geschäftsführer.

Von wegen Pflichtsieg! Nach einer Vorstellung, die im Mannschaftssport rein gar nichts zu suchen hat, hatte der Herner EV am Sonntag auf eigenem Eis gegen den Tabellenletzten aus Berlin mit 4:7 (2:5, 2:2, 0:0) und damit vielleicht auch schon den für die Playoffs wichtigen vierten Platz aus den Augen verloren. Der Kritik, die HEV-Trainer Danny Albrecht direkt nach dem Spiel äußerte, schlossen sich viele Fans an – und auch Geschäftsführer Jürgen Schubert, der deutliche Worte fand.

Danny Albrecht war schon am Sonntag sauer: „So kann man nicht auftreten“, sagte der HEV-Trainer nach dem 4:7 gegen Preussen Berlin.
Danny Albrecht war schon am Sonntag sauer: „So kann man nicht auftreten“, sagte der HEV-Trainer nach dem 4:7 gegen Preussen Berlin. © Rainer Raffalski

Eigentlich hätten die Gysenberger durch den knappen Overtime-Sieg beim ersten Heimspiel gegen die Preussen gewarnt sein müssen, doch mit der Lernfähigkeit der Mannschaft ist es offensichtlich nicht weit her, so der Eindruck am Sonntag. Die Grün-Weiß-Roten hatten zwar gleich zwei gute Chancen durch Marcus Marsall und gingen auch früh in Führung, doch aus dem vermeintlichen Selbstläufer wurde nichts. Da die Herner Abwehr an diesem Abend nur auf dem Papier, aber nicht auf dem Eis vorhanden war, war es für die Gäste immer wieder ein Leichtes, gefährlich vor das Tor von Michel Weidekamp zu kommen, und sie nutzten ihre Chancen konsequent. Nach dem 2:4 war für Weidekamp Schluss, doch auch Björn Linda musste gleich den ersten Schuss auf sein Tor passieren lassen.

Mit 2:5 ging es in die erste Pause – danach genügte dem vermeintlichen Außenseiter eine konzentrierte Abwehrleistung, um den HEV auf Distanz zu halten. Der war längst in seine Einzelteile zerfallen, versuchte nur noch mit der Brechstange zum Erfolg zu kommen und konnte im Schlussdrittel auch vier Strafen gegen die Berliner nicht nutzen.

HEV-Trainer Danny Albrecht redet Klartext

HEV-Trainer Danny Albrecht vermied es hinterher, sich vor sein Team zu stellen und redete stattdessen Klartext: „Eigentlich muss man sich bei jedem einzelnen Zuschauer für diese Leistung entschuldigen. Ohne Einstellung und Motivation, dafür nur Einzelaktionen und den Rückwärtsgang völlig vergessen – so kann man nicht auftreten.“

855 Zuschauer verließen nach dieser Niederlage gegen den Tabellenletzten Preussen Berlin fassungslos die Hannibal-Arena und die meisten taten es schweigend. Der Schock der Herner Fans nach dem sportlichen Offenbarungseid ihrer Mannschaft saß so tief, dass selbst das eigentlich fällige Pfeifkonzert ausblieb.

Herner Fans machen ihrem Ärger Luft

Erst im sozialen Netzwerk machten viele ihrem Ärger Luft. In über 100 Beiträgen – weit mehr als nach jedem anderen Spiel in dieser Saison – ließ der HEV-Anhang kein gutes Haar an seinem Team. Von einem „Schlag ins Gesicht der Fans“ war die Rede und „Haufen von Egoisten“ war nur eine von vielen Freundlichkeiten an die Mannschaft.

Kritik am Trainer konnte nicht ausbleiben, aber besonnene Stimmen wiesen auch darauf hin, dass der Kader nicht von Danny Albrecht zusammengestellt worden ist. An Nils Liesegang schieden sich ebenfalls die Geister, obwohl der an der peinlichen Pleite kaum beteiligt war. „Er hat sich nicht gut gefühlt“, erklärte der HEV-Coach hinterher, warum der Angreifer seinen Platz im ersten Sturm kurzfristig mit Denis Fominych getauscht und den Einsatzversuch nach wenigen Minuten abgebrochen hatte.

Deutliche Worte von Geschäftsführer Jürgen Schubert

Danny Albrechts Entschuldigung noch während der Nachbetrachtung bei den Fans folgte tags darauf Geschäftsführer Jürgen Schubert über die Internetseite des Vereins – gefolgt von deutlichen Worten an die Mannschaft:

„Nach der Niederlage gegen Berlin waren alle Anwesenden zu Recht enttäuscht von der gezeigten Leistung. Im Namen der Geschäftsleitung sowie des Herner EV will ich mich dafür bei allen Fans und Sponsoren entschuldigen…Ich will hier an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass es ganz bestimmt nicht daran liegt, dass Spieler ihr Geld nicht oder verspätet bekommen. Vertragsgemäß haben wir wie immer in all den Jahren alles dafür getan, den Ansprüchen unserer Spieler gerecht zu werden.

HEV-Geschäftsführer Jürgen Schubert
HEV-Geschäftsführer Jürgen Schubert © Rainer Raffalski

Wir alle erwarten aber eine dementsprechende Gegenleistung…Allerdings kommt es mir vor, als ob der eine oder andere im Team denkt, er wäre der Erfinder des Eishockeysports…Für mich liegt der Schlüssel für die Niederlage vor allem im desolaten Defensivverhalten der gesamten Mannschaft. Meine Erwartung an das Team ist, alles in die Waagschale zu werfen, was dem Einzelnen zur Verfügung steht und genau das sehe ich nicht…Ich vermisse, dass Spieler sich gegenseitig unterstützen und jeder gegen einen Tabellenletzten sein persönliches Ego beiseite und sich vollends in den Dienst der Mannschaft stellt. Schön spielen kann man, wenn es das Ergebnis hergibt...Gerade, wenn ich an die Investitionen in diese Mannschaft denke, ist es eine unabwendbare Pflicht dieser Mannschaft, eine angemessene Leistung zurückzuzahlen. Und das bedeutet eben nicht, gegen den Tabellenletzten nach 25 Minuten bereits sechs Gegentore erhalten zu haben.

Auf die von Einzelnen geforderten Verstärkungen vor den Play-Off-Spielen will ich lediglich sagen, dass es uns nicht möglich war, hier noch einmal adäquat zuzulegen. Zum einen denke ich, dass wir vorher schon reichlich investiert haben und zum anderen bleibt es keine Floskel, dass gute und brauchbare Spieler zu diesem Zeitpunkt einfach nicht zur Verfügung stehen.“

Den bis zum jüngsten Null-Punkte-Wochenende greifbar nahen vierten Rang hat er offenbar abgehakt: „Nun gilt es vor allem, Platz sechs abzusichern. Vor allem aber steht für mich die Bereitschaft im Fokus und jeder Spieler sollte wissen, dass es für ihn, bei welchem Verein auch immer, um einen neuen Vertrag gehen wird. Noch mehr will ich allerdings von der Mannschaft sehen, dass sie sich zerreißt und zeigt, dass sie den jeweiligen Vertrag wert ist…Sollte es anders kommen, werde ich mit dem Coach unserer zweiten Mannschaft reden und in Zukunft Spiele mit echten Hernern bestreiten sowie den einen oder anderen austauschen.“

H erner EV - Preussen Berlin 4:7.

Drittel: 2:5, 2:2, 0:0. Tore: 1:0 (3:14, 5-4) Kuhnekath (Snetsinger/Weidekamp), 1:1 (5:37), 1:2 (8:47), 2:2 (9:33) Schug (Liesegang/T. Schmitz), 2:3 (15:36), 2:4 (16:33), 2:5 (18:35), 3:5 (25:48) Marsall (Snetsinger/Bauermeister), 3:6 (26:09), 3:7 (30:01, 4-5), 4:7 (38:56, 5-4) Snetsinger (Asselin/Thielsch). Strafminuten: Herne 6 – Berlin 16.