Essen-Kupferdreh/Hattingen.

An Spiele vor stattlicher Kulisse ist man in Niederwenigern mittlerweile gewöhnt. Wenn die Landesliga-Fußballer auflaufen, dann ist das Dorf auf den Beinen.

250 bis 300 Zuschauer im Schnitt sind es. Bei Derbys oder Spitzenspielen sogar 600 bis 800. Doch das ist alles nichts gegen die Kulisse, vor der die Sportfreunde am 7. Juni 2006 spielten. Am Hinsbecker Berg in Essen Kupferdreh fand das Spiel statt. 1 500 Zuschauer wollten das Entscheidungsspiel um den Bezirksliga-Aufstieg sehen. Gegner war der SuS Niederbonsfeld - also die Mannschaft aus dem Dorf jenseits des Hügels.

Dass am Ende der Saison ein Entscheidungsspiel nötig werden würde, hatte man auf beiden Seiten lange Zeit nicht geglaubt. Und so hatten die Sportfreunde und der SuS schon ihre Abschlussfahrten geplant. Beide Teams hatten Cala Ratjada gebucht. Die Reisen nach Mallorca wurden auch angetreten, und so ging es dann leicht gebräunt in das große Spiel.

Beide Mannschaften hatten eine gute Saison gespielt. Der SuS wollte mit Trainer Andreas Bühling nach dem Abstieg aus der Bezirksliga die sofortige Rückkehr schaffen. Die Sportfreunde hingegen waren ohne die ganz großen Ziele in die Saison gestartet. „Für uns ist es schon ein riesiges Erlebnis, dass wir dieses Entscheidungsspiel überhaupt erreicht haben“, sagte SFN-Fußball-Abteilungsleiter Bertold Pieper damals.

Bonsfeld auf Platz eins

So war das wohl, denn der SuS lief lange vorne weg, erst auf der Zielgeraden schloss Niederwenigern auf. Niederbonsfeld stand nach dem letzten Spieltag der regulären Saison auch noch auf Platz eins. Beide Mannschaften hatten zwar jeweils 52 Punkte eingesammelt, aber Niederbonsfeld hatte das klar bessere Torverhältnis. Pech für den SuS: Das Torverhältnis zählte nicht, womit ein Entscheidungsspiel um den Aufstieg fällig wurde.

Und so gab es an einem schönen Sommerabend im Juni 2006 eine kleine Völkerwanderung. Beide Dörfer wollten ihre Mannschaft in dem großen Spiel unterstützen.

Die Fans, die es mit dem SuS Niederbonsfeld hielten, waren vielleicht ein bisschen zuversichtlicher, denn der SuS galt als Favorit.

Schon zur Halbzeit steht es 3:0

Doch in nur einem Spiel, in dem es dann um alles geht, kann so etwas auch zu einer Last werden. Und so war es wohl auch, denn die Fußballer aus Niederbonsfeld wirkten, als hatten sie Mühlsteine um den Hals hängen. Niederwenigern dagegen spielte munter auf. Kevin Moysich erzielte nach 16 Minuten das 1:0, und bis zur Pause erhöhte Dennis Hirsch mit zwei Treffern sogar auf 3:0. Bonsfeld verkürzte zwar noch einmal durch Marcel Manzombe (48.) und hatte kurz darauf Pech bei einem Pfostenschuss von Nico Markos, doch eine Wende des Spiels schaffte der SuS nicht mehr.

Die Enttäuschung nachher war riesengroß. Die Bonsfelder hockten auf dem Boden, sie zogen die Trikots übers Gesicht, sie wollten nichts mehr sehen. Sie wollten nur noch weg. „Bei den Gegentoren haben wir uns wie Schulkinder angestellt“, sagte SuS-Spieler Marek Zielinski damals. Und sein Mannschaftskamerad Björn Hasse, der sich den Untergang seiner Mannschaft von draußen ansehen musste, war ebenfalls fassungslos. „Wir haben uns in einer Halbzeit um den Lohn für die Arbeit eines ganzen Jahres gebracht“, sagte er.

Große Trauer also auf der einen, dafür aber grenzenloser Jubel auf der anderen Seite. „Wir haben toll gekämpft, der Aufstieg ist verdient. Und wer die Tore schießt, ist doch völlig egal“, sagte Dennis Hirsch, der zweimal getroffen hatte. SFN-Spielertrainer Jürgen Margref wollte die Botschaft dann per Handy an Dietmar Klinger übermitteln. Der Kontakt kam auch zustande, doch was Dietmar Klinger geantwortet hatte, konnte Margref nicht verstehen. „Es gab Probleme mit der Akustik. Es war zu laut, ich konnte nichts hören“, sagte Margref.

Bertold Pieper aus dem Häuschen

Völlig aus dem Häuschen war auch SFN-Fußball-Abteilungsleiter Bertold Pieper. „Dass wir das erleben dürfen. Bezirksliga! Das ist unglaublich“, jubelte damals der Mann, der heute Abteilungsleiter eines etablierten Fußball-Landesligisten ist.

Auch mit ein paar Tagen Abstand war der Schmerz beim SuS noch groß. „Natürlich war das bitter“, sagte Trainer Andreas Bühling. „Eigentlich war es ein fast perfekter Tag. Eine riesige Stimmung, eine unglaubliche Kulisse. Das einzige, was an diesem Abend nicht stimmte, war unsere Leistung.“

Und heute? „Für den Verein war es sicher ein Meilenstein“, sagt Jürgen Margref. „Wir waren damals nicht wirklich der Favorit, aber wir waren auf einem guten Weg. Ich denke, wenn wie dieses Spiel verloren hätten, wären wir im nächsten Jahr aufgestiegen.“