Hattingen. . Peter Baers möchte im Dezember in Griechenland seine Muskeln spielen lassen. Rückschläge konnten ihn auf dem Weg nach oben nicht stoppen.
Wie beruhigend, wenn ein starker Mann auch Schwächen hat. „Ich bin eigentlich ein Nachtesser. Ich werde öfter nachts wach und geh an den Kühlschrank“, räumt Peter Baers ein, von seinen Freunden liebevoll der ZerBAERSter genannt. Denn der 40-Jährige ist Deutscher Meister im Bodybuilding 2017 und Vize-Europameister desselben Jahres, machte 2011 den sechsten Platz bei den Weltmeisterschaften in Indien. 2017 räumte er bei den Pokalen richtig ab. Da passte auch seine Lebensgefährtin Nadine Leinecker auf, dass der Kühlschrank leer war.
Seit anderthalb Jahren ist der ZerBAERSter mit der 42-Jährigen zusammen. Sie teilen die Liebe für den Sport und haben Ende 2016 die „Hall of Cross Sports“ in Hattingen „An der Ruhrbrücke 7 D“ eröffnet, wo „ganz normale Menschen trainieren“, wie er sagt. Ein Studio, in dem man Bodybuilding und Crosstraining von sechs Uhr bis 24 Uhr trainieren und auch vom Meister persönlich betreut werden kann.
Sport half gegen die Asthma-Beschwerden
Kraft und Muskeln wurden ihm nicht in die Wiege gelegt. In Emmerich am Niederrhein aufgewachsen, hatte er als Jugendlicher heftig mit Asthma zu kämpfen. „Ich hab’ dann angefangen, Badminton zu spielen und stellte fest, dass das Asthma weniger wurde.“ Sport wurde für ihn der Ausweg aus der Krankheit. In Krefeld studiert er Maschinenbau, ging auch da weiterhin seinem Sport nach, aber die Gemeinschaft unter den Sportlern war nicht das, was er sich wünschte. Anderthalb Jahre machte er eine sportliche Pause und nahm zehn Kilo zu. Eine Vorstellung, die ihm heute noch ein Graus ist. Dann kam 1999 während des Studiums ein Praxissemester in Perth in Australien.
Kraft und Muskeln haben ihn immer fasziniert
„Die Australier sind viel körperbewusster, irgendwie haben alle schicker ausgesehen als ich“, stellt der Diplom-Ingenieur fest. „So kann das nicht mehr weitergehen“, beschloss Peter Baers und begann mit dem Training in einem Bodybuilding-Studio. „Kraft und Muskeln haben mich schon immer fasziniert“, sagt er. Mit Energie und voller Enthusiasmus stylte er seinen Körper, und nach kurzer Zeit setzte die Wirkung ein. Als er wieder deutschen Boden betrat, waren ihm die bewundernden Blicke von Freunden und Verwandten sicher.
Auf seinem Erfolgsweg war er scheinbar nicht mehr aufzuhalten. Im Jahr 2003 kam ihm die Idee, es doch mal mit Wettkämpfen zu versuchen. Doch bevor sein Ziel näher rückte, kam der erste Rückschlag.
Lange Pause nach schwerem Motorradunfall
„Ich hatte einen schweren Motorradunfall. In einer Kurve bin ich ausgerutscht und hab einen offenen Schienbeinbruch erlitten.“ Das bedeutete: Ein Jahr an Krücken gehen. Die Ärzte gaben im Hinblick auf den Aufbau seiner Beinmuskeln nur düstere Prognosen ab.
Aber Peter Baers machte weiter. Ehrgeiz, Ausdauer und der Glaube an das eigene Können trieben ihn an. 2005, mit 28 Jahren, nahm er an seinem ersten NRW-Wettkampf teil und wurde - Meister. Seine sportlichen Erfolge waren nicht mehr aufzuhalten. Zwischen zwölf und 15 Prozent Körperfett ist bei ihm der Normalzustand. „Aber drei bis vier Monate vor den Wettkämpfen lebe ich absolut diszipliniert.“ Nachts etwas aus dem Kühlschrank naschen, ist dank Nadine tabu (siehe oben).
Gefährliche Einblutung nach einem Hantel-Unfall
Und ein weiteres Mal musste der starke Mann dem Schicksal die Stirn bieten. 2006 fiel ihm eine 36-kg-Hantel auf den Oberschenkel. „So etwas passiert schon mal, das ist in der Regel kein Problem.“ In dem Fall allerdings hätte fast sein Bein amputiert werden müssen, weil es durch den Schlag zu einer gefährlichen Einblutung kam.
Aber auch diesen Schock besiegte Baers. Mittlerweile bringt er bei 1,83 Meter Körpergröße 108 kg auf die Waage. Wochen vor den Wettkämpfen allerdings, drückt er das Gewicht mit naturbelassenen Lebensmitteln - Reis, Kartoffeln, mageres Fleisch und Fisch - auf knapp unter 100 kg. „Mein Körperfettanteil liegt dann bei drei bis vier Prozent, damit man bei Wettkämpfen die Muskeln gut darstellen kann. Ab Mitte Juli geht die disziplinierte Phase wieder los. Denn sein nächstes Ziel ist die Weltmeisterschaft für die über 40-Jährigen im Dezember in Griechenland.
„Man muss den Körper zwingen zu reagieren
„So viel Disziplin an den Tag zu legen, das ist ja schrecklich“, sagen viele Leute. Solche Einstellung kann Peter Baers nicht nachvollziehen. „Dieser Sport macht unheimlich Spaß und einen athletischen Körper zu haben, auch.“ Er ist kein Freund von langen Fitness-Einheiten. „Ich trainiere viermal die Woche anderthalb Stunden. Danach bin ich absolut fertig, aber es bringt etwas. Man muss seinen Körper zwingen zu reagieren“, sagt der Bodybuilder.
2010 im Finale bei der Deutschen Meisterschaft
Man könne jeden Tag stundenlang ein bisschen an den Geräten arbeiten, dann würde sich aber körperlich nichts tun. Wettkämpfe sind für ihn sehr reizvoll, an drei bis vier Kämpfen pro Saison nimmt er teil. Dann gönnt er seinem Körper einige Monate eine verdiente Ruhepause. Sein Erfolgsrezept: Intensives Training und Beharrlichkeit, die richtige Ernährung mit naturbelassenen Lebensmitteln wie Reis, Kartoffeln, mageres Fleisch, fettreichen Fisch, wie Lachs zum Beispiel und das richtige Öl mit ungesättigten Fettsäuren. Zehnmal holte er bei Wettkämpfen einen ersten Platz, sechsmal wurde er Gesamtsieger. Er holte Gesamtsiege auf Landesmeisterschaften, im Jahr 2010 gelang ihm der erste Einzug ins Finale einer Deutschen Meisterschaft. Dank seiner herausragenden Form holte er den Titel und den Gesamtsiegerpokal.
Im Jahr 2011 feierte er den vierten Platz bei der Arnold Classic Europe und einen sechsten Platz bei den Weltmeisterschaften und gab damit seinen Einstand auf internationalen Wettkampfbühnen. 2013 machte er einen sechsten Platz bei der Europameisterschaft und einen vierten Platz beim Loaded Cup in Dänemark.
Ans Aufhören denkt er überhaupt nicht. „Das Schöne ist, dass man diesen Sport bis ins hohe Alter hinein betreiben kann“, betont er.